Die Mischung macht es: In Deutschland existieren gesetzliche
Krankenkassen, die geben zwar im Jahr je Versicherten mit über 4.000 EUR am
meisten für Leistungen aus - und dennoch erzielen sie Gewinne und horten damit
beachtliche Beträge auf ihren Konten. Weil ihre so genannten "Zuweisungen" aus
dem Gesundheitsfonds der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) noch höher sind.
Dazu zählten im Jahr 2018 die AOKen Sachsen-Anhalt und Nordost (zuständig für
Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern) sowie die Knappschaft (KBS), die
auch in Brandenburg und Sachsen gut vertreten ist. Aber auch die Dresdner AOK
PLUS (zuständig für Sachsen und Thüringen) erzielte einen Überschuß dank guter
Zuweisungen. Auch wenn diese und andere Kassen viele Alte und Kranke versichern,
es "rechnet" sich. Auf den Wohnort des Versicherten kommt es an und auf die
Erkrankung. Auf der anderen Seite existieren vor allem Betriebskrankenkassen,
deren Ausgaben- und Zuweisungshöhe weniger als die Hälfte der ostdeutschen
Kassen beträgt.
Das ergaben die Recherchen des führenden Berliner gesundheitspolitischen
Hintergrunddienstes "dfg - Dienst für Gesellschaftspolitik". Der "dfg" wertet
seit Jahren zusammen mit dem führenden gesundheitsökonomischen
Forschungsinstitut, der WIG2 GmbH in Leipzig, die veröffentlichten Bilanzen aus.
Sie fließen ein in das dfg-GKV-Bilanz-Ranking, dessen III. Teil am 23. Januar
2020 erschien.
Am 30. November 2019 existierten in Deutschland noch 109 Krankenkassen. Diese
mußten zu diesem Stichtag ihre Bilanzen 2018 im Bundesanzeiger veröffentlichen.
Einige Ergebnisse wie auch die entdeckten Unterschiede sind frappierend. Während
vor allem die so genannten "Versorgerkassen", die insbesondere viele Alte und
Kranke versichern, sowie die Ost-Kassen weiterhin hohe Leistungsausgaben
vorweisen, mußten so genannte "Wachstumskassen" auf Grund ihrer jüngeren und
gesunderen "Kunden" weitaus weniger aufwenden - die Differenz entspricht
teilweise mehr als der Hälfte der Summe je Versicherten. Mehr als 2.500 EUR
Differenz lagen 2018 zwischen der Kasse mit den niedrigsten und den höchsten
Leistungsausgaben - pro Kopf wohlgemerkt. Die Knappschaft (KBS) hielt ihre seit
2014 gehaltene Spitzenposition als "teuerste" Körperschaft. Sie führt dieses
Ranking für 2018 mit 4.333,90 EUR je Versicherten an, während die mittlerweile
in der mhplus BKK aufgegangene Metzinger BKK mit 1.728,33 EUR im Jahr 2018 am
wenigsten für ihre Versicherten aufbringen mußte. Gebracht hat es ihr
letztendlich wenig, daß sie in fünf Jahren keinerlei Zuwächse bei den Ausgaben
auswies - die schwäbische Kasse ist vom "Markt". Bei den Kassen mit den höchsten
Ausgaben finden sich vor allem jene mit Sitz innerhalb der "neuen Bundesländer":
Die AOK Nordost und die AOK Sachsen-Anhalt gaben 4.016,71 EUR respektive
3.887,68 EUR pro Kopf aus und vervollständigen damit die TOP 3 des
Ausgaben-Rankings. Deutlich preiswerter kommen hierbei einige schnell wachsende
Betriebskassen weg. Nicht nur die schwäbische Metzinger BKK bildete das
Schlußlicht des "Ausgaben-Rankings", sondern auch andere Betriebskassen wie die
Debeka BKK (1.776,22 EUR) und die EY BKK (1.807,56 EUR). Die Kluft zwischen den
kassenindividuellen Leistungsausgaben wird so besonders deutlich: Mehr als
doppelt so hohe Ausgaben liegen zwischen den preiswertesten und den
ausgabestärksten gesetzlichen Krankenkassen.
