Antibiotikaresistente Erreger wie MRSA-Bakterien
stellen nicht nur Krankenhäuser, sondern auch ambulante Pflegedienste
vor erhebliche Herausforderungen. Eine neue Studie zeigt, offenbar
fehlt es in manchen Diensten am richtigen Umgang: ein Risiko für
Pflegebedürftige - und das Gesundheitssystem.
Ältere pflegebedürftige Menschen sind oft besonders gefährdet,
durch MRSA-Bakterien schwerwiegende gesundheitliche Schäden zu
erleiden oder als deren Träger solche Problemkeime zum Beispiel im
Krankenhaus weiterzugeben. In diesem Zusammenhang wird die Rolle
zunehmend bedeutsamer, die ambulante Pflegedienste unter anderem bei
der Besiedlungs- sowie Infektionsvorbeugung für Patienten und damit
auch für das ganze Gesundheitssystem spielen. Derzeit sind ambulante
Dienste an der Versorgung von 830.000 Pflegebedürftigen beteiligt -
das entspricht knapp einem Viertel aller pflegebedürftigen Menschen
in Deutschland. Von 2003 bis heute ist die Zahl der Menschen, die von
Pflegediensten versorgt werden, um 84 Prozent gestiegen.
Laut einer Analyse des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP)
war 2016 deutschlandweit in etwa jedem zweiten nicht spezialisierten
Pflegedienst von mindestens einem Mitarbeiter bekannt, dass dieser in
den zurückliegenden 12 Monaten mit Problemkeimen bei
Pflegebedürftigen konfrontiert gewesen war. Die Dunkelziffer dürfte
höher liegen. In 95 Prozent der benannten Fälle handelte es ich nach
Auskunft des Dienstes um MRSA-Bakterien.
Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP, hält daher fest:
"Die fachgerechte Umsetzung von Hygiene-Maßnahmen in ambulanten
Diensten insbesondere im Umgang mit pflegebedürftigen Menschen, die
von Problemkeimen betroffen sind, ist ein wichtiger Faktor für deren
Sicherheit aber auch für die Sicherheit anderer Patienten im
Versorgungsystem." Denn die Qualität des Hygienemanagements eines
Dienstes kann oft erheblich dazu beitragen, dass besiedelte Patienten
von diesen Erregern erfolgreich befreit und Keime nicht
weiterverbreitet werden.
Eine aktuelle Studie des ZQP und der Charité - Universitätsmedizin
Berlin liefert nun deutliche Hinweise, wie groß die Herausforderung
MRSA für das Hygiene-Management von ambulanten Diensten offenbar
teilweise ist. Insgesamt kommen die Autoren in ihrem Beitrag für die
wissenschaftliche Fachzeitschrift ZEFQ zu dem Ergebnis, dass
statistisch in nur etwa 50 Prozent von MRSA-Fällen - bei den in die
Untersuchung eingeschlossenen ambulanten Diensten - eine fachgerechte
MRSA-Versorgung erfolgen kann. Denn: In jeweils fast einem Drittel
der teilnehmenden Dienste fehlte ein festes MRSA-Sanierungsschema
(29,3 Prozent) bzw. gab es kein Protokoll für MRSA-Sanierung (28,7
Prozent). In den Diensten, in denen solche Strukturen etabliert
waren, fehlte den Mitarbeitenden teilweise die Kenntnis darüber. So
waren dort 25,6 Prozent der Befragten das vorhandene
Sanierungsschema nicht bekannt - das Sanierungsprotokoll 26,8
Prozent.
Die Untersuchung legt darüber hinaus nahe, dass sich regelmäßig
durchgeführte Hygieneschulungen positiv auf das Hygienemanagement
auswirken. Bei denjenigen Pflegekräften, die an einer entsprechenden
Schulung innerhalb der letzten 12 Monate teilnahmen, waren die
Kenntnisse über das Vorhandensein von festen MRSA-Sanierungsschemata,
Sanierungsprotokollierung und Verfahrensanweisungen zum Umgang mit
speziellen Erregern besser als bei den anderen Befragten.
In Anbetracht dieser Ergebnisse betont Dr. Ralf Suhr vom ZQP, der
Mitautor des wissenschaftlichen Beitrags ist: "Fortbildungen für
Pflegekräfte sind für das gesamte Thema Patientensicherheit von
erheblicher Bedeutung - das zeigt sich auch beim Hygienemanagement."
