Bei einer aufsuchenden Pflegeberatung kommen die compass-PflegeberaterInnen nach
Terminvereinbarung bundesweit zu privat Pflegeversicherten nach Hause, wenn sie
es wünschen oder benötigen. Im Rahmen dieser Termine nehmen sich die KollegInnen
ausreichend Zeit, gemeinsam mit den Ratsuchenden eine Pflegesituation zu
organisieren, sie auf die Pflegesituation vorzubereiten oder sich ganz allgemein
in der Pflegelandschaft zu orientieren.
In fast allen Fällen funktioniert das reibungslos und unkompliziert, denn
compass-MitarbeiterInnen sind qualifizierte PartnerInnen vor Ort und sehr gut
mit der Versorgungsstruktur in ihrer jeweiligen Region vertraut. Zum täglichen
Beratungseinsatz gehört für die BeraterInnen aber nicht nur die genaue Kenntnis
aller pflegerelevanten Inhalte und gesetzlichen Vorgaben, sondern auch die der
geographischen Gegebenheiten vor Ort; und manchmal auch die Bereitschaft,
außergewöhnliche Anfahrtswege zum Beratungseinsatz in Kauf zu nehmen.
"Achtung, wir wohnen sehr naturnah!"
Die meisten compass-KlientInnen wohnen an gut erreichbaren Orten, angebunden an
das Straßenverkehrsnetz oder den öffentlichen Personennahverkehr. Alles normal,
reine Routine, egal ob KlientInnen in der Stadt oder in ländlichen Strukturen
wohnen. Aber was passiert, wenn die Ratsuchenden an schwer zu erreichenden Orten
siedeln? "Dann müssen auch mal die Wanderstiefel geschnürt werden", weiß Tina
Orth, Pflegeberaterin im Landkreis Rosenheim. Sie arbeitet seit knapp fünf
Jahren bei compass und kennt im bayerischen Alpenvorland auch Beratungseinsätze
auf Almen und Einsiedlerhöfen.
"Ich erinnere mich an eine besonders abenteuerliche Situation. Die
Wegbeschreibung wurde vom Klienten schon in unserem telefonischen Vorgespräch
als ziemlich schwierig und ''naturnah'' beschrieben. Daher konnte ich mir auf der
Anfahrt schon früh nicht mehr sicher sein, mich noch auf dem richtigen Weg zu
befinden. Die Unterstützung meines Navigationsgerätes hatte mich, als der
schmale Feldweg plötzlich vor einem großen Holzhaufen im Nichts endete, schon
längst verlassen. Da stand ich nun mit meinem Auto und kam nicht mehr weiter.
Ich habe dann kurzentschlossen die Wanderschuhe aus dem Kofferraum geholt, den
Dienstwagen stehen gelassen und mich zu Fuß auf den Weg gemacht, um die nächste
Anhöhe zu erklimmen. Von dort habe ich dann in der Ferne auch die Alm erblicken
können, zu der ich schlussendlich musste", erzählt Tina Orth mit einem
Schmunzeln.
Es gibt immer einen Plan B
Solche Beratungseinsätze sind zwar nicht die Regel, können aber vorkommen, denn
der gesetzliche Anspruch auf eine kostenfreie und neutrale Pflegeberatung des
Versicherten muss auch gewahrt bleiben, wenn der Ratsuchende nur unter
schwierigen Bedingungen und außergewöhnlichem Aufwand erreichbar ist. Der
nächste Beratungstermin auf der Alm wurde dann sicherheitshalber nach Absprache
mit der zuständigen Pflegeversicherung ins Frühjahr verschoben, da Tina Orth
über den Winter keine Chance gehabt hätte, den Klienten für seinen Folgetermin
persönlich vor Ort zu erreichen. In der Zwischenzeit stand sie dem Klienten aber
zumindest telefonisch zur Seite.
Natürlich kennt man am Fuß der Alpen nicht nur schwierige Wegstrecken, in den
Wintermonaten können auch die Witterungsverhältnisse die Anfahrt zu den
KlientInnen erschweren, gerade in den höheren Lagen. "Schnee und Eis sind dann
oft meine ständigen Begleiter", sagt Tina Orth. "Die Anfahrt zum
Beratungsgespräch kann schon mal schwierig werden, aber auch für diese Fälle
gibt es immer einen Plan B. Wenn wir gebraucht werden, dann machen wir die
Beratung möglich, allerdings ohne dabei ein Risiko einzugehen. Schnee- und
wetterfeste Kleidung gehören aber, wenn es sein muss, zu meiner Grundausstattung
dazu."
Arbeiten wo andere Urlaub machen Wetterkapriolen kennt auch Andrea Mattheeßen,
seit über zwei Jahren bei compass und als Pflegeberaterin im Raum Wilhelmshaven
und der rechten Hälfte der Ostfriesischen Inseln im Einsatz. "Das Klima bei uns
kann schon sehr rau sein und das wirkt sich auch auf die Planung meiner
Beratungen aus. Vor allen Dingen, wenn es um meine Besuche auf den Inseln geht",
so Andrea Mattheeßen. Die Wetterumstände sind immer ein Faktor auf den natürlich
kein Einfluss genommen werden kann. Bestenfalls gilt es, sich mit Sturm und
Regen zu arrangieren oder den Ausfall oder die Neuplanung einer Reise in Kauf zu
nehmen. "Normalerweise geht es aber gut und wenn ich schon mal da bin, versuche
ich immer auch den Beratungsbedarf anderer KlientInnen gleich mitzudenken und zu
koordinieren, d.h. ich informiere sie rechtzeitig vorab über eine
Beratungsmöglichkeit zum gegebenen Zeitpunkt, denn die Anreise mit dem Flieger
oder der Fähre ist insgesamt schon sehr zeit- und kostenaufwendig."