Schaut man sich die jeweiligen TOP 10-Listen bei den "Leistungsausgaben" an, so
fällt auf, daß nicht nur im Jahr 2018 traditionelle wie regional verankerte
BKKen "bluten" mußten, sondern auch im Fünf-Jahres-Vergleich. Ausgabenzuwächse
von 20 Prozent oder gar über 35 Prozent in nur fünf Jahren, das muß an die
jeweilige finanzielle Substanz gehen. Oder aber in der Erhöhung der
kassenindividuellen Zusatzbeiträge landen. Was letztendlich in einem absehbaren
Exodus guter Risiken endet und damit die finanziellen Trudelkreise noch enger
werden läßt. Kein Wunder, wenn man so manchen Fusionskandidaten innerhalb der
GKV in diesen Listen entdeckt bzw. mit der DAK-Gesundheit eine Ersatzkasse, für
die u.a. der Ersatzkassenverband vdek gerade eben eine Aktion von finanziellen
Hilfen kreierte.
Daß sich in dem vollständigen dfg-GKV-Bilanz-Ranking nach "Zuweisungen" unter
den TOP 25-Kassen mit den höchsten Geldzahlungen aus dem Gesundheitsfonds
insgesamt neun von elf Ortskrankenkassen finden, dürfte das so genannte "grüne
Lager" erfreuen - weniger jedoch die Wettbewerber aus den anderen Kassenarten.
"Zuweisungs-Queen" ist die KBS, gefolgt von den AOKen Nordost und
Sachsen-Anhalt. Die AOK PLUS findet man auf Rang 9. Was mit Blick auf das
jüngste dfg-GKV-Vermögen und Rücklagen-Ranking (Teil II der Serie, erschienen am
17. Januar 2020) leicht zu der These verleitet, daß man im Osten auch mit Alten
und Kranken reich werden kann. Denn in der TOP 25-Liste mit den höchsten
Zuweisungsbeträgen je Versicherten 2018 findet man vornehmlich so genannte
"Versorgerkassen" sowie so manches finanzielle Sorgenkind einer Kassenart.
Vornehmlich Wachstumskassen - außer die BIG direkt gesund alles BKKen - zieren
hingegen das untere Ende des Rankings.
Der Teil III des dfg-GKV-Bilanz-Rankings kann von interessierten Redaktionen und
Journalisten bei der dfg-Redaktion angefordert werden. Es beinhaltet im
Kommentar-Teil auch die TOP 10-Winner/Loser-Listen.
Der gesundheitspolitische Hintergrunddienst "dfg - Dienst für
Gesellschaftspolitik" erscheint seit 1962 wöchentlich und wird von der Berliner
MC.B Verlag GmbH herausgegeben (www.mcb-verlag.de). Er ist bekannt geworden
durch seine investigativen Hintergrundberichte und seit 2004 für seine
dfg-Rankings der Mitglieder und Versicherten aller deutschen Krankenkassen (GKV)
und privaten Krankenversicherungsunternehmen (PKV). Die GKV-Rankings erscheinen
vierteljährlich, das PKV-Ranking jährlich. Das erste dfg-GKV-Bilanz-Ranking
erschien 2014.
Die WIG2 GmbH ist ein unabhängiges und wissenschaftliches Forschungsinstitut mit
Spezialisierung auf Gesundheitsökonomie und datenbasierte Analytik. Mit dem
Ziel, Transparenz bei der Ausgestaltung und Finanzierung des Gesundheitssystems
zu schaffen, forschen die wissenschaftlichen Mitarbeiter in Leipzig und Berlin
zu gesundheitsökonomischen und versorgungstechnischen Fragestellungen, beraten
Akteure der Gesundheitswirtschaft und führen Fachveranstaltungen durch.
Kontakte für weitere Informationen:
Chefredakteur Wolfgang G. Lange
Redaktion "dfg - Dienst für Gesellschaftspolitik"
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Mail: Lange@mcb-verlag.de
Martin Blaschka, Leiter Institutskommunikation
WIG2 GmbH
Markt 8
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0173 - 411 500 8
Mail: Martin.Blaschka@wig2.de
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