Dienste und Einrichtungen müssten darum sicherstellen, dass die
Mitarbeitenden ihr Wissen häufig genug auffrischen können. Darüber
hinaus fordert Suhr eine konstruktive Kultur im Umgang mit
unerwünschten Ereignissen und Fehlern in der Pflege zu schaffen:
"Fehler werden gemacht - aber man muss aus ihnen lernen können und
dürfen."
Hintergrundinformationen
Was macht MRSA-Erreger problematisch?
Unter anderem bei pflegebedürftigen Menschen besteht ein erhöhtes
Risiko, dass sich Bakterien schnell im Körper ausbreiten. Dies kann
zu schweren Komplikationen führen wie Atem- und Harnwegsinfektionen,
Wundinfektionen und Sepsis. Bakterielle Infektionen lassen sich mit
Antibiotika - von denen es nur eine begrenzte Anzahl gibt -
eigentlich gut behandeln. Allerdings haben manche Erreger bereits
Resistenzen gegen einzelne dieser Medikamente entwickelt. Das
bedeutet, die Erreger lassen sich nicht mehr erfolgreich von diesem
speziellen Wirkstoff bekämpfen.
Besonders problematisch sind solche Resistenzen, wenn sie gegen
mehrere unterschiedliche Antibiotika bestehen. Dies ist der Fall bei
den multiresistenten Erregern. Einer von ihnen ist der
Methycilin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA). Gegen
multiresistente Erreger gibt es kaum noch wirksame Medikamente. Für
die Behandlung muss dann auf sogenannte Reserve-Antibiotika
zurückgegriffen werden. Je häufiger solche jedoch eingesetzt werden,
umso größer ist die Gefahr, dass auch gegen diese Antibiotika neue
Resistenzen entstehen. Da die Erreger ihre Resistenzen auch an andere
Arten von Bakterien weitergeben können, weitet sich das Problem
zunehmend aus.
Was ist MRSA?
MRSA-Erreger (Methycilin-resistenter Staphylococcus aureus) werden
vor allem durch direkten körperlichen Kontakt verbreitet,
insbesondere über die Hände aber auch durch Niesen, über die
Kleidung, die Bettwäsche, Türklinken oder andere Oberflächen.
Wenn jemand MRSA trägt, spricht man von einer Besiedlung dieser
Person. Ohne einen Labortest ist die Besiedlung nicht nachzuweisen.
Wenn eine Besiedelung vorliegt, ist eine sogenannte MRSA-Sanierung
möglich. Ziel dabei ist, alle MRSA-Bakterien von Haut und
Schleimhäuten des Trägers zu entfernen. Dieses wird erschwert, wenn
"sanierungshemmende" Faktoren vorliegen. Das sind zum Beispiel
chronische Wunden oder künstliche Zugänge in den Körper, etwa
Katheter.
Eine Besiedlung ist nicht für alle Menschen gleich gefährlich. Bei
Menschen mit einem geschwächten Immunsystem kann MRSA leicht
Infektionen verursachen, die zum Beispiel zu Geschwüren,
Lungenentzündungen oder zu Sepsis bis hin zum Tod führen können.
Methodik und Vorgehensweise bei der ZQP-Charité-Studie
Für die deutschlandweite Querschnittsstudie wurde bei
Mitarbeitenden von ambulanten Pflegediensten eine anonyme
schriftliche Befragung per Fragebogen durchgeführt. Dazu wurden die
zurückgesendeten Fragebögen mit dem Statistikprogramm SPSS
quantitativ ausgewertet.
Von insgesamt 480 zufällig ausgewählten Pflegediensten konnten 107
Pflegedienste aus dem gesamten Bundesgebiet für die Teilnahme
gewonnen werden. Von insgesamt 656 Mitarbeitenden wurden ausgefüllte
Fragebögen zurückgesandt.
Aus der Gesamtstudie sind die der Presseinformation zugrunde
liegenden Ergebnisse in der Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und
Qualität im Gesundheitswesen (ZEFQ) 2018 veröffentlicht worden.
http://ots.de/ikfICx
Pressekontakt:
Torben Lenz
Tel.030-275 93 95 15
E-Mail: torben.lenz@zqp.de
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