"Im Ziel sind wir uns einig: Die überfüllten Notaufnahmen in den
Krankenhäusern müssen dringend entlastet werden, um ihrer
eigentlichen Aufgabe gerecht werden zu können. Wir brauchen mehr
Kooperation und Integration aller Beteiligten an der
Notfallversorgung. Auf dem Weg dorthin dürfen durch den Gesetzgeber
aber nicht zusätzliche Hürden errichtet werden." So kommentierte Dr.
Susanne Johna, Bundesvorstandsmitglied des Marburger Bundes, den
gestern bekannt gewordenen Diskussionsentwurf des Bundesministeriums
für Gesundheit zur Reform der Notfallversorgung.
Integrierte Notfallzentren (INZ) seien dann sinnvoll, wenn dadurch
keine neuen Schnittstellen zu bestehenden Versorgungsbereichen
geschaffen würden. Bewährte Strukturen der Kooperation zwischen
Krankenhäusern und Notdiensten der Kassenärztlichen Vereinigungen
sollten nicht in Frage gestellt werden. "Wir unterstützen den
Gedanken einer integrierten Notfallversorgung nachdrücklich. Wir
haben aber Zweifel daran, dass es dafür neuer räumlich und
wirtschaftlich abgegrenzter Einrichtungen wie der INZ bedarf. An
Sektorengrenzen mangelt es uns im Gesundheitswesen wahrlich nicht.
Neue Grenzziehungen in der Versorgung sind daher alles andere als
sinnvoll", betonte Johna.
Es drohe ein Kompetenzwirrwarr zwischen den Ländern, den
Kassenärztlichen Vereinigungen und dem Gemeinsamen Bundesausschuss
(G-BA), wenn die Verantwortung für die ambulante ärztliche
Notfallversorgung in neue Hände gelegt werde. "Wenn das Konzept
umgesetzt würde, käme es zumindest in den nächsten zwei Jahren zu gar
keinen Veränderungen in den Notaufnahmen. Schließlich müsste erst das
Gesetz verabschiedet werden. Danach hätte der G-BA zehn Monate Zeit,
um die personelle und strukturelle Ausgestaltung zu definieren. Erst
davon abhängig könnten die Länder die Standorte für die Integrierten
Notfallzentren festlegen. Für die dann notwendigen vertraglichen
Regelungen zwischen KV und Krankenhaus sind weitere sechs Monate
veranschlagt. Alternativ könnte man bereits jetzt ein ärztliches
Konzept umsetzen, das mit erheblich geringerem organisatorischen
Aufwand zu einer Entlastung der Notaufnahmen führen würde", sagte
Johna.
Der Marburger Bund (MB) hatte bereits im Mai 2017 Eckpunkte für
eine Strukturreform der medizinischen Notfallversorgung vorgelegt.
Zusammen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) erarbeitete
der MB im September 2017 ein Konzept zur Reform der Notfallversorgung
aus ärztlicher Perspektive, das Wege zu einer Neuordnung aufzeigt.
Wichtige Ansatzpunkte sind die Einrichtung gemeinsamer Anlaufstellen
von Vertrags- und Krankenhausärzten und eine Ersteinschätzung von
Notfallpatienten auf der Grundlage eines einheitlichen
standardisierten Systems. Zu diesen beiden Aspekten haben MB und KBV
inzwischen Gütekriterien entwickelt, die notwendige Strukturen und
Abläufe zentraler Anlaufstellen und Anforderungen an eine
standardisierte Ersteinschätzung von Notfallpatienten definieren.
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