Die Volkskrankheit Harnsteine tritt in vielen Ländern der Welt mit zunehmender Häufigkeit auf. In Deutschland wird davon ausgegangen, dass rund fünf Prozent der erwachsenen Bevölkerung mindestens einmal im Leben unter Harnsteinen leiden - Männer doppelt so häufig wie Frauen. Veränderte Ernährungsgewohnheiten und Lebensumstände, aber auch eine verbesserte Diagnostik, die Harnsteine häufiger eindeutig nachweist, gelten als Gründe. Um die Behandlung von Harnsteinleiden in Klinik und Praxis zu unterstützen, hatte die Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) schon 2008 eine erste ärztliche S2k-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe der Urolithiasis initiiert, die jetzt abermals aktualisiert worden ist. "Die DGU erweitert ihr Leitlinienprogramm konsequent und hält es mit regelmäßigen Updates kontinuierlich aktuell. Nun haben wir unter Federführung unseres Arbeitskreises Harnsteine der Akademie der Deutschen Urologen die Überarbeitung der Leitlinie zur Urolithiasis abgeschlossen", sagt DGU-Pressesprecher Prof. Dr. Christian Wülfing. Die neue Version der Leitlinie enthält insgesamt 132 Empfehlungen und Statements.
Wichtige Änderungen der aktualisierten Leitlinie betreffen unter anderem die Bereiche Harnsteine bei Kindern, metabolische Diagnostik und Metaphylaxe sowie die konservative Therapie. "Ein Großteil insbesondere kleinerer Harnsteine geht spontan über den Harn ab. Falls nicht, können sie heute in aller Regel minimal-invasiv therapiert werden. Die hohe Rezidivrate von bis zu 50 Prozent erfordert jedoch die Identifikation von Risikopatienten. Diese Patienten bedürfen einer erweiterten metabolischen Diagnostik und diätetischer beziehungsweise medikamentöser Metaphylaxe-Maßnahmen, wodurch das Rezidivrisiko je nach Steinart und Ursache sehr deutlich gesenkt werden kann", erläutert DGU-Leitlinienkoordinator Prof. Dr. Christian Seitz. Bei Patienten mit neu diagnostiziertem Harnleiterstein bis zu 7 mm Durchmesser kann der Spontanabgang unter regelmäßiger Kontrolle abgewartet werden. In der Leitlinienversion von 2015 wurde dies nur für Steindurchmesser bis zu 5 mm empfohlen.
Etwa ein Prozent aller Steinereignisse betreffen Kinder unter 18 Jahren, wobei im ersten Lebensjahrzehnt Jungen häufiger betroffen sind als Mädchen. Im zweiten Lebensjahrzehnt ist es eher umgekehrt. Bei Kindern sollte aufgrund des Rezidivrisikos schon nach dem ersten Steinabgang eine zugrundeliegende metabolische Störung diagnostiziert und behandelt werden.
Allgemein empfiehlt die Leitlinie gesunden Menschen zur Vorbeugung von Nieren- und Harnleitersteinen eine gleichmäßig über den Tag verteilte Trinkmenge von 2,5 bis 3 Litern sowie eine kochsalzarme Ernährung mit hohem Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln. Bei Patienten mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko oder bei Dialysepatienten sind möglicherweise individuelle Flüssigkeitsmengen zu beachten. Auch Bewegungsmangel fördert Harnsteinbildung und sollte vermieden werden.
An der Überarbeitung der 131 Seiten starken Leitlinie und dem Konsensusprozess waren neben der DGU acht weitere Fachgesellschaften und Berufsgruppen sowie acht Arbeitskreise der Akademie der Deutschen Urologen und ein Arbeitskreis der Österreichischen Gesellschaft für Urologie und Andrologie beteiligt. Organisation und umfangreiche Literaturrecherche lagen bei UroEvidence, dem Wissenstransferzentrum der DGU. Die neue "S2k-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe der Urolithiasis" ist auf der Webseite der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF) unter der Registernummer 043-025 veröffentlicht.
Am 21. September wird das Leitlinien-Update auf der 71. Jahrestagung der DGU, die vom 18. bis 21. September 2019 in der Messe Hamburg stattfindet, detailliert präsentiert. DGU- und Kongresspräsident Prof. Dr. Oliver W. Hakenberg lädt die Medienvertreter herzlich ein, sich vor Ort über die Volkskrankheit Harnsteine zu informieren.