Fast jeder zweite Arzt in Deutschland
berichtet von Gefühlen körperlicher, emotionaler und mentaler
Erschöpfung. Dies ergab die Umfrage "Burnout und Depressionen bei
Ärzten in Deutschland" von Medscape, einem führenden
Informationsportal für Ärzte und andere Gesundheitsberufe.
Psychische Probleme wie Burnout oder Depressionen sind unter
deutschen Ärzten weit verbreitet: 24 Prozent der Ärzte geben in der
Umfrage an, dass sie unter Depressionen und depressiven Verstimmungen
leiden. 9 Prozent bezeichnen ihre Symptome als eine Kombination aus
Burnout und Depression. 12 Prozent sprechen nur von Burnout. Nur 56
Prozent sagen, dass sie keine dieser Erkrankungen haben oder deren
Symptome an sich wahrnehmen.
Die Ursachen sehen die Ärzte vor allem in ihrem Job. Jeder Zweite
mit einer Depression gibt an, dass sein Berufsalltag zu seinen
Symptomen beiträgt. Wer im Krankenhaus arbeitet, nennt diesen Grund
etwas häufiger als niedergelassene Ärzte.
Das sind die Faktoren, die krank machen
Ärzte in Deutschland, die unter einem Burnout leiden, empfinden
vor allem die Verwaltungsaufgaben (52 Prozent) als große Belastung.
Zu viele Arbeitsstunden (50 Prozent), mangelnde Anerkennung im
sozialen Umfeld (36 Prozent), die zu starke Gewinnorientierung (32
Prozent), die unzureichende Vergütung (26 Prozent), staatliche
Regulierungen (18 Prozent) oder die zunehmende Computerisierung (18
Prozent) sind weitere wichtige Faktoren. Die Symptome eines Burnouts
dauern bei 60 Prozent seit mehr als einem Jahr an. Die Mehrheit
beschreibt sie als "mittlere Intensität".
Auch wenn Ärzte sich nicht scheuen, von einer Depression zu
sprechen - so stufen sie ihr Leiden doch als nicht so dramatisch ein:
Dreiviertel der Befragten, die angeben, dass sie unter einer
Depression leiden, bezeichnen die Symptome als eher leicht. Sie
fühlen sich traurig oder "down", was als depressive Verstimmung
definiert wird. In den Kommentaren äußern die Teilnehmer häufig, dass
sie "gereizt sind, schlecht schlafen, sich erschöpft fühlen und
zurückziehen. Freunde und Familie werden vernachlässigt." Die gute
Nachricht: Nur 6 von 100 Ärzten würden von ihren psychischen
Problemen als schwere Form, also einer "klinisch manifesten"
Depression sprechen.
Wie sehr leiden die Patienten unter überlasteten Ärzten?
41 Prozent der Ärzte mit einer Depression gehen selbst davon aus,
dass sich ihre persönlichen Probleme nicht auf das Verhältnis zu
ihren Patienten auswirken. Aber gleichzeitig sagen 37 Prozent, dass
sie genervt sind, 25 Prozent bezeichnen sich als manchmal
unfreundlich. Die Umfrage macht auch deutlich: Am häufigsten lassen
Ärzte Ihre Unzufriedenheit an ihren Mitarbeitern aus.
Medscape fragte seine registrierten Ärzte, welche Symptome eines
Burnouts oder einer Depression sie haben. Dazu zählen zum Beispiel
auch Frustration und Zynismus im Job, sowie Zweifel an der eigenen
Kompetenz und Qualität der Arbeit. 615 Leser haben den ausführlichen
Fragebogen der Umfrage (nicht repräsentativ) beantwortet. Der Report
zeigt auch auf, wo sich Ärzte Hilfe holen und was sie selbst
unternehmen, um einen gesunden Ausgleich zum Stress im Job zu
schaffen. So ist ein differenziertes Bild über die Ursachen und
unterschiedlichen Formen der Überlastung im Arztberuf entstanden.
Deutschen Ärzten geht es noch vergleichsweise gut
Dass die Probleme über die Grenzen hinweg gravierend sind und
Mediziner auch in anderen Ländern an ihre Belastungsgrenzen stoßen,
dokumentiert der internationale Burnout-Report "Global Physicians''
Burnout and Lifestyle Comparisons" von Medscape. Außer in Deutschland
wurde die gleiche Umfrage auch in fünf weiteren Ländern - Frankreich,
Portugal, Spanien, USA und Großbritannien - durchgeführt.
