Medienberichte über eine zweifelhafte Studie
"Esst ruhig weiter Fleisch" - Zahlreiche Medien berichten dieser
Tage unter vergleichbaren Titeln über eine Studie, die scheinbar
zeigt, dass wir aus gesundheitlichen Gründen unseren Fleischkonsum
nicht reduzieren müssen. Doch diese Studie weist schwerwiegende
methodische Fehler auf, die die gesamten Ergebnisse obsolet machen.
Für das Informations-Portal www.vegan.eu hat Dr. Guido F. Gebauer
die Studie im Original analysiert und kommt zu folgendem Ergebnis:
"Die Autoren haben Fleischverzicht gar nicht untersucht, sondern
sich ausschließlich auf eine nur sehr moderate Reduktion von Fleisch
um drei Mahlzeiten pro Woche konzentriert. Damit haben die Autoren
ihre Studie von vornherein so angelegt, dass sie mögliche positive
Auswirkungen von Fleischreduktion unterschätzen mussten. Zudem ist
der Panel aus 14 Personen, die die Empfehlungen beschlossen haben,
gespalten gewesen. In den Medien wird leider nur die
Mehrheitsposition berichtet, obwohl eine Minderheit für
Fleischreduktion als Empfehlung abgestimmt hat. Ergebnis sind breit
publizierte, aber wissenschaftlich wie auch ethisch fragwürdige
Empfehlungen. Die Autoren können in Wirklichkeit Fleisch nicht
freisprechen, weil sie Fleischverzicht überhaupt nicht untersucht
haben".
Gebauer empfiehlt folgendes Gedankenexperiment zum Verständnis der
Kritik an der Studie:
"Nehmen wir an, es wird die Reduktion von Rauchen um 5 Zigaretten
pro Tag untersucht und nur ein moderater Effekt auf die Gesundheit
gefunden. Könnte dies eine Rechtfertigung sein, das Rauchen
freizusprechen? Natürlich nicht. Denn der Vergleichsmaßstab des
kompletten Rauchverzichts ist notwendig, um zu einer sinnvollen
Schlussfolgerung zu gelangen. Wie beim Rauchen so beim Fleisch, der
Ausschluss des kompletten Fleischverzichts aus den Kalkulationen
macht die Empfehlungen der Autoren wissenschaftlich unhaltbar".
Zusammengefasst sind dies die Hauptkritikpunkte an der Studie, die
im Artikel auf vegan.eu ausführlich begründet werden:
- die Wissenschaftler haben die Auswirkungen von Fleischverzicht
(vegetarisch) oder von Verzicht auf alle tierischen Lebensmittel
(vegan) nicht untersucht. Die Wissenschaftler haben sich
vielmehr ausschließlich auf eine Reduktion des Fleischkonsums um
drei Mahlzeiten pro Woche konzentriert. Stärkere Reduktionen
habe sie komplett aus ihren Berechnungen für ihre Empfehlungen
ausgeschlossen.
- eine substantielle Minderheit der Panel-Mitglieder von über 20 %
(3 von 14) empfiehlt dennoch Fleischreduktion. Dies wird einfach
in der Zusammenfassung des Artikels verschwiegen und die Gründe
für diese Minderheitenposition werden nicht dargelegt.
- die Autoren berufen sich zur Begründung ihrer selektiven
Auswertung auf laienpsychologische Annahmen, denen es an
wissenschaftlichem Fundament fehlt. Sie glauben, dass eine
stärkere Fleischreduktion unrealistisch sei, weshalb sie
Fleischverzicht gar nicht erst untersucht haben. Gerade bei
Gewohnheits- und Suchtverhalten kann der komplette Verzicht
jedoch leichter als die reine Reduktion. Denn die Reduktion
konfrontiert uns immer wieder mit den auslösenden Reizen, die
unseren Appetit auf den Konsum wieder wachrufen.
- die Autoren geben allgemeine Gesundheitsempfehlungen, obwohl sie
nur drei Zielkriterien untersuchten haben (Todesfälle durch
Herzkreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen sowie Auftreten
von Diabetes). Es gibt Studien zu vielen weiteren
gesundheitlichen Auswirkungen von Fleischkonsum, die die Autoren
ignorierten. Dies ist aber unzulässig, wenn allgemeine
Empfehlungen für die Gesundheit abgeleitet werden sollen. Selbst
wenn ein Faktor jeweils nur einen kleinen Einfluss auf eine
spezifische Erkrankung hat, dafür aber viele Erkrankungen
positiv beeinflusst, kann sich ein großer Gesamteffekt ergeben.
