Nach dem langen Winter steigt die Sehnsucht nach Frischluft. Im warmen Schieferklima locken in Deutschlands Westen besonders attraktive Steige die Wanderer. Zwischen Flüssen und Felsen, Wiesen und Wäldern winden sich teils abenteuerliche wie malerische Pfade durch die Naturlandschaft. Vier Tipps von Wander-Experten für die schönsten Frühlings-Touren.
Fast schon ein Klassiker, aber immer wieder schön: Der Rheinsteig gilt als Pionierpfad für den neuen Wandergenuss. Dabei geht es immer wieder Auf und Nieder: Über 320 Kilometer schlängelt sich Deutschlands Wanderweg des Jahres von Bonn nach Wiesbaden. Der Rheinsteig eignet sich ideal für ausgesuchte Tagesetappen, da Start- und Zielorte in der Saison gut an Bus, Bahn und Schiff angebunden sind. Eine der prachtvollsten Etappen im Frühling führt über 16,3 Kilometer von Rheinbrohl in das Neuwieder Becken. Gleich zu Beginn der Etappe streifen Wanderer auf der Rheinbrohler Ley im mediterranen Schieferklima durch "einen der artenreichsten Blumengärten im Rheintal mit einer faszinierenden Tierwelt", verrät Diplom-Biologe Jörg Hilgers in seinem Führer "Naturtouren Rheinsteig". Die Etappe - vorbei an der Burgruine Hammerstein (die im 12. Jahrhundert die Reichinsignien beherbergte) - bietet zahlreiche botanische wie landschaftliche Höhepunkte: Von der Edmundhütte hoch über dem Winzerdorf Leutesdorf lässt sich alle eineinhalb Stunden der größte Kaltwassergeysir der Welt beim 60-Meter-Sprung beobachten, im Naturschutzgebiet Langenbergskopf blühen auf dem mageren und sauren Grund Orchideen, Lilien und Kartäuser-Nelken - und seltene Schmetterlinge ziehen ihre Kreise über üppige Blumenwiesen.
Frühlingsboten der Natur pur - und dazu Fern-Sehen vom Feinsten erleben Wanderer auf dem Eifelsteig, der vor den Toren Aachens beginnt und in der Römerstadt Trier endet. Auf 330 Kilometern erwarten Naturfreunde spektakuläre Ausblicke, herrliche Passagen durch malerische Bachtäler und aufregende Aufstiege. Wenn sich die ersten Narzissen durch die letzten Schneereste recken, beginnt eine der schönsten Wanderzeiten durch das Hohe Venn. Von Roettgen nach Monschau führt eine 19,5 Kilometer lange Etappe über schmale Pfade und Bohlenwege durch das Hochmoor - und zwei Länder: Weite Teile des Naturschutzgebietes liegen in Belgien. Von einem Grenzgang bekommen Wanderer allerdings nicht viel mit. Dafür umso mehr von einer fast märchenhaft-anmutenden Natur-Gartenlandschaft: "Dicke Sternmoospolster verleihen dem Boden sattgrüne Tupfer, überall gluckert und plätschert Wasser", schwärmt Ulrike Poller in ihrem Eifelsteig-Begleitbuch "Wandertouren Eifelsteig" - und empfiehlt besonders im Frühjahr einen Abstecher zur "Narzissen-Route", die auf einem wildromantischen Pfad durch das Perlenbachtal führt. Tausende Wildnarzissen verwandeln im April die Fläche in einen goldgelben Blütenteppich.
Der jüngste unter den Premium-Steigen ist der Saar-Hunsrück-Steig. "Und der wird leider noch etwas verkannt", sagt Wander-Experte Wolfgang Todt: "Natur, Erlebnis und Genuss lassen sich dort perfekt verbinden." Wer Waldpassagen und den Duft frischer Tannen liebt, sich gerne an Felsgraten über Saar und Ruwer entlang windet und geologische Kostbarkeiten am Wegesrand entdecken möchte, der findet auf 13 Tagesetappen Wanderspaß auf hohem Niveau. Auch die 180 Kilometer lange Strecke zwischen Idar-Oberstein, Mettlach und Trier darf sich mit dem Titel "Deutschlands schönster Wanderweg" in der Kategorie Fernwege schmücken. Eine Königsetappe für Naturfreunde ist das 19,3 Kilometer lange Teilstück vom Grimburgerhof nach Weiskirchen. "Die Strecke besticht durch eine wahre Sinfonie der Sinne - der Hochwald rauscht, die Vögel zwitschern, die Bäche murmeln sanft und dicke Moospolster und dunkelgrüne Farnflächen sorgen für eine fast märchenhafte Umgebung" gerät Todt in seinem Pocket-Führer "Schöneres Wandern - Saar-Hunsrück-Steig" ins Schwärmen. Gemeinsam mit dem ebenfalls neuen Soowaldsteig schafft der Saar-Hunsrück-Steig für Streckenwanderer eine Verbindung zwischen Rhein- und Eifelsteig.
Wasser, Wiesen, Wälder, Weitblicke - vier "W" charakterisieren den Westerwaldsteig. 235 Kilometer verbinden auf dem Weg vom Rhein in den Hohen Westerwald Kultur und Natur. Wo die Römer damit begannen, ihr Reich durch den Limes abzugrenzen, startet am Erlebniszentrum Römerwelt zwischen Bad Hönningen und Rheinbrohl die Zeit- und Wanderreise durch lauschige Buchen- und duftende Tannenwälder, üppige Blumenwiesen und schmale Bachtäler bis ins hessische Herborn. "Im Frühling gehört der Romantik-Abschnitt zwischen dem Westerwalddorf Limbach und Kloster Marienthal zu meiner absoluten Lieblingstour", verrät Westerwaldsteig-Experte Olaf Goebel, der zwei Bücher (für Touren in beide Laufrichtungen) zum Steig veröffentlicht hat. Im verschlungenen Tal gurgelt die Nister, ein schmaler Pfad schlängelt sich zum "Ende der Welt" und steile Stiegen führen in eine geheimnisvolle Kapelle im Schiefer: Nach rund 20 Kilometern auf historischen Pilgerpfaden des Marienthaler Kreuzweges endet die Tagesetappe an der Wallfahrtsstätte, die im 15. Jahrhundert durch fast 100 Wunderheilungen bekannt wurde. Goebels Tipp: "Wer den Westerwaldsteig schon kennt, hat mit dem neuen Wiedweg jetzt eine weitere Alternative, dem Frühling links und rechts der Wied auf die Spur zu kommen." Die Strecke von Linden bis Neuwied ist bis zum Start der Wandersaison ebenfalls komplett mit einem grünen "W" auf weißem Grund beschildert.
Buchtipps: Natur-Touren Rheinsteig, 14,95 Euro. Wander-Touren Eifelsteig, 12,95 Euro. Schöneres Wandern: Saar-Hunsrück-Steig, 10,95 Euro. Buch-Set: Deutschlands schönste Wandersteige (Eifelsteig, Rheinsteig, Westerwaldsteig - drei Bücher mit Faltkarten), 29,95 Euro (www.ideemedishop.de).