Ca. 30 Minuten Anfahrtszeit braucht Andrea Mattheeßen zum Flugplatz in Harle.
Von dort bricht sie regelmäßig mit einem kleinmotorigen "Achtsitzer" nach
Spiekeroog und Wangerooge auf. Nach Langeroog nimmt sie den Weg übers Wasser
auch mit der Fähre. Für die Inseln Borkum, Juist, Norderney und Baltrum
handhaben die KollegInnen es ebenso. Vierteljährlich absolviert Mattheeßen auf
den Eilanden sogenannte "37.3 - Beratungen", benannt nach dem Paragraphen im
elften Sozialgesetzbuch. Er regelt die turnusmäßigen Qualitätssicherungsbesuche
für Pflegegeldempfänger. Dazu kommen noch die regulären Termine nach § 7a des
SGB XI, also die individuellen Pflegeberatungen, die compass im Auftrag der
privaten Pflegeversicherung bei KlientInnen vor Ort auf deren Wunsch hin
erfüllt.
"Man ist fremdbestimmt, anders als mit dem Auto"
Die Anreise von Flughafen zu Flughafen ist hauptsächlich dem Zeitmanagement der
PflegeberaterInnen geschuldet, denn Juist z.B. ist nicht nur auto-, sondern
gänzlich Kfz-frei. Nach der Landung auf dem Flugfeld oder der Ankunft im
Gemeindehafen der Insel kommt Mann oder Frau nur zu Fuß, mit dem Fahrrad oder
dem Pferdefuhrwerk weiter zum gewünschten Ziel. "Man ist in seinen Planungen
schon sehr fremdbestimmt, anders als ich das mit meinem Auto auf dem Festland
bin, dafür erfährt man andererseits auch eine ganz besondere Wertschätzung durch
die KlientInnen, wenn man sich mit Navi und Wind- und Wetterbekleidung zu Fuß
auf den Weg zu Ihnen macht", sagt Andrea Mattheeßen.
Eine Erfahrung, die auch Gudrun Klüß zu teilen weiß. Sie betreut seit über drei
Jahren für compass KlientInnen in der Region Lübecker Bucht, vom Timmendorfer
Strand über Plön in der Holsteinischen Schweiz bis hinauf nach Heiligenhafen,
einschließlich der Insel Fehmarn. Man müsse für den Job in dieser Region schon
eine gewisse Flexibilität mitbringen, sagt sie, denn Insulaner seien es gewohnt,
ihr Leben an die Witterungsumstände und die Gezeiten anzupassen. Auch wenn man
die Fehmaraner auf der drittgrößten Insel Deutschlands recht komfortabel über
die Fehmarnsundbrücke erreichen kann, die Bewohner also mit dem Festland
verbunden sind, ticken die Uhren dort trotzdem immer noch ein bisschen anders
als anderswo. "Insulaner sind ein anderer Menschenschlag, das kann man schon so
sagen, aber das mag ich auch ganz besonders an meiner Arbeit."
Plattdeutsch sollte man verstehen und sprechen können
Als Kind habe sie gemeinsam mit ihren Eltern oft ihre Ferien auf Fehmarn
verbracht und noch immer verspüre sie beim Überqueren der Brücke regelmäßig eine
positive Stimmung, eine schöne Kindheitserinnerung verbunden mit einem Schuss
Urlaubsgefühl. "Ich arbeite in der schönsten Region Deutschlands", sagt Gudrun
Klüß augenzwinkernd, "und das gebe ich auch nicht auf. Es gibt doch gar nichts
Besseres!". Arbeiten wo andere Urlaub machen, das muss nicht unbedingt schlecht
sein. Man kann das, genau wie Gudrun Klüß, sehr positiv sehen.
Auch in einem weiteren Aspekt sind sich Mattheeßen und Klüß einig: man müsse
Plattdeutsch zumindest verstehen, besser noch sprechen können. So
unterschiedlich die Regionen Deutschlands auch sind, so einheitlicher gilt,
vielerorts wird regionale Mundart nicht nur gesprochen, sondern auch gepflegt;
gerade im tiefen Süden und im hohen Norden der Republik. Wer als PflegeberaterIn
Kontakt zu Ratsuchenden hat, deren Bedürfnisse, Sorgen und Nöte verstehen und
ernst nehmen will, der tut gut daran, sich mit Menschen in ihrer eigenen Sprache
zu verstehen und sich mit ihnen unterhalten zu können. Psychosoziale Entlastung
funktioniert hauptsächlich über Sprache. Nicht nur an den schönsten und
außergewöhnlichsten Orten, sondern überall in Deutschland. Stellvertretend für
diese wichtige Arbeit aller compass-PflegeberaterInnen stehen Tina Orth, Andrea
Mattheeßen und Gudrun Klüß.
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Thomas Gmeinder
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