Die Widerspruchslösung allein kann nach Ansicht
der Deutschen Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG) nicht zu
steigenden Zahlen in der Organ- und Gewebespende führen. Vielmehr
bestimmen strukturelle Probleme die Entwicklungen der vergangenen
Jahre. Diese gilt es gezielt und nachhaltig anzugehen. Während die
Widerspruchslösung bei der Entscheidungsfindung unterstützend wirken
kann, müssen insbesondere eine passende Infrastruktur und Ressourcen
in den Kliniken vor Ort vorhanden sein. "Erst wenn die Prozesse in
den Kliniken stimmen, können mehr Spenden realisiert werden. An
dieser Stelle ist der Gesetzgeber gefragt, entsprechend
unterstützende Rahmenbedingungen zu schaffen", sagt Martin Börgel,
Geschäftsführer der DGFG.
Positiv sieht die DGFG in diesem Zusammenhang die Gesetzesänderung
zur Freistellung der Transplantationsbeauftragten. Niedersachsen hat
hier mit dem Ausführungsgesetz zum Transplantationsgesetz zügig und
vorbildlich reagiert und berücksichtigt darin auch die Gewebespende.
"Wir freuen uns, schon jetzt ein steigendes Engagement der
Transplantationsbeauftragten in der Gewebespende beobachten zu
können. Neben der Organspende wird nun verstärkt auch auf die
Gewebespende geschaut", sagt Börgel.
Die jährlich steigenden Spendezahlen im DGFG-Netzwerk zeigen
deutlich, dass Vor-Ort-Präsenz und aktive Unterstützung der
Entnahmekliniken im Spenderscreening sowie die Gespräche mit
Angehörigen durch geschultes Personal zum Erfolg führen. Börgel
stellt fest: "Wird die Gewebespende von der Klinik gelebt und als
Selbstverständlichkeit angesehen, läuft der Prozess vorbildlich. Eine
Gesetzesnovellierung könnte die Gewebespende in den Kliniken noch
einmal verbindlich auf den Plan rufen, was wir aufgrund von hohen
Engpässen in der Versorgung mit Augenhornhäuten, Herzklappen und
Blutgefäßen sehr begrüßen würden."
Aus der Perspektive der Gewebespende fehlt es weniger an
genereller Zustimmung in der Bevölkerung, sondern viel mehr an
Gesprächen innerhalb der Familien über genau dieses Thema. Die
Zustimmungsquote zur Gewebespende liegt seit Jahren konstant bei über
30 Prozent; in 2018 zuletzt bei 38,2 Prozent. "Wünschenswert an
dieser Stelle ist eine Aufklärungsarbeit, die auch die Gewebespende
thematisiert. Zu oft fällt diese Form der Spende hinten runter", so
Börgel.
Der Wille potenzieller Spenderinnen und Spender ist Angehörigen
meist nicht bekannt. Rund die Hälfte der Entscheidungen für und auch
gegen eine Gewebespende wurde im vergangenen Jahr von Angehörigen auf
Basis ihrer eigenen Wertvorstellungen getroffen. Gerade einmal ein
Viertel basierte dabei auf dem schriftlich dokumentierten oder
mündlich geäußerten Willen der Verstorbenen. Ein Register, in dem die
Einstellung zur Organ- und Gewebespende festgehalten ist, könnte
Angehörige in ihrer Entscheidung entlasten. Im Sinne einer
informierten Einwilligung bleibt bei der DGFG das ergebnisoffene
Angehörigengespräch auch in Zukunft zentrales Element im Ablauf der
Gewebespende. "Wie die politische Debatte auch ausgehen mag, so sorgt
sie schon jetzt für eine vermehrte Auseinandersetzung mit der Organ-
und Gewebespende - ein erfreuliches Zwischenergebnis", sagt Börgel.
Getragen von vier Universitätskliniken und einem diakonischen
Krankenhaus zeigt die Entwicklung der DGFG und ihres Netzwerks aus
Spendekrankenhäusern, Gewebebanken und Transplantationszentren
während der vergangenen zwölf Jahre auf, wie der Spendeprozess und
eine sich stets verbessernde Patientenversorgung mit
Gewebetransplantaten erfolgreich gelingen können. Von inzwischen 30
Standorten aus wird die Gewebespende an über 90
Kooperationskrankenhäusern organisiert. So spendeten 2018 2.732
Menschen Gewebe. 5.517 Gewebetransplantate konnte die DGFG wiederum
an Patientinnen und Patienten deutschlandweit vermitteln.
Die DGFG ist eine unabhängige, gemeinnützige Gesellschaft, die
seit 1997 die Gewebespende und -transplantation in Deutschland
fördert. Auf der Basis des Gewebegesetzes von 2007 sind alle
Tätigkeiten und Ablaufprozesse der Gewebespende gesetzlich geregelt.
Für alle Gewebezubereitungen gilt das Handelsverbot. Im Netzwerk der
DGFG kooperieren zahlreiche Universitätskliniken, kommunale und
konfessionelle Krankenhäuser, aber auch große Klinikverbünde. Sie
alle unterstützen die Gewebespende durch die Meldung möglicher
Gewebespender und nehmen so ihre gesellschaftliche Verantwortung für
die Versorgung der betroffenen Patienten wahr. Gesellschafter sind
das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, das
Universitätsklinikum Leipzig, die Medizinische Hochschule Hannover,
die Universitätsmedizin Rostock sowie das
Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum Neubrandenburg.
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