Wenn es um die Finanzen der Krankenkassen geht,
dann machen es sich Gesundheitspolitiker und Interessenvertreter der
Ärzte und Krankenhäuser gern leicht. Sie schimpfen über die "reichen"
Körperschaften, fordern Geld zurück. Dabei sieht die Realität viel
differenzierter aus. Es gibt Kassen, die erreichen die gesetzlich
vorgeschriebene Mindestreserve nur mit Müh und Not. Aber auch Kassen,
die in der Tat im Gelde schwimmen. Die "reichste" BKK wies Ende 2017
ein Gesamt-Vermögen von 1.178,92 EUR je Versicherten auf. Die
reichste AOK folgte mit 1.167,75 EUR pro Kopf. Die "ärmste" BKK kam
gerade auf 80,47 EUR, eine finanziell angeschlagene Ersatzkasse nur
auf ein pro Kopf-Vermögen von 139,07 EUR. Gerade mal ein Zehntel
dessen, was die Vermögendsten aufweisen konnten. Das sind die
Ergebnisse von Teil II des dfg-Bilanz-Rankings, das der führende
gesundheitspolitische Hintergrunddienst "dfg - Dienst für
Gesellschaftspolitik" (dfg) in dieser Woche veröffentlichte. Der dfg
wertete die Bilanzen der Krankenkassen für 2017 aus. Diese sind
verpflichtet, bis zum 30. November die Rechenergebnisse des Vorjahres
zu veröffentlichen. Das Ranking wurde von der dfg-Redaktion in
Zusammenarbeit mit einem der führenden gesundheitsökonomischen
Forschungsinstitute, der Leipziger WIG2 GmbH, erstellt.
Vermögen
Die Zahlen für das Berichtsjahr 2017 sprechen für sich. Unter den
30 reichsten Kassen befinden sich - neben vorwiegend kleineren
Betriebskrankenkassen (BKK) - auch die fünf Ortskrankenkassen (AOKen)
Sachsen-Anhalt, Bremen/Bremerhaven, Niedersachsen, PLUS
(Sachsen/Thüringen) sowie Hessen. Das Gesamtvermögen je Versicherten
reichte von 80,47 EUR im Falle der Hamburger SECURVITA BKK bis hin zu
1.178,92 EUR bei der betriebsbezogenen BKK Groz-Beckert. Beim
Vermögen konnten darüber hinaus nur die Bremer handelskrankenkasse
(hkk) mit 657,99 EUR, die IKK gesund plus mit 516,51 EUR sowie die
Bochumer Knappschaft (KBS) mit 461,87 EUR als Vertreter anderer
Kassenarten in die TOP30 vorstoßen.
Beim Blick auf das untere Ende des Rankings nach Gesamtvermögen je
Versicherten fallen insbesondere die großen Ersatzkassen KKH (139,07
EUR), DAK-Gesundheit (165,04 EUR) und BARMER (165,69 EUR) auf. Auch
diese Beträge summieren sich bei Kassengrößen jenseits der 500.000er
Marke zwar schnell zu zwei- oder gar dreistelligen Millionenbeträgen,
dennoch ist deren finanzieller Spielraum im scharfen Wettbewerb
deutlich begrenzt.
Rücklagen
Bei den Rücklagen je Versicherten, die minimal ¼ Monatsausgabe und
maximal 1½ einer Montagsausgabe betragen dürfen, gibt es einen klaren
Sieger des Rankings: die AOK Sachsen-Anhalt mit einem Finanzpolster
von 348,44 EUR. Neben vorrangig kleineren BKKen sind daneben nur die
AOK-Schwester PLUS mit 289,64 EUR auf Rang 4, die Knappschaft (KBS)
mit 253,35 EUR auf Rang 10 sowie die handelskrankenkasse (hkk) mit
199,36 EUR auf Rang 27 in den Top 30 zu finden. Insbesondere die
Knappschaft und die DAK-Gesundheit haben es dabei geschafft, in den
vergangenen Jahren ihre Rücklagen deutlich zu erhöhen. Das
Schlusslicht bei den Rücklagen bildet, wie schon beim Gesamtvermögen,
die SECURVITA BKK mit 46,06 EUR.
Der Teil II des dfg-GKV-Bilanz-Rankings kann von interessierten
Redaktionen und Journalisten bei der dfg-Redaktion angefordert
werden. Es beinhaltet im Kommentar-Teil auch TOP
10-Winner/Loser-Liste für den Fünf-Jahres-Zeitraum 2013 - 2017.
Der gesundheitspolitische Hintergrunddienst "dfg - Dienst für
Gesellschaftspolitik" erscheint seit 1962 wöchentlich und wird von
der Berliner MC.B Verlag GmbH herausgegeben (www.mcb-verlag.de). Er
ist bekannt geworden durch seine investigativen Hintergrundberichte
und seit 2004 für seine dfg-Rankings der Mitglieder und Versicherten
aller deutschen Krankenkassen (GKV) und privaten
Krankenversicherungsunternehmen (PKV). Die GKV-Rankings erscheinen
vierteljährlich, das PKV-Ranking jährlich. Das erste
dfg-GKV-Bilanz-Ranking erschien 2014.
Die WIG2 GmbH ist ein unabhängiges und wissenschaftliches
Forschungsinstitut mit Spezialisierung auf Gesundheitsökonomie und
datenbasierte Analytik. Mit dem Ziel, Transparenz bei der
Ausgestaltung und Finanzierung des Gesundheitssystems zu schaffen,
forschen die wissenschaftlichen Mitarbeiter in Leipzig und Berlin zu
gesundheitsökonomischen und versorgungstechnischen Fragestellungen,
beraten Akteure der Gesundheitswirtschaft und führen
Fachveranstaltungen durch.
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