Gesundheitskompetenz: Das Wort ist schnell ausgesprochen – aber was steckt eigentlich dahinter? Eine der führenden und weltweit anerkanntesten Expertinnen in der globalen Gesundheitspolitik ist Prof. Ilona Kickbusch. Für sie ist Gesundheitskompetenz „die Fähigkeit des einzelnen Menschen in seinem Alltag Entscheidungen zu treffen, die sich positiv auf die eigene Gesundheit auswirken.“
Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass Menschen in der Lage sind, Informationen rund um das Thema Gesundheit selbstständig zu finden, zu verstehen und zu beurteilen sowie auf ihre Situation hin anwenden zu können. Die Bedeutung dieser Fähigkeiten ist enorm. Menschen treffen praktisch täglich Entscheidungen, die sich auf ihren Gesund-heitszustand auswirken. Damit ist nicht nur gemeint, mit der richtigen Ernährung oder ausreichend Bewegung gesund zu bleiben. Sondern z. B. auch, mit einer vorhandenen Erkrankung umzugehen, sie zu bewältigen und sich dabei ein hohes Maß an Lebensqualität und Lebensfreude zu bewahren. Der Zusammenhang lässt sich herunterbrechen bis z. B. auf das Verstehen von Beipackzetteln zu Medikamenten. Wer sie nicht liest oder trotz Lektüre nicht versteht und auf eine Nachfrage beim Arzt oder Apotheker verzichtet, kann leichter falsche bis fatale Entscheidungen hinsichtlich ihrer Einnahme treffen: Eine schädliche Dosierung oder womöglich den kompletten Verzicht auf die Einnahme. Eine gute Gesundheitskompetenz ist demnach wichtig sowohl für gesunde als auch erkrankte Personen. Wer sich auskennt, kann einen guten Gesundheitszustand länger aufrechterhalten. Oder einen Krankheitsverlauf bzw. Gesundungsprozess hin zu bestmöglicher Lebensqualität unterstützen.
Deshalb ist eine gut entwickelte Gesundheitskompetenz bis zu einem gewissen Grad Voraussetzung dafür, dass Maßnahmen der Gesundheitsförderung und der Prävention überhaupt genutzt werden können. In Deutschland engagiert sich der Berufsverband der Präventologinnen und Präventologen e. V. intensiv für gesundheitsförderliche Rahmenbedingungen in der Gesellschaft, in den Strukturen des Gesundheits(un)wesens und im Bildungssystem. „Eine wirklich solide Gesundheitsbildung ist – und wird immer mehr – der persönliche Wegweiser zum Erhalt von Gesundheit und der Bewältigung häufig komplexer Gesundheitsprobleme“, so Dorothée Remmler-Bellen, Vorstand beim Berufsverband der Präventologinnen und Präventologen in Berlin. „Ärztinnen und Ärzten fehlt es meist an der nötigen Zeit für ein ausführliches Beratungsgespräch, das beispielsweise auch Themen wie Bewegung, Ernährung oder Stress bzw. Entspannung anschneidet“. Gute Ideen waren gefragt, die diese Lücke schließen. „Das Pilotprojekt ‚Präventionsberater‘ der KV Consulting und Managementgesellschaft mbH ist ein zielführender Ansatz. Ihm liegt ein speziell für medizinische Fachangestellte entwickeltes Fortbildungskonzept des Berufsverbandes der Präventologinnen und Präventologen zu Grunde“, so Remmler-Bellen.
Diese Fortbildung ermöglicht es Praxisangestellten, mit den Patienten eine Beratung zur Gesundheitsförderung und Prävention selbstständig, aber in Abstimmung mit dem be-handelnden Arzt, durchzuführen. Um ihre Gesundheitsziele zu erreichen, werden die Patientinnen und Patienten über ein Jahr lang von den Präventionsberaterinnen begleitet und unterstützt. In einer Modellregion im nördlichen Land Brandenburg startete das Pilotprojekt mit dem Beginn der Fortbildung bereits im Februar dieses Jahres. Der vorläufige Höhepunkt ist die gerade gestartete Umsetzungsphase in mehreren Pilot-Praxen in Templin, die an gute Erfahrungen aus einem ersten Projekt in den Jahren 2017/2018 im südlichen Brandenburg anknüpft. „Wir sind optimistisch, zu ebenfalls positiven Ergebnissen bei der Entwicklung individueller Gesundheitskompetenz der Beteiligten, insbesondere der Patienten, zu kommen“, zeigt sich Remmler-Bellen überzeugt.