Scharf begrenzte, rötliche und leicht erhabene Flecken auf der Haut, bedeckt mit silberweißen Schuppen – typische Beschwerden bei Schuppenflechte, medizinisch Psoriasis genannt. Der Name Psoriasis stammt von dem griechischem Begriff psora ab, heißt übersetzt „Juckreiz“ und zeigt damit gleich ein weiteres Symptom.
Schuppenflechte quält Patienten gleich mehrfach: Nicht nur die Flecken und der Juckreiz belasten sie, sondern viele Patienten fühlen sich von der Gesellschaft stigmatisiert. Dabei ist Schuppenflechte überhaupt nicht ansteckend.
Bei Schuppenflechte funktioniert das körpereigene Abwehrsystem nicht mehr so wie es eigentlich soll: Statt Erreger von außen zu bekämpfen, richtet sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper. Die Immunzellen lösen nun eine Entzündung aus. Diese führt dazu, dass die Hautzellen schnell und unkontrolliert wachsen. Die Zellen der obersten Hautschicht wandern jetzt sechs bis sieben Mal schneller an die Oberfläche als bei gesunden Menschen. Die Oberhaut schafft es aber nicht, in derselben Geschwindigkeit alte Hautzellen abzustoßen. Ein schuppiger Ausschlag entsteht. Dr. John Ionescu, wissenschaftlicher Leiter der Spezialklinik Neukirchen, die sich auf die Behandlung von Hauterkrankungen spezialisiert hat: „Normalerweise erneuert sich die Oberhaut innerhalb von 28 Tagen. Bei einem Psoriasis-Schub dauert das nur drei bis sechs Tage.“
Die Ursachen der Psoriasis sind vielfältig. Neben einer genetischen Veranlagung spielen vor allem verschiedene Umweltfaktoren eine Rolle. Dazu zählen zum Beispiel Stress, Medikamente, Umweltgifte oder bestimmte Nahrungsmittel.
Die Krankheit bricht im Erwachsenenalter aus
Dr. Ionescu: „Schuppenflechte bricht meistens erst im Erwachsenenalter aus. Daran sieht man, dass die Umweltfaktoren wohl den größten Einfluss auf die Entstehung der Krankheit haben. Das Gute daran ist: Auf diese Faktoren haben wir auch Einfluss.“
Es reicht nicht aus, nur an den Symptomen herumzudoktern, betont Dr. Ionescu. Bei den bisher in Deutschland oft eingesetzten Therapien gegen Schuppenflechte ist das aber der Fall: „Die klassischen Behandlungen wie UV-Bestrahlungen, Cremes mit Cortison, Teer oder Vitamin D-Derivate lindern zwar die Entzündung, aber die Symptome kehren meistens schnell zurück.“ Medikamente wie Biologicals können in Einzelfällen hilfreich sein, aber die Nebenwirkungen sind oft heftig: Da die Mittel in das fehlgeleitete Immunsystem des Patienten eingreifen, sinkt die Zahl der weißen Blutkörperchen. Das Risiko für Infektionen steigt. Die Unzufriedenheit vieler Patienten ist daher groß: Experten gehen davon aus, dass 80 Prozent der Betroffenen nicht zufriedenstellend behandelt werden.
Das „Neukirchener Modell“: Alle Krankenkassen übernehmen die Kosten
„Nur mit einer ganzheitlichen Behandlung kann man Schuppenflechte langfristig in den Griff bekommen“, ist Dr. Ionescu überzeugt. Daher hat er das „Neukirchener Modell“ entwickelt. Dieses ist so erfolgreich, dass alle Krankenkassen die Kosten übernehmen. Die Idee hinter dem Modell: Es müssen genau die Umweltfaktoren, die die Krankheit aktivieren, aufgespürt werden. Im Anschluss geht es zum einen darum, diese aus dem Körper zu beseitigen. Zum anderen muss dafür gesorgt werden, dass in Zukunft genau diese auslösenden Faktoren vermieden werden.
Das ist leichter gesagt als getan. Denn es gibt Tausende von möglichen Umweltfaktoren. So wundert es nicht, dass allein die Diagnose in der Spezialklinik Neukirchen eine Woche in Anspruch nimmt. Zahlreiche klinische und spezielle biochemische, mikrobiologische, immunologische und umweltmedizinische Untersuchungen werden durchgeführt. Dafür werden Blut sowie eine Urin- und Darmfloraprobe im Labor analysiert. Außerdem werden Abstriche der Haut und Schleimhaut genommen. Dr. Ionescu: „Die Auslöser für psoriatische Schübe sind sehr unterschiedlich – daher ist eine individuelle Diagnose so wichtig. Es kann sich um Zusatzstoffe in Nahrungsmitteln handeln, Pestizide, Beta-Blocker, Interferon oder Kosmetikbestandteile. Auch neurohormonelle Störungen, Abweichungen im Fettstoffwechsel oder eine mangelnde antitoxische Funktion der Leber und des Blutes kommen infrage.“ Das hat die Klinik Neukirchen in mehreren Fachveröffentlichungen dokumentiert.
Die anschließenden Therapiemaßnahmen orientieren sich strikt an den individuellen Erkenntnissen, die im Diagnoseprogramm gewonnen wurden. Das „Neukirchener Modell“ betrachtet den Patienten dabei stets ganzheitlich. Experten verschiedener Fachrichtungen arbeiten zusammen und erstellen für jeden Patienten den individuell optimalen Therapieplan, der auch eine gewisse Lebensumstellung mit sich bringt.
Das Konzept beruht auf fünf Säulen:
1. Ernährungsumstellung. Erfahrungsgemäß müssen Patienten mit Schuppenflechte auf bestimmte Nahrungsmittel verzichten, da sie auf diese mit Intoleranz reagieren. Umgekehrt fehlen oft bestimmte Vitamine und Spurenelemente, die gezielt zugeführt werden sollten – auch in der Nachbehandlungsphase zuhause.
2. Sanierung der Haut. Es werden – je nach Hautzustand - zum Beispiel nasse und trockene Umschläge mit entzündungshemmenden oder antimikrobiellen Präparaten (z.B. Harnstoff, Zink, Antiseptika) durchgeführt.
3. Entgiftung. Relevante Schadstoffe wie Pestizide, Holzschutzmittel oder Schwermetalle werden ausgeleitet. Eine erhöhte Konzentration von krankheitsfördernden Stoffen im Blut (Zytokine) wird drastisch reduziert.
4. Regeneration einer gesunden Darmflora. Eine gesunde Darmflora und Darmfunktion werden wiederhergestellt. Hier kommen beispielsweise Probiotika und milchsäureproduzierende Bakterien zum Einsatz.
5. Psychologische Betreuung. Stress und berufliche oder persönliche Belastungen verschlimmern oft die Schuppenflechte. Daher werden auch Einzel- und Gruppengespräche angeboten. Entspannungsverfahren wie autogenes Training oder Yoga stehen ebenfalls auf dem Programm. Es ist wichtig, die Entspannungsübungen auch zuhause weiter durchzuführen.
Insgesamt dauert die Therapie drei bis vier Wochen und wird von allen Krankenkassen bezahlt. Über 80 Prozent der Patienten bleiben langfristig beschwerdefrei.