Sie sind umgeben von Schläuchen und Apparaten und
dauerhaft in Gefahr, zu ersticken: Immer mehr Menschen in Deutschland
werden in Kliniken oder zu Hause künstlich beatmet. Hochrechnungen
von 2018 gehen bundesweit von 15.000 bis 30.000 Beatmungspatienten
aus, die daheim versorgt werden. Hinzukommen mehrere Zehntausend
stationäre Behandlungsfälle. Studien belegen jedoch, dass etwa 60 bis
70 Prozent dieser Menschen in Spezialkliniken von der Beatmung
entwöhnt werden könnten.
An diesem Punkt setzt der erste Qualitätsvertrag zur
Beatmungsentwöhnung "Weaning" an, den die
Siemens-Betriebskrankenkasse (SBK) mit der Karl-Hansen-Klinik in Bad
Lippspringe geschlossen hat. Er ermöglicht eine spezielle Versorgung
der Patienten in einer Fachklinik. Spezialisten des Weaning-Zentrums
sollen gemeinsam mit betreuenden Hausärzten im Rahmen einer
Voruntersuchung und einer anschließenden Fallkonferenz herausfinden,
bei welchen Patient ein Entwöhnungsversuch von der künstlichen
Beatmung erfolgsversprechend sein kann.
"Der weitaus größte Teil der Betroffenen wird von der
Intensivstation nicht in ein Weaning-Zentrum entlassen, sondern kommt
direkt in die häusliche Umgebung zurück. Diese Patienten haben wenig
Chance auf eine erfolgsversprechende Entwöhnung, weil nach der
Entlassung niemand mehr systematisch prüft, ob Weaning eine reelle
Option sein könnte", sagt Martin Spegel, Leiter Stationäre Versorgung
bei der SBK. "Unser Vertrag schließt diese Lücke und sorgt dafür,
dass das Weaning-Potenzial betroffener Patienten auch nach der
Entlassung überprüft wird, indem Hausärzte und Weaning-Experten
miteinander in Austausch gehen."
"Neben der Steigerung der Lebensqualität und Teilhabe der
betroffenen Patienten schont der Vertrag auch die Ressourcen der
Versichertengemeinschaft. Bislang macht die ambulante Intensivpflege
etwa 50 Prozent der gesamten häuslichen Krankenpflege aus. Die Kosten
für die Intensivpflege belaufen sich auf 15.000 bis 20.000 Euro pro
Versicherten und Monat. Hochgerechnet sind dies bundesweit 2 bis 4
Milliarden Euro pro Jahr", erklärt Franz Knieps, Vorstand des BKK
Dachverbandes.
Diesem Gesundheitsmarkt hat sich der Bereich der ambulanten
Pflegedienste angenommen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes
hat die Zahl der Intensivpflegedienste allein zwischen Januar 2014
und Dezember 2016 um fast 25 Prozent zugenommen und ist damit im
Vergleich zu anderen ambulanten Pflegediensten überproportional
angestiegen.
"Der exponentielle Anstieg der sehr pflegeintensiven Patienten
stellt das Gesundheitssystem vor extreme Herausforderungen und
erfordert eine gesundheitspolitische Diskussion über die Grenzen des
Systems hinaus. Der Zunahme dieser Patienten steht zudem ein
dramatisch werdender Pflegepersonalmangel gegenüber. Mit der
Möglichkeit, eine große Zahl von Patienten von der künstlichen
Beatmung zu entwöhnen, geht der Qualitätsvertrag der SBK einen
wichtigen Schritt nach vorn", sagt Franz Knieps, Vorstand des BKK
Dachverbandes.
Seit Kurzem ist der disziplinübergreifende erste Qualitätsvertrag
zur Beatmungsentwöhnung auch beim IQTIQ registriert. Mit dem
Abschluss des Qualitätsvertrages möchten die Vertragspartner einen
bundesweiten Qualitätswettbewerb anstoßen. Der Vertrag ist daher so
angelegt, dass weitere Weaning-Einrichtungen unkompliziert
gleichartige Verträge abschließen können und Krankenkassenbeitritte
sehr einfach möglich sind. Alle gesetzlichen Krankenkassen und
zertifizierte Weaning-Zentren können ab sofort dem SBK-Vertrag
beitreten.
Pressekontakt:
Andrea Röder, BKK Dachverband e. V.
Tel.: 030/2700406-302, E-Mail: andrea.roeder@bkk-dv.de
Katrin Edelmann, Siemens Betriebskrankenkasse
Tel.: 089/62700-262, E-Mail: katrin.edelmann@sbk.org
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