Die Gesellschaft wird immer liberaler und
freizügiger, Sexualität nimmt - etwa in den Medien - einen zunehmend
größeren Raum ein. Dennoch ist Sex ein sehr persönliches, für einige
sogar ein Tabu-Thema, über das sie nicht sprechen mögen oder können.
Selbst dann nicht, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen in ihrer
sexuellen Aktivität beeinträchtigt sind. Der DVE (Deutscher Verband
der Ergotherapeuten e.V.) erklärt, dass es dabei unter anderem um
Menschen im Rollstuhl geht. Oder um diejenigen, die aufgrund einer
psychischen oder altersbedingten Erkrankung gar keinen oder weniger
Sex haben, als sie gerne hätten.
Kommen Menschen nach einem Unfall oder einer Erkrankung wie
beispielsweise einem Schädelhirntrauma, Schlaganfall, Depression oder
Demenz in ergotherapeutische Behandlung, steht auf der Überweisung
etwa ''Alltag verbessern''. Ergotherapeuten verknüpfen mit diesem
nüchtern formulierten Ziel den Anspruch, dass die Menschen, die sie
aufsuchen, ihren Alltag nach der Intervention wieder als sinnvoll und
erfüllend erleben können. Zum Alltag gehören nach ihrer Definition
auch Liebe, Intimität und Sexualität. Denn die zählen zu den
wichtigsten Bereichen des Lebens, die die Menschen auf körperlicher,
emotionaler und mentaler Ebene beeinflussen. Für manche sind
Sexualität und Liebe sogar ''die schönste Sache der Welt''.
Vertrauen aufbauen: Regel Nummer eins bei Ergotherapeuten
Neben einer Reihe offensichtlicher Beeinträchtigungen haben die
meisten Menschen, die mit einer zeitweisen oder bleibenden
Behinderung leben, dadurch auch Schwierigkeiten beim Sex. Und somit
alles andere als ein erfülltes (Liebes-)Leben und freudigen Alltag.
Kaum ein Patient spricht dieses Thema allerdings von sich aus an.
Ergotherapeuten, die in diesem Bereich tätig sind, gehen einfühlsam,
aber aktiv vor. Sie schaffen zunächst ein stabiles
Vertrauensverhältnis. Denn das ist die Voraussetzung, um behutsam
auch sensible und intime Themen des Alltags anzusprechen.
Ergotherapeuten erklären zum Beispiel, dass sich die Folgen der
Erkrankung oder des Unfalls auf viele Aktivitäten des Alltags
auswirken und dass andere Betroffene unter anderem über Probleme im
Bereich der Sexualität berichten. Ergotherapeuten merken an der
Reaktion ihres Gegenübers sehr schnell, ob derjenige schon in der
Lage ist, sich zu öffnen und vertrauensvoll über so sensible
Angelegenheiten wie das eigene Liebes- und Sexualleben zu reden.
Sobald dies möglich ist, finden sie gemeinsam heraus, ob die
Betroffenen mit ihrer gegenwärtigen Situation zufrieden sind. Oder
was sie im Einzelnen in ihrem Alltag verändern möchten.
Partner einbeziehen, Liebe und Sex neu beleuchten
Mehr noch als bei anderen Anliegen spielen der Partner
beziehungsweise die Partnerin in diesem Fall eine entscheidende
Rolle. Je nachdem, wie stark die Folgen einer Erkrankung oder eines
Unfalls ausgeprägt sind, ändern sich oft die Rollen in der
Partnerschaft. Es ist nachvollziehbar und verständlich, warum das
Bedürfnis nach Sex und Intimität sich in einer solchen Situation
möglicherweise verändert: Wird einer der Partner zum Pflegenden,
sieht der Alltag ganz anders aus. Da heißt es, den Anderen beim
Toilettengang begleiten, ihn am ganzen Körper waschen und baden. Das
hat einen Einfluss auf die gegenseitige Wahrnehmung, die Gefühle und
in Folge auf das Liebesleben. Ist der Alltag zum Erotik-Killer
geworden, können andere Formen von Intimitäten und Zärtlichkeiten als
Ausdruck der gegenseitigen Liebe den Sex ersetzen oder wieder
anbahnen. Dazu beziehen Ergotherapeuten das Umfeld ein, klären die
Pflegenden ebenso wie die Betroffenen auf und sprechen über alles,
was zum großen Bereich der Sexualität gehört. Sie sind bei der Suche
und Auswahl passender Literatur, Hilfsmittel und Umfeldanpassungen
behilflich. So, wie das Ergotherapeuten auch bei anderen
Fragestelllungen tun. Denn Menschen mit einer körperlichen
Beeinträchtigung benötigen generell im Alltag und so auch beim Sex
Möglichkeiten sich festzuhalten, denkt man etwa an
Querschnittgelähmte. Das alles gehört ebenso zum Beratungsspektrum
von Ergotherapeuten wie das Weiterempfehlen an andere
Fachdisziplinen, um den größtmöglichen Erfolg zu erzielen.
Ergotherapeuten schließen Beratungslücke beim Thema Sexualität
Außer denjenigen, deren Sexualleben durch eine Erkrankung oder
einen Unfall lahmgelegt ist, gibt es auch Menschen, die durch die
Medikamente, die sie einnehmen müssen, Probleme in ihrem Liebesleben
haben. Das trifft ältere und alte Menschen genauso wie zum Beispiel
Menschen, die an psychischen Störungen leiden. Jemand, der depressiv
ist, hat oft keine Struktur für seinen Alltag. Hat keine Lust mehr,
für sich, seinen Haushalt, die Familie zu sorgen oder zur Arbeit zu
gehen. Und genauso hat er wenig Lust auf sexuelle Aktivitäten. Auch
können bestimmte Medikamente Erektions- und Ejakulationsstörungen
oder Vaginaltrockenheit verursachen. Das ist den wenigsten bekannt
oder bewusst und sie besprechen diese Probleme, die das Wohlbefinden
zusätzlich zu der eigentlichen Erkrankung beeinträchtigen, in der
Regel nicht mit ihrem Arzt oder Ärztin. Ergotherapeuten haben bei
ihrer Arbeit einen besonderen Fokus auf den Alltag in seiner gesamten
Bandbreite. Und sind damit in der Lage, die Beratungslücke beim Thema
Sexualität und Intimität zu schließen.
Informationsmaterial zu den vielen Themen der Ergotherapie gibt es
bei den Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten des DVE (Deutscher
Verband der Ergotherapeuten e.V.); ergotherapeutische Praxen in
Wohnortnähe auf der Homepage des Verbandes im Navigationspunkt
Service und Ergotherapeutische Praxen, Suche.
Pressekontakt:
Angelika Reinecke, Deutscher Verband der Ergotherapeuten,
a.reinecke@dve.info
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