Deutschlands Ärzte schlagen Alarm: Noch immer bleiben coronabedingt Patienten den Praxen fern, die eigentlich medizinisch betreut werden müssten. Eine aktuelle Umfrage unter Haus- und Fachärzten zeigt: Fast drei Viertel der Mediziner kennen Patienten, die wichtige Kontrolluntersuchungen oder Behandlungen aufschieben, wodurch ihnen gesundheitliche Nachteile drohen könnten.
Der Ärztenachrichtendienst (änd.de) hatte vom 24. bis zum 26. Juni über 1.300 niedergelassene Ärzte aus dem gesamten Bundesgebiet zu den derzeitigen Auswirkungen der Corona-Krise befragt. Auf die Frage "Beobachten Sie, dass Patienten wichtige Kontrolluntersuchungen oder Behandlungen aufschieben, wodurch ihnen gesundheitliche Nachteile drohen könnten?" antworteten 71 Prozent aller befragten Ärzte mit "Ja - das ist leider der Fall. Ich kenne solche Patienten." Die Aufschlüsselung nach Fachgruppen zeigt bei den Hausärzten mit 81 Prozent ein noch drastischeres Ergebnis als bei den Fachärzten (67 Prozent).
Nur jeder dritte Arzt (33 %) gab an, dass die Zahl der Patienten in der eigenen Praxis inzwischen wieder den Vor-Corona-Wert erreicht habe. 41 Prozent erklärten, dass die Besuche immer noch "etwas niedriger" seien, 26 Prozent sehen dagegen "deutlich weniger" Patienten als vor der Corona-Zeit.
Ziemlich eindeutig die Lage beim Thema Mundschutz: Mehr als drei Viertel der Ärzte lassen derzeit keine Patienten ohne Mund-Nase-Bedeckung in ihre Praxis. 14 Prozent der Mediziner bitten ihre Patienten zwar darum - tolerieren aber, wenn sich einzelne Personen nicht an die Auflage halten. Nur 9 Prozent überlassen die Entscheidung komplett den Patienten.
Dass solche Schutzmaßnahmen schon bald der Vergangenheit angehören, glauben die Mediziner eher nicht. Das zeigen die Antworten auf die Frage nach der vermuteten Entwicklung der Neuinfektionszahlen: Eine deutliche Mehrheit der befragten Ärzte (67 Prozent) rechnet in diesem Jahr noch mit einem deutlichen Anstieg der Neuinfektionen. Lediglich 33 Prozent glauben nicht, dass sich die Lage in den nächsten Monaten wieder spürbar verschlechtern wird.
Auch eine Prognose zu den finanziellen Auswirkungen des coronabedingten Patientenrückgangs für die eigene Praxis mussten die Umfrageteilnehmer abgeben. Das Ergebnis: Nur 12 Prozent der Ärzte erwarten keine Veränderung bei den Finanzen. 26 Prozent befürchten dagegen deutliche Honorareinbußen, die zur Verschiebung von geplanten Investitionen oder sogar Personalabbau führen könnten. Die Mehrheit von 62 Prozent der Befragten erwartet dagegen zwar spürbare Verluste - die Auswirkungen auf die Praxen werden sich ihrer Einschätzung nach aber noch in Grenzen halten.
An der Online-Befragung beteiligten sich vom 24. bis zum 26. Juni 2020 insgesamt 483 Hausärzte und 880 niedergelassene Fachärzte. Der in Hamburg ansässige Ärztenachrichtendienst (änd.de) ist eine Verbindung aus berufsbezogenem Nachrichtendienst und aktiver Diskussionsplattform zum innerärztlichen Wissensaustausch, zu dem Mediziner mit Berufsnachweis Zugang haben. Rund 50.000 Ärzte sind derzeit Mitglied auf www.aend.de. (http://www.aend.de)
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