Das wissenschaftliche Team des NUST
MISISIS Laboratory of Biomedical Nanomaterials hat eine intravitale
Studie (Studie am lebenden Gewebe) über den Mechanismus der gezielten
Wirkstoffabgabe an bösartige Tumore unter Verwendung von Liposomen
durchgeführt. Es stellte sich heraus, dass die Immunzellen der
Neutrophilen des menschlichen Körpers die Effizienz der
Wirkstoffabgabe an den Tumor um 30 % erhöhen. Die Ergebnisse wurden
in der internationalen Fachzeitschrift ACS NANO
(https://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/acsnano.9b03848)
veröffentlicht.
Liposomen - künstlich erzeugte Fettblasen - dringen durch den
sogenannten Enhanced Permeability and Retention (EPR)-Effekt in den
Tumor ein.
Der EPR-Effekt tritt aufgrund der übermäßigen Vermehrung von
Blutgefäßen auf, die durch den abnormen Bedarf des Tumors an
Sauerstoff und Nahrung verursacht wird. Mit dem pathologischen
Wachstum entstehen riesige Poren von bis zu 200 nm Durchmesser in den
Wänden der Blutgefäße. Außerdem bewirkt das Wachstum des Tumors eine
Kompression der Lymphgefäße und verhindert den normalen Abfluss von
interzellulärer Flüssigkeit. So dringen Liposomen in den Tumor ein
und können aufgrund einer gestörten Lymphdrainage nicht austreten.
Es wird angenommen, dass Liposomen aufgrund des EPR-Effekts nur in
den Tumor eindringen können, nicht aber in das gesunde Gewebe. Aber
ist dies so? Und was passiert im Inneren des Gefäßes?
Wissenschaftler des NUST MISISIS Laboratory of Biomedical
Nanomaterials beobachteten die Abgabe des Wirkstoffs an das Gewebe
gesunder Mäuse und an verschiedene Arten von bösartigen Tumoren:
Brustkrebs, Prostatakrebs und Melanom. Die Beobachtungen wurden mit
einem intravitalen Mikroskop durchgeführt, mit dem Prozesse direkt in
einem lebenden Organismus untersucht werden können.
"Die erste Schlussfolgerung, die wir als Ergebnis der Studie
erhalten haben, ist, dass es zwei Arten der Penetration von Liposomen
aus Blutgefäßen in Gewebe gibt, die in lebenden Geweben vorkommen.
Ein Mikroleckage ist eine kleine isolierte Ansammlung von Liposomen
um ein Gefäß herum. Dieser Prozess ist für die Behandlung von Tumoren
nutzlos, da er es dem Wirkstoff nicht erlaubt, die Tumorzellen zu
erreichen. Darüber hinaus wurden Mikroleckagen in gesunden Geweben
gefunden, was die Toxizität von liposombasierten Medikamenten
erklärt, die in einer modernen Klinik verwendet werden", sagt Viktor
Naumenko, Autor der Arbeit, Forscher am NUST MISISIS Laboratory of
Biomedical Nanomaterials.
Das zweite interessante Beobachtungsergebnis ist, dass
Neutrophile, eine Art weiße Blutkörperchen und körpereigene
Immunzellen, das Austreten in das Tumorgewebe fördert. Wenn
Neutrophile das Gefäß zusammen mit den Liposomen durch die "Ajar-Tür"
in der Gefäßwand verlassen, gelangen die Liposomen in den Tumor. Den
Ergebnissen des wissenschaftlichen Teams zufolge erhöhen Neutrophile
die Effizienz der Liposomen-Penetration in den Tumor um ein Drittel.
Diese Entdeckung ergibt ein klares Muster: Neutrophile erhöhen die
Gefäßdurchlässigkeit des Tumors für eine gezielte Verabreichung von
liposomalen Wirkstoffen und erhöhen damit die Heilungschancen. Dies
geschieht zudem nur im Fall einer Mikroleckage, einer großen diffusen
"Wolke" von Liposomen, die tief in den Tumor eindringt und so eine
gezielte Wirkstoffabgabe gewährleistet.
"Die Unterscheidung zwischen zwei Arten von Leckagen ist wichtig,
um den Mechanismus zu verstehen, wie liposombasierte Wirkstoffe
funktionieren. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Mikroleckagen nicht nur
nicht nur zur Abgabe von Wirkstoffen an Tumorzellen beitragen,
sondern auch für deren unerwünschte Anhäufung in gesundem Gewebe
verantwortlich sind. Der therapeutische Effekt wird durch Makrolecks
erreicht, und Neutrophile können helfen, ihn zu verstärken", betonte
Viktor Naumenko.
Das Team setzt derzeit Laborstudien fort, um die unerwünschten
Nebenwirkungen der Liposomentherapie zu reduzieren.
Quelle: https://en.misis.ru/university/news/science/2019-11/6416/
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