Der große Durchbruch ist bisher nicht in Sicht. Die zur Zeit verfügbaren Präparate können das Abnehmen zwar unterstützen, doch sie sind kein Ersatz für gesunde
Ernährung und Sport.
Keine echten Alternativen zu Reductil in Sicht
In der S3-Leitlinie zur „Prävention und Therapie der Adipositas“ wird nur eine Substanz empfohlen, und zwar Orlistat. Doch auch mit diesem Wirkstoff sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich: viel Bewegung, eine Umstellung der Ernährung und in manchen Fällen eine Verhaltenstherapie. Außerdem soll Orlistat in der Regel erst ab einem BMI von 30 zum Einsatz kommen.
Die gültige S3-Leitlinie stammt aus dem Jahr 2014. Seither wurden zwar weitere Wirkstoffe zugelassen, echte Alternativen zu Reductil sind aber nicht darunter.
In Deutschland zugelassene Wirkstoffe
Folgende Wirkstoffe waren mit Stand von 2016 in Deutschland zur Behandlung von Adipositas zugelassen (Auflistung nach Wirkstoff; Handelsnamen in Klammern):
Amfepramon (Regenon): Der Effekt von Amfepramon beruht auf der zentralen Hemmung des Appetits. Es eignet sich allerdings zum Missbrauch, da es aufputschend wirkt. 2001 wurde die Zulassung entzogen und ein Jahr später wieder erteilt.
Liraglutid (Saxenda): Liraglutid wurde zur Behandlung von Typ-2-Diabetes entwickelt und 2016 auch für die Behandlung von Übergewicht zugelassen.
Naltrexon mit Bupropion (Mysimba): Das 2018 zugelassene Präparat besteht aus zwei Wirkstoffen. Es hemmt den Appetit und wirkt außerdem auf das Belohnungssystem des Gehirns.
Orlistat (Xenical): Orlistat ist der einzige Wirkstoff, der in der aktuellen S3-Leitlinie zum Abnehmen empfohlen wird. Er hemmt die Aufnahme von Fett und reduziert so die Kalorienzufuhr.
In den USA zugelassene Wirkstoffe
Neben den in Deutschland erhältlichen Wirkstoffen gibt es in den USA Appetitzügler, die hierzulande keine Zulassung haben (Auflistung nach Wirkstoff; Handelsnamen in Klammern):
Lorcaserin (Belviq): Lorcaserin aktiviert bestimmte Serotoninrezeptoren, die den Appetit hemmen. Der Hersteller hatte bereits einen Antrag für die Zulassung in der EU gestellt, zog ihn aber wegen der drohenden Ablehnung wieder zurück.
Phentermin mit Topiramat (Qsymia): Phentermin, ein Amphetamin, und Topiramat , ein Antiepileptikum, hemmen in Kombination den Appetit und unterstützen dadurch das Abnehmen. Phentermin kann eine psychische Abhängigkeit hervorrufen. Die EU-Agentur für Arzneimittel (EMA) stuft das Risiko höher als den Nutzen ein.
Nicht mehr zugelassene Wirkstoffe (Auswahl)
Aminorex (Menocil): führt zu Lungenhochdruck und Herzversagen; noch nach dem Absetzen starben im Verlauf von 10 Jahren ca. 50 % der Patienten an Herzversagen.
Benfluorex (Mediator): das vor allem in Frankreich, Spanien und Italien bekannte Medikament führte in mindestens 1300 Fällen zu schweren Herzklappenfehlern mit Todesfolge. In Deutschland war es nie zugelassen.
Fenfluramin (Ponderax) bzw. Dexfenfluramin (Isomeride): beide Wirkstoffe bringen ein hohes Risiko für pulmonale Hypertonie mit sich.
Phentermin (Adipex): Phentermin kann eine psychische Abhängigkeit hervorrufen, macht also manche Patienten süchtig. In Deutschland ist es seit den 1970er Jahren nicht mehr zugelassen.
Phenylpropanolamin (Boxogetten): ein ehemals rezeptfreies Amphetamin, das mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle in Verbindung gebracht wird.
Rimonabant (Acomplia): 2006 zugelassen und 2008 wieder vom Markt genommen, weil es zu schweren Depressionen führt. Es wirkt über eine Hemmung von Rezeptoren des Typs CB1, die auf Cannabinoide ansprechen.
Sibutramin (Reductil): 1997 zugelassen, in den Medien teilweise als Wundermittel zum Abnehmen bejubelt; 2010 vom Markt genommen, weil es den Blutdruck erhöht und zu Herzrhythmusstörungen führt. In manchen Fällen sind die Patienten gestorben. Im Internet ist es noch vereinzelt erhältlich, teilweise auch undeklariert in rezeptfrei angebotenen Produkten.
Suche nach Alternativen zu Reductil geht weiter
Die Suche nach Alternativen zu Reductil geht weiter, doch eine Wunderpille zum Abnehmen ist bisher nicht in Sicht. Einiger Aufwand fließt in die Erforschung von Substanzen, die über Cannabinoid-Rezeptoren wirken. Einen ähnlichen Ansatz verfolgte man einst mit dem Wirkstoff Rimonabant, der schwere Depressionen auslöst. Dieses Problem will man lösen, indem man die neuen Medikamente an einen anderen Subtyp der Rezeptoren ansprechen lässt: CNR2 statt CNR1. Bei Mäusen scheint es gut zu wirken, Tests an Menschen stehen noch aus.
Ein weiterer Kandidat ist Semaglutid, das bereits für die Behandlung von Diabetes zugelassen ist. Der Wirkstoff verlangsamt unter anderem die Entleerung des Magens und führt so zu einer länger anhaltenden Sättigung. Erste Tests an Menschen, 2018 abgeschlossen, geben Grund zu leisem Optimismus, doch bis zur Zulassung ist es noch ein weiter Weg.
Ob und wann es auf diesem Gebiet zu einem großen Durchbruch kommt, ist nicht absehbar. Bis auf Weiteres können Medikamente nur als Unterstützung zum Einsatz kommen. Sie sind aber kein Ersatz für gesunde Ernährung und Sport.