Wer wird Verlierer im Machtkampf um die Gesundheitsreform sein, welcher Politiker wird gewinnen. Welche Lobbyisten finden gehör. Und nicht zuletzt, wie sehen die Konsequenzen für die Gesundheit oder den Geldbeutel der Deutschen aus. Ist es nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zur Kürzung von Gesundheitsleistungen? Eines steht für die FDP fest: Die sogenannte Kopfpauschale soll schrittweise eingeführt werden. Wir haben Expertenmeinungen zusammengetragen. Machen Sie sich Ihr eigenes Bild.
Gerechtigkeit und Effizienz der Kopfpauschale
Laut Jürgen Wasem, Professor für Medizinmanagement an der Universität Essen, sieht das Prämienmodell auf den ersten Blick gerechter aus als der derzeitige Gesundheitsfonds. Vor allem, wenn der Zuschuss für Geringverdiener aus dem Steuertopf von Besserverdienern finanziert wird. Praktisch aber entlastet er die Besserverdiener und belastet die Geringverdiener. "Es ist die Frage", so Wasem, "ob am Ende tatsächlich ein gerechteres System rauskommt". Jedenfalls hat die aktuelle Diskussion über die Gesundheitsprämie nichts mit Wirtschaftlichkeit und Effizienz zu tun. Diskutiert wird über die Einnahmenseite, nicht über Ausgaben.
Reform, Placebo oder Mogelpackung
Der Gesundheitsökonom Professor Karl Lauterbach, SPD und Mitglied des Bundestages, ist davon überzeugt, dass die Gesundheitsprämie ungerecht ist. So wie sie derzeit geplant ist, macht sie, laut Lauterbach, "50 Millionen Deutsche zu Bittsteller beim Staat". Zur Unterstützung der Gesundheitsreform wurde eine Regierungskommission ins Leben gerufen. Das Gremium sei, so Lauterbach, nur zur Einführung der Kopfpauschale, nicht für ein Konzept zur Kostensenkung, angetreten. Eine Lösung der Probleme, die als Grund für die Gesundheitsprämie aufgeführt werden, ist nicht in Sicht.
Krankenversicherungen sind gegen die Prämie
Vertreter gesetzlicher Krankenkassen (GKV) wie beispielsweise die Vorstandsvorsitzende des Marktführers Barmer GEK, Birgit Fischer, lehnen die Kopfpauschale ab. Die einkommensunabhängige Prämie sei, laut Fischer, so wie sie geplant ist, unbezahlbar und nicht gerecht. Sie ist um mindesten 20 Milliarden Euro teurer. Auch der Verband der privaten Krankenversicherungen (PKV) spricht sich dagegen aus. Er findet in dem Prämienmodell keine Lösung für das demografisch bedingte Kosten- und Ausgabenproblem der GKV. Außerdem entlastet die Prämie die Lohnnebenkosten nur bedingt. Zwar werden sie durch die niedrigeren Arbeitgeberanteile gesenkt, jedoch die allgemeinen Lohnkosten verteuern sich in dieser Höhe. Die Kalkulation stimmt, solange sich die Gewerkschaften ruhig verhalten. Steigen die Tariflöhne, steigt der Arbeitgeberanteil, trotz Fixierung, an. Sollten die Arbeitnehmervertreter die erhöhten Lohnkosten in ihren Tarifen nachfordern, wird an Mitarbeitern kein Cent eingespart.
Was ganz am Ende der schrittweisen Einführung in dem Paket Gesundheitsprämie steckt, bleibt abzuwarten. Würde jetzt schon mit offenen Karten gespielt, wäre weniger Platz für Ängste und Spekulationen. Vielleicht gäbe es sogar mehr Befürworter für das von Gesundheitsminister Philipp Rösler angestrebte System.