In Deutschland fehlen bislang Wissen und
Instrumente, um die Patientensicherheit in der ambulanten Pflege zu
stärken. Nun hat das ZQP hierzu gemeinsam mit Experten aus Praxis,
Wissenschaft und Politik sieben zentrale Handlungsfelder
identifiziert. Dazu zählen die Sicherheitskultur sowie die
Risikobereiche Medikation, Hygiene und außerklinische
Beatmungspflege.
Ein Viertel der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland wird
unter Beteiligung eines ambulanten Pflegedienstes versorgt. Das waren
830.000 Personen im Jahr 2017. Insgesamt wird von einem hohen Risiko
für die Patientensicherheit in der häuslichen Versorgung ausgegangen
- insbesondere, wenn mehrere Akteure wie pflegende Angehörige,
professionell Pflegende und Ärzte zusammenwirken. Ungenügende
Kommunikation, fehlendes Wissen, Unachtsamkeit und Zeitdruck sowie
unklare Prozesse erhöhen gesundheitliche Risiken, etwa für
Infektionen, Medikationsschäden und Stürze. Maßnahmen zur
Patientensicherheit können hingegen dazu beitragen, Risiken
frühzeitig zu erkennen, Fehler zu vermeiden und Schäden abzuwenden.
Doch bislang ist das Thema Patientensicherheit in der ambulanten
Pflege empirisch betrachtet ein kaum bekanntes Terrain im deutschen
Gesundheitssystem. Unter anderem mangelt es an Erkenntnissen über
Sicherheitsrisiken sowie an wissenschaftlich fundierten oder fachlich
konsentierten Instrumenten zur Verbesserung der Patientensicherheit
in der ambulanten Pflege.
Vor diesem Hintergrund hat das Zentrum für Qualität in der Pflege
(ZQP) eine Perspektivenwerkstatt mit ausgewiesenen Expertinnen und
Experten aus Wissenschaft, Praxis und Politik zur Patientensicherheit
in der ambulanten Pflege durchgeführt. Das Institut für Public Health
und Pflegeforschung der Universität Bremen hat die Durchführung
wissenschaftlich begleitet. Beteiligt waren unter anderem das
Aktionsbündnis Patientensicherheit, der AOK-Bundesverband, die
Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, der bpa, das
Bundesministerium für Gesundheit, das Bundesministerium für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend, ambulante Pflegedienste sowie
Pflegeforscherinnen und -forscher.
Nach einer wissenschaftlichen Literaturstudie und vier
Expertenkonferenzen wurden sieben zentrale Handlungsfelder
identifiziert, die für eine Verbesserung der Patientensicherheit in
der ambulanten Pflege hoch bedeutsam sind: Wissen und Kompetenz von
beruflich Pflegenden (1), Personaleinsatz (2), Verantwortung
ambulanter Pflege im komplexen Setting (3), Kommunikation an der
Schnittstelle im Versorgungsprozess (4), Gesundheitskompetenz
Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen (5), Sicherheitskultur in der
ambulanten Pflege (6) sowie die speziellen Risikobereiche:
Medikation, Hygiene, außerklinische Beatmungspflege (7).
"Die Verankerung von Patientensicherheits-Management in der
Langzeitpflege - insbesondere im ambulanten Bereich - steckt in
Deutschland im Jahr 2019 immer noch in den Kinderschuhen. Dabei wird
seit Jahrzehnten über Pflegequalität diskutiert. Patientensicherheit
ist aber eine zentrale Bedingung für Pflegequalität", unterstreicht
Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP, die Ergebnisse. Das
bedeute nicht, dass sich in der Praxis bis jetzt niemand um
Patientensicherheit kümmert." Aber es gäbe zu wenig spezifische
Erkenntnisse und auch Anreize, um systematisch besser zu werden und
aus kritischen Ereignissen zu lernen, so Suhr weiter.
Gerade im Handlungsfeld "Sicherheitskultur" wird deutlich, wie
wichtig systematisches Erfassen von kritischen Ereignissen und das
Lernen aus Fehlern wäre. Dazu kommt den Leitungspersonen in der
Pflege eine entscheidende Rolle zu, denn sie sollten maßgeblich zur
Etablierung einer offenen und konstruktiven Kultur im Umgang mit
Fehlern beitragen. In diesem Zusammenhang rät die
Perspektiven-werkstatt auch, Berichts- und Lernsysteme (CIRS) auf
Organisationsebene einzuführen. Hinzu kommt unter anderem die
Empfehlung, Pflegevisiten weitaus konsequenter als bisher in der
ambulanten Pflege zu etablieren.
"Pflegenden muss ermöglicht werden, aus Fehlern zu lernen. Denn
Fehler gehören leider zur Arbeit - deren Fortführung aber nicht. Ich
erwarte von der Politik, dass sie für die Einrichtungen stärkere
Anreize setzt, eine systematische Fehlerkultur zu etablieren und
CIRS-Systeme zu etablieren", fordert Suhr.
Das vollständige Ergebnispapier mit einer detaillierten
Beschreibung der Handlungsfelder und Schlussfolgerungen für die
Verbesserung der Patientensicherheit in der ambulanten Pflege ist
kostenfrei auf der Webseite des ZQP verfügbar.
Pressekontakt:
Torben Lenz
Tel. 030-275 93 95 15
E-Mail: torben.lenz@zqp.de
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