Indem die Autoren andere mögliche Auswirkungen aus ihren
Empfehlungen ausblenden, handeln sie selektiv und unterschätzen
die Auswirkungen von Fleischreduktion auf die Gesundheit.
- die Autoren zeigen letztlich, dass Fleischreduktion um drei
Mahlzeiten statistisch signifikant mit weniger Todesfällen
aufgrund von Herzerkrankungen und Krebserkrankungen und weniger
Diabetes-Erkrankungen einhergeht. Die Autoren diskutieren ihre
Ergebnisse danach aber weg, indem sie auf die nur geringe Stärke
der Zusammenhänge verweisen. Die Zusammenhänge sind aber deshalb
gering, weil nur eine moderate Fleischreduktion untersucht
wurde. Die Zusammenhänge wären viel stärker gewesen, wenn die
Autoren Fleischverzicht einbezogen hätten.
- die Autoren zweifeln die Ursächlichkeit der durch sie selbst
gefundenen positiven Effekte von moderater Fleischreduktion an,
weil Studien, die ganze Ernährungs-Muster untersuchten, stärkere
Effekte fänden als Studien, die sich isoliert auf
Fleischreduktion beziehen. Viele Diät-Schemata gehen mit einer
deutlichen Fleischreduktion einher und zusätzlich werden als
gesund geltende Lebensmittel präferiert (z. B. Olivenöl). Warum
sollte es da erstaunlich sein, dass solche komplexen Muster
stärkere Effekte erzielen als isolierte
Fleischreduktionsstudien?
- unter den 14 Panel-Mitgliedern gab es keine einzige vegetarisch
oder vegan lebende Person, obwohl unter
Ernährungswissenschaftlern Vegetarismus häufig ist. Letztlich
hat eine Gruppe von 14 fleischessenden Personen entschieden,
dass echter Fleischverzicht unrealistisch sei und man ihn daher
gar nicht erst untersuchen müsse. Trotzdem stellten diese
Personen in den reinen Daten fest, dass selbst eine moderate
Fleischreduktion statistisch mit signifikant positiven
Auswirkungen auf die Gesundheit verbunden ist. Im Anschluss hat
der Panel per Mehrheitsbeschluss beschlossen, dass dieser
positive Effekt irrelevant sei und jeder so weiter Fleisch essen
solle, wie er wolle. Derweil berichten Medien, dass der
Hauptautor der Studie vorher für die Lebensmittelindustrie tätig
gewesen sei, dies aber als Interessenskonflikt nicht benannt
habe.
Für Gebauer, der alle Studien zu Fleisch und veganer Lebensweise
liest, ist dies eine der schlechtesten und tendenziösesten
wissenschaftlich publizierten Studien, der er begegnet sei.
Bedenklich sei aber auch, wie einfach durch derartige einseitige
Studien Stimmungen für Fleischkonsum geschaffen werden könne. Dies
sei in Anbetracht der negativen Auswirkungen von Fleisch auf
Gesundheit, Klima und Tierwohl bedauerlich. Ein bisschen erinnere ihn
diese Studie an Wissenschaftler, die jahrzehntelang mit ähnlich
selektiven Betrachtungsweisen das Rauchen für unschädlich erklärt
hätten.
Vegan.eu veröffentlicht diese Analyse auch als Presseerklärung in
der Hoffnung, dadurch die Aufmerksamkeit von Journalisten auf die
tatsächlichen Studien-Inhalte und deren eigenständige Überprüfung
lenken zu können.
Dies geschieht, weil die bisherigen Medienberichte leider ein
hochgradig falsches Bild der Studie und ihrer Ergebnisse geliefert
haben und zu befürchten ist, dass das Klima und die betroffenen
Menschen gesundheitlichen Schaden erleiden könnten, wenn sie sich an
den publizierten Ergebnissen orientieren würden.
Die ausführliche Analyse mit Zahlenangaben kann hier bei vegan.eu
nachgelesen werden: http://ots.de/RBuJs6
Pressekontakt:
Dr. Guido F. Gebauer
Gleichklang limited
Marienstr. 38
30171 Hannover
Tel.: 0152 28973672
E-Mail: gebauer@gleichklang.de
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