"Lieferschwierigkeiten bei Arzneimitteln bedrohen
zunehmend die Patientenversorgung. Die Politik muss konsequent gegen
solche Engpässe vorgehen." Das fordert Dr. Ellen Lundershausen,
Vizepräsidentin der Bundesärztekammer (BÄK) vor dem Hintergrund der
intensiven Beratungen zu der Problematik auf dem jüngsten Treffen der
Deutschen Akademie der Gebietsärzte, einem Zusammenschluss ärztlicher
Fachgesellschaften und Berufsverbände. Dabei gehe es neben dem Schutz
der Patientinnen und Patienten auch um die Stringenz
gesundheitspolitischer Entscheidungen. "Es wäre doch eine
Schildbürgerei sondergleichen, wenn Deutschland die Impfpflicht
einführt, während gleichzeitig die dafür notwendigen Impfstoffe
fehlen", so Frau Dr. Lundershausen.
Abhilfe könnte eine nationale Arzneimittel-Reserve für
versorgungsrelevante Medikamente schaffen. Diesen Vorschlag der
Ärzteschaft hatten jüngst die Gesundheitspolitiker der Unionsfraktion
in einem Positionspapier aufgegriffen. "Welche Medikamente in welchem
Umfang vorgehalten werden müssen, sollten Ärzteschaft und Politik
gemeinsam mit Kostenträgern und Pharmaunternehmen festlegen", schlägt
Frau Dr. Lundershausen vor.
Aktuell listet das Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte Lieferengpässe bei 239 Humanarzneimitteln auf. Eine
wesentliche Ursache für diese hohe Zahl sieht Frau Dr. Lundershausen
in der Verlagerung der Produktion in außereuropäische Länder,
verbunden mit der Konzentration auf wenige Standorte. "Wenn die
Produktion an einer Stelle stockt oder die Qualität nicht stimmt, ist
die ganze Versorgung in Frage gestellt."
Nach den jüngsten Arzneimittelskandalen habe der Gesetzgeber mit
der Stärkung der Koordinierungsfunktion der Bundesoberbehörden bei
gefälschten und qualitätsgeminderten Arzneimitteln sowie der
erweiterten Rückrufkompetenz die Sicherheit in der
Arzneimittelversorgung bereits verbessert. Allerdings sei es
notwendig, weitere Überwachungslücken zu schließen. "Für eine
zuverlässige und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung müssen
wir wissen, welche Medikamente wo und unter welchen Bedingungen
produziert werden", sagt die BÄK-Vizepräsidentin. Denkbar sei
beispielsweise ein internationales Arzneimittel-Register.
Mit Sorge beobachtet sie auch die Ausbreitung resistenter Keime.
"Gerade die Industrieländer stehen hier in der Pflicht. Sie müssen
mehr in die Forschung und Entwicklung neuer Antibiotika, alternativer
Therapien und besserer Testverfahren investieren." Frau Dr.
Lundershausen verwies in diesem Zusammenhang auf die aktive Rolle der
Ärzteschaft im Kampf gegen resistente Keime. In der ärztlichen Aus-,
Fort- und Weiterbildung werden umfangreiche Kenntnisse über
Antibiotika-Resistenzen und einer rationalen Antibiotika-Therapie
vermittelt. Strategien zum rationalen Einsatz von Antiinfektiva
bilden einen Schwerpunkt der strukturierten curricularen Fortbildung
"Antibiotic Stewardship" der Bundesärztekammer. Darüber hinaus ist
das Thema Antibiotika-Einsatz fester Bestandteil vieler weiterer
Fortbildungsangebote der Landesärztekammern.
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