Im heute veröffentlichten BARMER-Zahnreport zur Zahngesundheit bei Kindern und Jugendlichen (12-Jährige) in Deutschland werden Abrechnungsdaten ausschließlich von BARMER-Versicherten genutzt. Dazu stellen Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) fest, dass diese Daten nur eingeschränkt für eine allgemeine oder gar bundesweit repräsentative Beurteilung verwendet werden können.
Die BARMER moniert einen deutlichen Unterschied (67 Prozent gegenüber 81 Prozent Kariesfreiheit bei 12-Jährigen) zu den bevölkerungsweiten und repräsentativen Studien des Instituts Deutscher Zahnärzte (IDZ) und der epidemiologischen Begleituntersuchung für Gruppenprophylaxe der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege (DAJ). Dies liegt naturgemäß in den unterschiedlichen Stichproben: bevölkerungsrepräsentativ versus ausschließlich BARMER-Versicherte.
Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstands der KZBV: "Gleich mehrere epidemiologische Großstudien kommen völlig unabhängig zu sehr ähnlichen Ergebnissen bei der Karies von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Wie ausgerechnet Abrechnungsdaten der BARMER für eine umschriebene Gruppe Versicherter den - vermeintlich wissenschaftlichen - Schluss zulassen, dass die Schätzung der Karieserfahrung aus diesen Routinedaten die Realität besser abbildet, als bevölkerungsrepräsentative Untersuchungen, bleibt indes schleierhaft."
Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der BZÄK: "Zudem werden unterschiedliche Erkrankungen erfasst. So wird bei den Untersuchungen von IDZ und DAJ zur Kariesverbreitung die Karieserfahrung gezählt, nicht jedoch andere Erkrankungen bzw. deren Versorgungen wie Zahnverletzungen, entwicklungsbedingte und erworbene Zahnhartsubstanzdefekte (z. B. Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation) noch Verfahren wie die erweiterte Fissurenversiegelung berücksichtigt. Die Kritik hinsichtlich der zahlenmäßig doch schlechteren Mundgesundheit der 12-Jährigen in Deutschland kann also so nicht bestätigt werden. Geteilt wird allerdings die Auffassung, dass die Präventionsbemühungen nicht nachlassen sollten."
Karies bleibt eine der weltweit häufigsten Erkrankungen und bedarf auch künftig intensiver Präventionsanstrengung. Um jedoch ein objektives Bild zu Erkrankungslasten in der Bevölkerung zu bekommen, bedarf es anerkannter Methoden der epidemiologischen Forschung. Punktuelle Versorgungsdaten bieten Hinweise, haben jedoch ihre Grenzen, die auch klar benannt werden sollten, so das einhellige Fazit von BZÄK und KZBV.
Eine wissenschaftliche Stellungnahme des IDZ zum BARMER-Zahnreport kann hier (ht tps://www.idz.institute/fileadmin/Content/Publikationen-PDF/IDZ-Stellungnahme_Za hnreport_2020.pdf) abgerufen werden.
Hintergrund - Die Mundgesundheit von Kindern und Jugendlichen
Seit Beginn der 90er Jahre erfassen das IDZ und die DAJ regelmäßig und repräsentativ die Kariesverbreitung in Deutschland, um insbesondere Schlussfolgerungen für die Prävention zu ziehen.
So sind die Maßnahmen der Individual- und Gruppenprophylaxe für Kinder und Jugendliche fester Bestandteil des Versorgungsgeschehens und haben erheblich zu einem deutlichen Kariesrückgang in Deutschland geführt.
Die Zahnheilkunde hat sich weg von der kurativen und hin zu einer präventiven Ausrichtung entwickelt. Frühzeitige und umfassende Prävention lohnt sich für den Lebensweg - das belegt die deutschlandweit repräsentative Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V). Demnach sind acht von zehn der 12-jährigen Kinder (81,3 Prozent) vollkommen kariesfrei. Die Zahl kariesfreier Gebisse hat sich von 1997 bis 2014 praktisch verdoppelt. International liegt Deutschland bei einem Vergleich der Karies bei Kindern in G7-Staten vorn und mit an der Weltspitze: Mit einem DMFT-Wert von 0,5 haben Kinder im Alter von 12 Jahren hierzulande eine deutlich geringere Karieserfahrung als Kinder in anderen Ländern (DMFT = International gebräuchlicher Index zur Feststellung von Karies): http://www.bzae k.de/fileadmin/PDFs/grafiken/karies/dmft_karies_internVergleich.jpg und https://www.kzbv.de/dms .
Diese Entwicklung verläuft über alle sozialen Schichten hinweg positiv. Auch Kinder mit relativ niedrigem Sozialstatus haben wesentlich gesündere Zähne als vor 20 Jahren. Dieser messbare Kariesrückgang ist nicht zuletzt auf regelmäßige, kontrollorientierte Besuche in Zahnarztpraxen und die dort häufig vorgenommene Versiegelung der Backenzähne zurückzuführen. 70,3 Prozent der 12-Jährigen sind mit Fissuren-Versiegelungen versorgt, ohne die Kinder eine dreifach höhere Karieserfahrung aufweisen.
Mit dem gemeinsamen Versorgungskonzept von BZÄK und KZBV "Frühkindliche Karies vermeiden" wurde zudem ein wichtiger Grundstein für den Gesetzgeber zur Verbesserung der Prävention bei frühkindlicher Karies gelegt. Nach mehrjährigem Einsatz der Zahnärzteschaft im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) hatte dieser das Konzept des Berufsstandes zur zahnmedizinischen Prävention bei Kleinkindern in den vergangenen Jahren weitgehend umgesetzt. So wurde etwa das Kinderuntersuchungsheft mit sechs Verweisen vom Arzt zum Zahnarzt für Kinder vom 6. bis zum 72. Lebensmonat ergänzt. Zudem wurde der GKV-Leistungskatalog durch drei zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen für gesetzlich krankenversicherte Kleinkinder bis zum vollendeten 33. Lebensmonat erweitert. Damit werden auch Kinder unter drei Jahren in das Präventionsangebot der Zahnärzteschaft einbezogen.
Ergänzende Informationen können auf den Websites von BZÄK (https://www.bzaek.de/praevention/kinder-und-jugendzahnmedizin.html) und KZBV (https://www.kzbv.de/gesunde-kinderzaehne.1299.de.html) abgerufen werden.
Pressekontakt:
KZBV: Kai FortelkaTel.: 030 280 179-27, E-Mail: presse@kzbv.de
BZÄK: Dipl.-Des. Jette Krämer Tel.: 030 40005-150, E-Mail: presse@bzaek.de
Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/30852/4608415
OTS: Bundeszahnärztekammer
Original-Content von: Bundeszahnärztekammer, übermittelt durch news aktuell