fit und munter - rbb exklusiv: Höheres Sterberisiko - Krankenhäuser operieren mit unerfahrenen Teams

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rbb exklusiv: Höheres Sterberisiko - Krankenhäuser operieren mit unerfahrenen Teams




Sperrfrist: 03.06.2019 06:00
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Künstliche Kniegelenke einsetzen oder Bauchspeicheldrüsenkrebs
entfernen: Solch komplizierte Operationen führten sechs Berliner und
zwölf Brandenburger Kliniken im Jahr 2017 in geringerer Anzahl durch
als gesetzlich vorgeschrieben ist.

Das hat eine Analyse der jüngsten verfügbaren Qualitätsberichte
aller regionalen Krankenhäuser durch das Nachrichtenportal rbb|24 und
das rbb-Verbrauchermagazin SUPER.MARKT ergeben. Viele der betroffenen
Kliniken geben an, dass für sie Ausnahmeregelungen gelten. Gesetzlich
vorgeschrieben sind Mindestmengen für sechs besonders schwere
Operationen. Sie sollen sicherstellen, dass OP-Teams und
Intensivstationen ausreichend Erfahrung mit diesen Eingriffen haben.
In Berlin und Brandenburg betraf die Vorgabe im Jahr 2017 laut
rbb-Datenanalyse rund 10.600 durchgeführte Operationen. Rund 200
dieser Eingriffe wurden in Krankenhäusern durchgeführt, die die
Mindestmengen-Vorgaben nicht erreichten. In solchen Krankenhäusern
kommt es bei der jeweiligen Operation laut Studien im Schnitt
deutlich häufiger zu Komplikationen und auch Todesfällen.

Fast doppelt so hohes Sterberisiko bei schwerer Pankreas-OP

Besonders erhöht ist das Sterberisiko beim Pankreas-Karzinom,
besser bekannt als Bauchspeicheldrüsen-Krebs. In spezialisierten
Pankreas-Zentren, wo routinierte Operateure behandeln, sterben laut
einer Langzeitstudie im Schnitt 6,5 Prozent der Patienten. In
Krankenhäusern, die unter der Mindestmenge bleiben, sterben im
Schnitt 11,5 Prozent - das ist fast jeder achte Patient. "Das ist
viel zu hoch für diese Operation, und das ist ethisch nicht
vertretbar", kommentiert Prof. Michael Heise, Chefarzt der Chirurgie
des Sana-Klinikums Lichtenbergs auf Anfrage des rbb diese Zahlen.

Herzberger Klinik räumt ein: Kein Bedarf für schwere Pankreas-OP
vorhanden

Mehrere Kliniken in Berlin und Brandenburg führten im Jahr 2017
Pankreas-Operationen unterhalb der Mindestmenge durch. Die meisten
beriefen sich darauf, dass es ungeplante Notfall-Eingriffe gewesen
seien. Das Elbe-Elster Klinikum in Herzberg hingegen bot die Leistung
planmäßig an. Es führte die Operation im Jahr 2017 weniger als sechs
Mal durch - deutlich unter der Mindestmenge von zehn Operationen pro
Jahr. "Wir haben festgestellt, dass der regionale Bedarf für
Pankreaschirurgie und deren weiterführende Behandlungen vorhanden
ist. Jedoch ist für den Teil der mindestmengenrelevanten Eingriffe
der Bedarf nicht vorhanden", räumt die Klinikleitung schriftlich ein.

Obwohl die Mindestmenge unterschritten wurde, handelte die Klinik
legal, denn sie hatte diese Operation nach einem Chefarzt-Wechsel in
der chirurgischen Abteilung im Jahr 2016 neu in den Leistungskatalog
aufgenommen. Kliniken, die das tun, können die Mindestmengen für
einen Übergangszeitraum unterschreiten.

Gesundheitsökonom fordert Konzentration auf spezialisierte
Kliniken

Der Gesundheitsökonom Prof. Reinhard Busse von der TU Berlin
kritisiert diesen Ausnahmegrund. Denn es finde gegenwärtig keine
ausreichende Prüfung durch die Krankenkassen statt, ob es für die
Versorgung der Patienten überhaupt notwendig sei, dass Kliniken
komplizierte Operationen neu anbieten. "Das jetzt überhaupt noch
zusätzliche Krankenhäuser dazukommen, liegt ja nicht daran, dass wir
einen Mangel an Krankenhäusern hätten, wo diese Pankreas-Operationen
stattfinden. Ganz im Gegenteil, wir müssten das auf wenige,
spezialisierte Kliniken konzentrieren", sagt Busse. Er fordert: Nur
zertifizierte Krebs-Zentren sollten künftig noch die Erlaubnis
erhalten, diese schwere OP durchzuführen.

Inzwischen haben nach rbb-Recherchen die Landesverbände der
gesetzlichen Krankenkassen der Klinik in Herzberg wie auch dem
Klinikum Niederlausitz die Abrechnungserlaubnis für die schwere
Pankreas-OP entzogen. Beide Kliniken bestätigten das auf Anfrage.
"Die Patientensicherheit geht absolut vor. Und eine belegbare höhere
Sterblichkeit bei diesen Patienten kann nicht in Kauf genommen werden
dafür, dass Krankenhäuser diese Leistung erbringen", begründet
Klinik-Expertin Dagmar Schmidt von der AOK Nordost den Schritt.

Mehr Informationen zum Thema und eine interaktive Karte mit allen
Kliniken, die die Mindestmengen nicht erfüllen, gibt es auf rbb|24.
Am Montagabend um 20:15 Uhr sendet SUPER.MARKT im rbb-Fernsehen einen
ausführlichen Bericht.



Pressekontakt:
Rundfunk Berlin-Brandenburg
SUPER.MARKT
Ansprechpartner:
Tel.: 030 - 97993 - 22777

Original-Content von: Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb), übermittelt durch news aktuell
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