Insgesamt haben 20.000 Ärzte daran teilgenommen. Demnach fühlt
sich im internationalen Durchschnitt mehr als jeder dritte Arzt (37
Prozent) ausgebrannt oder leidet unter beidem: Burnout und Depression
(1). Im Ländervergleich schneidet Deutschland bei Burnout (12
Prozent) oder Burnout plus Depressionen (21 Prozent) also noch
vergleichsweise gut ab.
Ärzte aus Portugal und Spanien melden dabei noch deutlich höhere
Burnout-Raten als ihre Kollegen in anderen Ländern (47 Prozent
beziehungsweise 43 Prozent). In Großbritannien liegt die Rate bei 32
Prozent, in den USA bei 40 Prozent und in Frankreich bei 42 Prozent.
Dafür liegen die Deutschen im Ländervergleich bei Depressionen mit
Abstand an der Spitze. Fast jeder vierte deutsche Arzt (24 Prozent)
gibt an, depressiv zu sein. Im Vergleich zu den Kollegen aus
Frankreich (6 Prozent), Vereinigtes Königreich und USA (4 Prozent),
Portugal (3 Prozent) und Spanien (1 Prozent) liegen die Deutschen
Mediziner hier weit vorne.
Wenige Ärzte suchen Hilfe
Die Mehrheit der deutschen Ärzte gab an, keine professionelle
Hilfe bei Burnout und/oder Depressionen zu suchen (60 Prozent). Die
Gründe: Die Erkrankung ist nicht schwer genug (46 Prozent), zu wenig
Zeit durch die Arbeit (33 Prozent) oder die Einschätzung, die
Situation auch ohne professionelle Hilfe bewältigen zu können (38
Prozent). Im Bereich der eigenen Lebensführung bleiben Ärzte hinter
den Empfehlungen für ihre Patienten zurück. So treiben zum Beispiel
in Deutschland nur die Hälfte der Ärzte mehrmals pro Woche Sport. Was
kann langfristig am besten gegen Burnout helfen? Eine bessere
Bezahlung, sagen immerhin 38 Prozent der Kollegen in dieser Umfrage.
"Medscapes erster globaler Vergleichsbericht über Burnout und
Depressionen bei Ärzten zeigt, dass viel zu viele Ärzte unter Burnout
und Depressionen leiden, vor allem aufgrund übermäßiger Bürokratie",
sagt Veronique Duqueroy, Redaktionsmitglied von Medscape Global und
Mitautorin des Berichts. "Viele Ärzte haben keine Unterstützung am
Arbeitsplatz und manch einer denkt daran, die Medizin aufzugeben. Der
Bericht zeigt daher deutlich, dass sich die Arbeitsbedingungen zum
Wohle der Ärzte und ihrer Patienten global deutlich verbessern
müssen."
Die vollständigen Ergebnisse der Umfragen finden Sie unter
folgenden Link:
1: Burnout und Depressionen bei Ärzten in Deutschland:
https://deutsch.medscape.com/diashow/49000679?faf=1
2: Global Physicians'' Burnout and Lifestyle Comparisons
https://www.medscape.com/slideshow/2019-global-burnout-comparison-
6011180?faf=1
(1) Hinweis: Sofern sich Angaben nicht auf ein bestimmtes Land
beziehen, wurden die Prozentsätze über alle sechs Länder der
Befragten gemittelt. Wenn eine Spanne angegeben wird, spiegelt dies
die Spanne der Antworten in allen sechs Ländern wider.
Über die Umfrage "Globaler Burnout- und Lifestyle-Vergleich von
Ärzten"
Die Umfrage wurde von Medscape online durchgeführt; es gab rund
20.000 Teilnehmer aus sechs Ländern (Frankreich (968), Deutschland
(615), Portugal (800), Großbritannien (956), Spanien (1.053) und USA
15.543)). Die Ärzte nahmen an einer 10-minütigen Online-Umfrage teil.
Die Daten wurden im Zeitraum vom 25. April bis 19. Juni 2018 in
Europa und vom 19. Juli bis 2. Oktober 2017 in den USA erhoben.
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