Menschen mit depressiven Erkrankungen und leichten kognitiven Beeinträchtigungen (LKB) haben ein erhöhtes Risiko, eine Demenz vom Typ Alzheimer zu entwickeln. Laut einer Studie aus dem Jahr 2018 kann das Antidepressivum Citalopram den Übergang von einer LKB zur Demenz verzögern. Der Wirkstoff scheint im Gehirn die Bildung jener Ablagerungen zu hemmen, die als einer der Gründe für die Erkrankung gelten.
Schon lange weiß man, dass depressive Menschen ein höheres Risiko haben, im Alter an einer Demenz zu erkranken. Auch bei Menschen mit leichten kognitiven Störungen (LKB; engl.: MCI) ist das Risiko erhöht. Oft gehen diese Erkrankungen Hand in Hand. Mehrere langjährige Studien befassen sich mit der Frage, wie der Übergang von der LKB zur Demenz verläuft. Beim Vergleich der Daten von 755 Patienten stellte sich heraus, dass manche Medikamente einen großen Vorteil im Hinblick auf den Verlauf der Erkrankung bringen.
Bei Patienten, die an einer LKB leiden und in ihrer Vorgeschichte eine depressive Erkrankung aufweisen, lässt sich durch eine langfristige Einstellung auf Antidepressiva vom SSRI-Typ (wie z. B. Citalopram) der Übergang zur Demenz um etwa drei Jahre verzögern. Bei einem nur kurzfristigen Einsatz des Wirkstoffs bzw. bei Antidepressiva anderer Art (SNRI, DRI, MAO-Hemmer) zeigt sich dieser Effekt jedoch nicht.
Citalopram ist in der Lage, bei dementen Personen die Neigung zu aggressivem Verhalten zu bessern (siehe u. a.: Citalopram bremst Alzheimer). Doch die Nebenwirkungen lassen den Nutzen des Medikamentes als zweifelhaft erscheinen. Setzt man den Wirkstoff aber ein, bevor die Demenz sich manifestiert, könnte er sehr günstige Effekte zeigen.
SSRIs wie Citalopram hemmen die Ablagerung von Amyloid im Gehirn. Diese „Plaques“ gelten als einer der Gründe für das Absterben der Nervenzellen. Außerdem fördert das Medikament die Ausschüttung von Substanzen, die das Gehirn vor Entzündungen und anderen negativen Einflüssen schützen.
Sollten sich die Ergebnisse in weiteren Studien reproduzieren lassen, hätte das enorme Auswirkungen auf die künftige Behandlung der Patienten, die zu einer der Risikogruppen gehören. Eine solche Therapie stünde auch nicht im Widerspruch zu den geltenden Leitlinien für depressive Erkrankungen. Wie die Erfahrung zeigt, kehrt eine depressive Störung nach dem Absetzen der Medikamente oft wieder zurück – manchmal schon nach kurzer Zeit, manchmal auch erst nach Jahren. Stellt man die Patienten langfristig auf ein SSRI wie Citalopram ein, könnte das ihre Lebensqualität also auch in diesem Bereich für viele Jahre stark verbessern.
Da die Alzheimer-Demenz bisher nicht heilbar ist, wäre ein Wirkstoff, der den Beginn der Erkrankung verzögert, ein großer Segen. Die Medikamente, die im weiteren Verlauf zum Einsatz kommen (Donepezil, Piracetam u. a.) zeigen nämlich nur einen geringen Nutzen und sind zudem wegen ihrer Nebenwirkungen umstritten.