Durch das Profil Institut für Stoffwechselforschung in Neuss kann Nordrhein-Westfalen seinen Status als bedeutender Wissenschaftsstandort der Europäischen Union weiter ausbauen. Profil koordiniert seit dem 12. März das wissenschaftliche Projekt "AP@Home", das mit 10,5 Millionen Euro von der EU gefördert wird. Es hat die Entwicklung einer künstlichen Bauchspeicheldrüse zum Ziel und kommt daher vor allem Diabetikern zu Gute, die aufgrund ihrer Erkrankung derzeit mehrmals täglich Insulin spritzen müssen. Professor Dr. Lutz Heinemann, Mit-Gründer des Profil Instituts, wird das Projekt auf internationalen wissenschaftlichen Veranstaltungen repräsentieren. Neben Profil sind vier weitere europäische Unternehmen und sieben renommierte Universitäten an "AP@Home" beteiligt. "Dass wir dieses Projekt koordinieren dürfen, ist eine große Ehre für uns und belegt den ausgezeichneten Ruf unseres Institutes, den vor allem die Firmengründer Professor Dr. Heinemann und Dr. Heise über Jahrzehnte in der Diabetesforschung aufgebaut haben", freut sich Dr. Bernd Kuglin, der das Profil Institut zusammen mit Dr. Tim Heise leitet.
Ein Meilenstein in der Diabetesbehandlung
Trotz langjähriger Forschung vieler unterschiedlicher Universitäten und Forschungseinrichtungen konnte bislang noch keine einsetzbare künstliche Bauchspeicheldrüse entwickelt werden. Dabei könnte eine solche Innovation die Lebensqualität vieler Diabetiker deutlich verbessern. Momentan müssen Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mehrfach täglich das Stoffwechselhormon unter die Haut spritzen und dabei die benötigte Dosis an ihren aktuellen Blutzuckerwert anpassen. Normalerweise regelt die Bauchspeicheldrüse den Blutzuckerspiegel und setzt Insulin in ausreichender Menge frei. Diese Funktion ist bei Diabetikern jedoch gestört, so dass sie je nach Verlauf der Krankheit dem Körper das Insulin selbst zuführen müssen. Die Schwierigkeit hierbei besteht darin, die benötigte Menge an Insulin abzuschätzen. Die unangenehme Blutentnahme durch einen Stich in den Finger ermöglicht zwar eine Messung des Blutzuckerspiegels, eine genaue Einschätzung der benötigten Insulinmenge ist allerdings dennoch schwierig und beruht meist auf der Erfahrung der Diabetiker. Wird dem Körper aber zu viel oder zu wenig Insulin verabreicht, kann dies schwerwiegende Folgen haben. Eine künstliche Bauchspeicheldrüse, die den aktuellen Zuckerwert bestimmt, den Insulinbedarf kalkuliert und dem Körper automatisch das benötigte Insulin zuführt, wäre demnach ein Meilenstein in der Behandlung des insulin-pflichtigen Diabetes.
Forschung für gesteigerte Lebensqualität
Im EU-Projekt "AP@Home" möchte das Profil Institut an der Entwicklung dieses Meilensteins mitarbeiten. Der Name des Projektes setzt sich aus den Bestandteilen "AP" für "artificial pancreas" (dt.: "künstliche Bauchspeicheldrüse") und "at home" (dt.: "zu Hause") zusammen. Denn im Rahmen des Projektes soll die Behandlung mit einer künstlichen Bauchspeicheldrüse nicht nur in klinischen Testreihen sondern auch unter Alltagsbedingungen (zu Hause) mit der bisher gängigen Insulintherapie verglichen werden. Zunächst möchten die Wissenschaftler jedoch bereits vorhandene Systeme, die fortlaufend den Blutzuckerspiegel messen, mit bereits bestehenden Insulinpumpen kombinieren. Dabei soll unter anderem die Genauigkeit der Sensoren verbessert und ein Alarm hinzugefügt werden, der den Diabetiker rechtzeitig vor einer drohenden Unterzuckerung warnt. Falls der Diabetiker z.B. im Schlaf nicht auf diesen Alarm reagiert, wird dieser Alarm über das Mobilfunknetz zusätzlich an eine vertraute Person (Ehepartner, Eltern, Kinder, ...) oder den betreuenden Arzt gesendet. Im zweiten Schritt soll ein kombiniertes Gerät entwickelt werden, das fortlaufend den Blutzuckerspiegel misst, daraus den Insulinbedarf ermittelt und schließlich den Körper über eine Insulinpumpe mit Insulin versorgt. Diabetespatienten müssten mit einem solchen Gerät also nicht mehr permanent selbst ihren Blutzuckerspiegel messen und an die Insulingabe denken. Ihr Leben würde dadurch einerseits sorgenfreier und andererseits bräuchten sie statt zwei Nadeln - einer für die Blutzuckermessung und einer zweiten für die Insulinspritze oder -pumpe - nur noch eine einzige zu setzen.
Von Neuss nach Europa
Eine künstliche Bauchspeicheldrüse könnte langfristig die Diabetesversorgung vereinfachen, die Lebensqualität der Patienten verbessern und Gesundheitskosten sowie schwerwiegende Kom-plikationen im Zusammenhang mit der Stoffwechselstörung verringern. Die Europäische Kommission möchte mit "AP@Home" und dem übergeordneten Rahmenprogramm Europa als Forschungs- und Wissenschaftsstandort weiter voranbringen und die Wettbewerbsfähigkeit im globalen Vergleich steigern. Das Neusser Profil Institut engagiert sich schon seit geraumer Zeit neben der Auftragsforschung auch im wissenschaftlichen Forschungsbereich. "Wir sind glücklich, diese wissenschaftlichen Forschungsaktivitäten nun durch öffentliche Projekte wie ?AP@Home" ausbauen zu können und sehen diese Möglichkeit als große Chance, die Diabetesforschung auch in diesem Bereich mit nach vorne zu bringen", so Dr. Kuglin.