Überbordende Bürokratie gefährdet die Gesundheit
von Ärztinnen und Ärzten. Das hat der Deutsche Ärztetag heute in
Münster festgestellt. Auf Initiative der Freien Ärzteschaft (FÄ)
forderte das Ärzteparlament daher, dass der zunehmende Aufwand für
bürokratische Tätigkeiten und Arbeiten, die nicht unmittelbar der
Gesundheit der Patientinnen und Patienten dienen, reduziert wird.
"Ärzte sind Ärzte geworden, weil sie Patienten beraten und behandeln
wollen mit dem Ziel, Leiden zu lindern oder zu heilen", betont der
FÄ-Vorsitzende Wieland Dietrich. "Zu viel Bürokratie entfremdet Ärzte
von ihrem Selbstverständnis und erhöht das Risiko für psychische oder
psychosomatische Erkrankungen."
"Ärzte leiden darunter, wenn sie unter den realen Bedingungen des
Gesundheitswesens keine hochqualitative Medizin machen können",
erläutert FÄ-Vize Dr. Silke Lüder. In einem zunehmend bürokratisch
organisierten und kommerzialisierten Gesundheitswesen seien Ärzte
immer stärker gegensätzlichen Anforderungen ausgesetzt und müssten zu
viele patientenferne Faktoren berücksichtigen. "Wie Erfahrungen in
den USA gezeigt haben", berichtete Lüder in ihrem Redebeitrag,
"gehören dazu auch elektronische Patientenakten, die vom Patienten
ablenken und die Furcht vor juristischen Risiken steigern - das kann
krank machen."
Der Deutsche Ärztetag hat an die Ärzte appelliert, sich kritisch
mit den Bedingungen der eigenen Berufstätigkeit auseinanderzusetzen.
So sollten sie etwa bürokratische Überlastung, ein Arbeiten unter
unangemessenen ökonomischen Zwängen und permanentem Zeitdruck nicht
hinnehmen. "Wir begrüßen diesen Beschluss ausdrücklich", betont
Dietrich. "Damit Ärzte sich gut um die Gesundheit ihrer Patienten
kümmern können, sollten sie auch ihre eigene Gesundheit im Blick
behalten." Die Ärztekammer Nordrhein forderte in ihrem Antrag
zugleich die Arbeitgeber im Gesundheitswesen auf, gesundheitsgerechte
Arbeitsbedingungen zu schaffen.
"Auch an die Politik haben die Ärzte in Münster klare Forderungen
formuliert", sagt Dietrich. Sie habe für die gesetzlichen
Voraussetzungen für gesundes Arbeiten und ausreichende Finanzierung
des Gesundheitswesens zu sorgen. Der freiberufliche Charakter der
ärztlichen Tätigkeit sei zu stärken und der bestehende Trend zu
Überregulierung und Fremdbestimmung der Ärzte müsse umgekehrt werden.
Die niedergelassenen Ärzte müssten vor immer kleinteiligeren
Eingriffen in ihre Tätigkeit geschützt werden, Budgetierung und
Regresse gehörten abgeschafft. "Generell", so Lüder, "sind autoritäre
Entscheidungen gegenüber den ''frontline worker'' in der Medizin, wie
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sie praktiziert, degradierend
und ineffektiv."
Über die Freie Ärzteschaft e.V.
Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den
Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und
zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene
Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des
Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der
FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im
Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.
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