Die Zulassungsbehörde für Fertigarzneimittel (Bundesinstitut für
Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM) macht sich dafür stark, dass
die zu den sogenannten Reserveantibiotika gehörenden Fluorchinolone
nur noch in Ausnahmefällen verordnet werden. Doch es kommt immer
häufiger vor, dass selbst Reserveantibiotika gegen bakterielle
Erreger wie zum Beispiel E. coli - der häufigste Auslöser von
Blasenentzündungen - nichts mehr ausrichten können[1,2]. Daneben gibt
es noch einen weiteren Grund für die vom BfArM propagierte
Zurückhaltung bei der Verordnung von Fluorchinolonen: Diese
Antibiotika-Substanzklasse kann in seltenen Fällen Nebenwirkungen am
Bewegungsapparat und Nervensystem verursachen, die die Lebensqualität
einschränken, und zwar möglicherweise langanhaltend und
unwiderruflich[3]. "Obwohl die Leitlinie für Ärzte zu unkomplizierten
Harnwegsinfektionen bereits eine kritische Verordnung von Antibiotika
nahelegt, wird dieser Empfehlung noch zu wenig Beachtung geschenkt",
meint Dr. Wolfgang Bühmann, Facharzt für Urologie, Andrologie und
medizinische Tumortherapie aus Sylt OT Morsum. Eine arzneilich
wirksame Therapieoption bei Blasenentzündungen, die zudem zur
passiven Reduktion der Antibiotikaresistenz beiträgt, sieht der
Experte in den umfangreich untersuchten und gut verträglichen
Senfölen aus Kapuzinerkresse und Meerrettich.
Fluorchinolone sind hochwirksame Arzneimittel, die nur dann
eingesetzt werden sollten, wenn alle anderen Antibiotika nicht mehr
wirken, zum Beispiel bei lebensbedrohlichen Erkrankungen durch
multiresistente Erreger. Damit diese Reserveantibiotika weiterhin ein
"scharfes Schwert" bei der Behandlung von Infektionen bleiben, muss
die Anwendung mit Bedacht erfolgen. Gegen zahlreiche bakterielle
Erreger zeigen herkömmliche Antibiotika jedoch immer häufiger keine
Wirkung mehr. So erhalten zum Beispiel bundesweit durchschnittlich 50
Prozent aller Frauen zur Behandlung einer unkomplizierten Infektion
der Harnwege ein Fluorchinolon[4].
Nebenwirkungen an Bewegungsapparat und Nervensystem
Fluorchinolone können in seltenen Fällen schwerste Nebenwirkungen
hervorrufen, die sich auf den Bewegungsapparat oder das Nervensystem
auswirken. Es kann zu Schlaflosigkeit, Depressionen und Ermüdung
(Fatigue) kommen. Es wurden auch ein eingeschränktes
Erinnerungsvermögen sowie Seh-, Hör-, Geruchs- und
Geschmacksstörungen beobachtet. Laut BfArM seien zwar nur wenige
Fälle dieser Nebenwirkungen gemeldet worden. Es sei aber anzunehmen,
dass nicht alle Patienten entsprechende Beschwerden und
Begleiterscheinungen beim Arzt angeben. Aufgrund der Schwere dieser
Nebenwirkungen rät das BfArM Ärzten deshalb, jede
Fluorchinolon-Verordnung sorgfältig zu überdenken[3]. In Zukunft
sollten gemäß BfArM-Empfehlung nur noch diejenigen Patienten ein
Antibiotikum aus dieser Gruppe erhalten, die es wirklich benötigen.
Senföle sind wirksam und gut verträglich
Bei der Therapie von Blasenentzündungen sollte die antibakterielle
Wirkung im Fokus stehen. Denn bei einer rein symptomorientierten
Therapie mit schmerz- und entzündungshemmenden Medikamenten oder
Arzneipflanzen ohne antibakterielle Wirkung besteht durch
aufsteigende Bakterien die Gefahr, eine Nierenbeckenentzündung zu
entwickeln. Demzufolge empfehlen Experten bei unkomplizierten
Infektionen der Harnwege die Senföle aus Kapuzinerkresse und
Meerrettich als First-Line-Therapie einzusetzen[5]. Senföle zählen
heute zu den am besten untersuchten arzneilich wirksamen
Pflanzensubstanzen. Sie bekämpfen nicht nur Bakterien[6-12] und
Viren[13-15], sondern wirken zusätzlich entzündungshemmend[16-24]. In
Laboruntersuchungen zeigten Senföle selbst gegen
antibiotikaresistente Keime, darunter häufige Erreger von
Blasenentzündungen wie E. coli oder Klebsiellen, eine ausgeprägte,
das Wachstum von Bakterien hemmende oder abtötende Wirkung[6,7].
Eine Studie[25] mit insgesamt 1.649 Patienten, die an akuter
Blasenentzündung, akuter Nasennebenhöhlenentzündung oder akuter
Bronchitis litten, bestätigt zudem die Nichtunterlegenheit der
Senföl-Kombination gegenüber Standard-Antibiotika, bei gleichzeitig
deutlich besserer Verträglichkeit des pflanzlichen Arzneimittels. Zu
ähnlichen Ergebnissen gelangte eine mit gleicher Methodik angelegte
Studie mit 858 Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 4 und 18
Jahren. Auch in dieser Studie erwies sich das pflanzliche
Arzneimittel hinsichtlich seiner Wirkung den Standardantibiotika als
ebenbürtig, war aber signifikant besser verträglich[26].
Ärzte-Leitlinie enthält Empfehlung für Kapuzinerkresse &
Meerrettichwurzel
In der 2017 aktualisierten ärztlichen Leitlinie zur Therapie von
unkomplizierten Harnwegsinfektionen wird nun auch der Einsatz von
Kapuzinerkresse und Meerrettich als pflanzliche Behandlungsoption bei
häufig wiederkehrenden Blasenentzündungen empfohlen[27]. "Die
Leitlinie gibt damit den richtigen Kurs vor: Antibiotika bei
Blasenentzündungen nur dann einsetzen, wenn unbedingt erforderlich
und bei unkomplizierten Fällen besser auf bewährte und gut
untersuchte pflanzliche Arzneimittel wie die Kombination aus
Kapuzinerkresse und Meerrettich zurückgreifen", sagt Bühmann. Der
Einsatz des pflanzlichen Arzneimittels mindere den häufig unnötigen
Antibiotika-Verbrauch, die Resistenzentwicklung und das Risiko von
Nebenwirkungen, ergänzt der wissenschaftliche Schriftleiter des
Berufsverbandes der Deutschen Urologen e. V., Schriftleiter/Editor
"Der Urologe".
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