fit und munter - AWO und Diakonie drohen mit Ausstieg aus der ambulanten Pflege

fit und munter

AWO und Diakonie drohen mit Ausstieg aus der ambulanten Pflege


Die Arbeitgeberverbände der AWO und der Diakonie
drohen, sich aus der ambulanten Pflege in Niedersachsen zu
verabschieden. Grund ist die nach ihrer Ansicht zu niedrige
Finanzierung von Pflegeleistungen durch die Kassen. Darüber berichtet
das NDR Regionalmagazin "Hallo Niedersachsen". Von einem solchen
Ausstieg wären 16.000 Pflegebedürftige und 5000 Pflegekräfte
betroffen.

Im Unterschied zu anderen Anbietern ambulanter Pflege zahlen AWO
und Diakonie Tariflöhne. Den Kassen werfen sie vor, dies nicht zu
berücksichtigen. "Die Kassen produzieren seit Jahren einen
erheblichen Druck auf uns und versuchen, uns als tarifgebundene
Anbieter immer mit denen zu vergleichen, die nicht tarifgebunden
sind, und uns damit auch zu drücken", sagt Rüdiger Becker,
Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Dienstgeberverbands
Niedersachsen (DDN) bei "Hallo Niedersachsen". Würden die Kassen die
ambulante Pflege nicht endlich kostendeckend vergüten, müssten die
Arbeitgebervertreter von Diakonie und AWO die Reißleine ziehen: "Dann
müssen wir unseren Mitgliedseinrichtungen empfehlen, ihre Arbeit in
der ambulanten Pflege einzustellen. Es ist nicht mehr
refinanzierbar."

Datenbasis dieser Bewertung sind die Bilanzen von Pflegediensten
der AWO, Diakonie, Caritas und der kommunalen Anbieter aus dem Jahr
2016. Das Ergebnis: Von 87 repräsentativen Pflegediensten schreiben
nach Verbandsangaben 63 Dienste rote Zahlen. Fast drei Viertel (72 %)
könnten demnach wirtschaftlich nicht überleben. "Wir haben
transparente Kosten dargestellt", sagt Rifat Fersahoglu-Weber,
Vorsitzender des Arbeitgeberverbands AWO Deutschland. "Das muss
anerkannt werden oder man entscheidet sich für eine Billigpflege, das
geht aber zu Lasten der Menschen in Niedersachsen."

Die Kosten für die ambulante Pflege tragen die Kranken- und
Pflegekassen, in den Pflegesatzverhandlungen vertreten von der AOK
und dem Verband der Ersatzkassen (VDEK). Der VDEK äußert sich in
einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber dem NDR kritisch zu den
Vorwürfen der Pflege-Anbieter. "Diese bedienen sich für viel Geld
Rechtsanwälten und externen Beratern, die dann völlig überzogene
Forderungen entwickeln und eine unrealistische Erwartungshaltung bei
den Pflegediensten schüren. Ein Kompromiss wird dadurch unmöglich
gemacht."

Die Verhandlungen über die Finanzierung der ambulanten Pflege
zwischen den Pflegeanbietern und den Kassen sind seit mehr als einem
Jahr festgefahren. Professor Martina Hasseler, Pflegeforscherin an
der Universität Heidelberg und der Ostfalia-Hochschule
Wolfsburg-Wolfenbüttel, analysiert bei "Hallo Niedersachsen": "In
Niedersachsen haben sich die Fronten zwischen den Kassen und den
Trägerverbänden verhärtet, und wenn dieses Problem nicht gelöst wird,
werden wir ein großes Problem haben, eines Pflegenotstandes, eines
Pflegekollapses, so dass die ambulanten Dienste in Niedersachsen ihre
Leistungen für die Pflege tatsächlich nicht mehr anbieten können."

Am kommenden Donnerstag, 21. März und Anfang April stehen
Schiedsgerichts-Termine an. Vom Ergebnis wird abhängen, ob Diakonie
und AWO in Niedersachsen sich weiter in der ambulanten Pflege
engagieren oder ihre Drohung wahrmachen und aus der ambulanten Pflege
aussteigen.

Hinweis: Meldung frei bei Nennung der Quelle "NDR Hallo
Niedersachsen"



Pressekontakt:
Norddeutscher Rundfunk
Landesfunkhaus Niedersachsen
Fernsehredaktion
Tel.: 0511/988-2410

http://www.ndr.de
https://twitter.com/NDRpresse

Original-Content von: NDR Norddeutscher Rundfunk, übermittelt durch news aktuell
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