Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erlebt für
sein Digitale-Versorgung-Gesetz (DGV) eine Niederlage nach der
anderen. Der Zugang zur Elektronischen Patientenakte, geplant ab 2021
zunächst ohne elementare Datenschutzregelungen, erfuhr im Sommer eine
Vollbremsung. "Nach massiver Kritik auch durch Entscheidungen des
Deutschen Ärztetages stoppte das Justizministerium Spahns Pläne und
die e-Akten wurden erst einmal aus dem Gesetzentwurf ausgegliedert",
erläuterte Dr. Silke Lüder, Vizevorsitzende der Freien Ärzteschaft
(FÄ) am Montag in Hamburg.
Jetzt die zweite Schlappe für den Minister: Die Honorarkürzung für
Kassenärzte, deren Praxen bislang nicht an die Telematikinfrastruktur
(TI) angeschlossen sind, solle nicht wie von Spahn geplant ab 1. März
2020 von derzeit 1 Prozent auf 2,5 Prozent angehoben werden. Das
empfiehlt der Gesundheitsausschuss des Bundesrates, der den Entwurf
des Digitale-Versorgung-Gesetzes (DVG) genauer unter die Lupe
genommen hat. Die Freie Ärzteschaft begrüßt diese Entwicklung: "Diese
Einschätzung des Gesundheitsausschusses ist auch eine Niederlage für
Spahns rücksichtslose und unsachgemäße Politik in Sachen TI. Wir
fordern Herrn Spahn auf, seinen Kurs zu korrigieren", sagt
FÄ-Vorsitzender Wieland Dietrich.
FÄ-Vize Lüder macht klar: "Sanktionen jeglicher Art demotivieren
die Ärztinnen und Ärzte, halten junge Kollegen von der Niederlassung
ab und treiben ältere Kollegen vorzeitig in den Ruhestand. Das
verschärft nur den Ärztemangel. Daher fordern wir, alle Sanktionen zu
streichen, also auch die 1-prozentige Honorarkürzung wieder
abzuschaffen." Darüber hinaus müsse Freiwilligkeit für alle Ärzte und
Patienten bei der Teilnahme an der TI zugesichert werden. "Wer sich
nicht an die TI anschließt, will die Daten seiner Patienten schützen
und seiner Schweigepflicht nachkommen." Die Empfehlung des
Gesundheitsausschusses sei ein positives Signal für alle kritischen
Ärzte, die sich für Datenschutz und Schweigepflicht einsetzen."
Das, so Lüder weiter, müsse besonders unter dem Aspekt der neuen
Veröffentlichung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten von
vergangener Woche gesehen werden. Die Datenschutzbehörden weisen
darin den Praxisinhabern die datenschutzrechtliche Mitverantwortung
und Mithaftung an der Telematikinfrastruktur zu. "Das ist eine
absurde Verschiebung der Verantwortung auf die Arztpraxen. Wie sollen
die Praxisinhaber für eine Blackbox namens ''Konnektor'' haften, die
ihnen mit gesetzlichem Zwang und finanziellen Strafen aufgezwungen
worden ist, die sie aber nicht kontrollieren und deshalb auch nicht
verantworten können?", fragt die FÄ-Vize. Hier existiere eine
organisierte Verantwortungslosigkeit in Spahns Ministerium. Es gebe
bisher keine Datenschutzfolgenabschätzung, die aber zwingend für
jedes System dieser Art gesetzlich gefordert sei. "Solange das so
ist, werden sich auch weiterhin viele Ärzte, Zahnärzte und
Psychotherapeuten nicht an das unsichere System anschließen. Trotz
aller Strafen."
Über die Freie Ärzteschaft e. V.
Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den
Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und
zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene
Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des
Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der
FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im
Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.
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