Das hohe Niveau, auf dem der Bundestag über Organspenden
debattiert hat, entspricht dem hohen Anspruch, dem das Ergebnis gerecht werden
muss: juristisch und ethisch. Beide Gesetzentwürfe waren getragen von guten
Absichten. Die Gegner der "Widerspruchslösung" hatten allerdings nicht nur mehr
Stimmen, sondern auch die besseren Argumente. Abgesehen von unredlichen
Vergleichen mit Ländern, in denen auch Herz-, nicht nur Hirntoten Organe
entnommen werden, kamen ihre Kontrahenten auch im Bundestag in offenen Konflikt
mit Geist und Buchstaben des Grundgesetzes. Aus den grausamen Erfahrungen der
Jahre 1933 bis 1945 haben dessen Verfasser die Lehre gezogen, das Grundrecht auf
körperliche Unversehrtheit gleich in Artikel 2 niederzulegen. Eingriffe oder
auch nur Vorbehalte sind nicht statthaft, wenn es allein um Nützlichkeit geht -
und sei es bei der Organspende. So wünschenswert eine höhere Zahl freiwilliger
Spender ist, so zweifelhaft bleibt es, die Freiwilligkeit nur vorzutäuschen,
indem Schweigen als Zustimmung gewertet wird. Als ob man seinen Leib verteidigen
müsste. Zur Entscheidungsfreiheit gehört die Freiheit, sich nicht zu
entscheiden. Ein ausdrückliches Ja ist seit der Novellierung europäischen
Datenschutzrechts bei jeder Verarbeitung personenbezogener Daten nötig. Und das
soll für Organspenden nicht gelten? Auch nach dem (Hirn-)Tod behält der Mensch
seine Würde als Person und mutiert nicht zum Ersatzteillager, auf das andere
Anspruch und Zugriff haben. Der am Donnerstag beschlossene sanfte Druck auf
potenzielle Spender kann die gute Sache voranbringen. Ohne dass der Staat
übergriffig wird.
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