Mehr als 3.000 Mal wurde in 2019 "Ja" zur Gewebespende gesagt. Eine beträchtliche Steigerung hat die Spende und Vermittlung von kardiovaskulären Geweben (KVG) erfahren. Ein in 2018 initiiertes Spendeprogramm für Herzklappen und Blutgefäße nach dem Herz-Kreislauf-Tod zeigt damit erste Erfolge und ergänzt die Spende von kardiovaskulären Geweben im Rahmen von Organspenden.
3.007 Menschen bzw. deren Angehörige haben in 2019 einer Gewebespende zugestimmt. 2.764 Gewebespenden konnten schließlich im Netzwerk der gemeinnützigen Deutschen Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG) realisiert werden; das entspricht einem Anstieg um 1,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. "Wir sind sehr dankbar, dass Krankenhäuser zunehmend die Gewebespende und damit eine Versorgung der Patient*innen ermöglichen. Das ist sehr hervorzuheben, denn diese Unterstützung ist nicht selbstverständlich!", so Martin Börgel, Geschäftsführer der deutschlandweit tätigen Organisation mit Sitz in Hannover.
Bundesweit vermittelte die DGFG 5.827 Gewebetransplantate zur Transplantation. Jedes einzelne Transplantat bedeutet für Patient*innen die Chance auf einen Neuanfang: So können Hornhauttransplantate klare Sicht schenken, Herzklappen die Leistungsfähigkeit wiederherstellen und Gefäßtransplantate vor Amputationen bewahren.
Neues kardiovaskuläres Spendeprogramm zeigt Erfolge
171 Herzklappen und 115 Gefäße vermittelte die DGFG in 2019 zur Transplantation. Solche kardiovaskulären Gewebe stammen zum Großteil aus der Organspende. Weil diese seit Jahren auf niedrigem Niveau stagniert, ist auch die Spende von kardiovaskulären Geweben begrenzt. Dabei werden Schätzungen zufolge jährlich jeweils etwa 500 Herzklappen und Blutgefäße benötigt.
Entzündet sich eine künstliche Herzklappe- oder Gefäßprothese, kann die Transplantation von humanem Spendergewebe lebensnotwendig sein. Eine infizierte Prothese aus Kunststoff ist nicht einfach durch eine neue Kunststoffprothese ersetzbar. Doktor Torsten Morschheuser, Leiter der Herzklappenbank Kiel, prophezeit einen noch weiter steigenden Bedarf: "Auf Grund des massiven Einsatzes von Antibiotika wurden und werden Resistenzen geschaffen, die zukünftig einen deutlich höheren Bedarf an Gefäßtransplantaten erwarten lassen. In der Resistenzlage werden wir in Zugzwang kommen, Gefäßprothesen aus Kunststoff ersetzen zu müssen".
Die DGFG intensiviert daher Programme zur Spende von Herzklappen und Blutgefäßen bei Herz-Kreislauf-Verstorbenen (https://gewebenetzwerk.de/dr-romy-richter-kvg-g ewebespende-nach-herzkreislauftod/) . Der irreversible Hirnfunktionsausfall (Hirntod) spielt dabei keine Rolle; Herzklappen und Gefäße können noch bis zu 36 Stunden nach Todeseintritt entnommen werden.
Während in 2018 zehn solcher Spenden umgesetzt werden konnten, spendeten in 2019 bereits 31 Menschen nach dem Herzkreislauf-Tod kardiovaskuläre Gewebe. "Durch das über Jahre etablierte Netzwerk der DGFG gelingt es immer besser auch die komplexe Spende von Herzklappen und Gefäßen aufzubauen und Kliniken maximal zu entlasten. Maßgeblich ist unsere bundesweite Struktur, die überall eine Unterstützung und Entnahme sicher stellt", betont Börgel.
Vor-Ort-Präsenz weiter ausgebaut
Treibende Kraft für die Positiventwicklung der Gewebespende sind die Koordinator*innen in den Krankenhäusern. Sie unterstützen die Kliniken da, wo es nötig ist - vor Ort: beim Spenderscreening, dem Angehörigengespräch, der Gewebeentnahme sowie bei der Klärung von z. B. datenschutzrechtlichen Belangen. Insgesamt prüften die Koordinator*innen über 40.000 Meldungen potenzieller Spender*innen aus den Kliniken. In 7.598 Gesprächen klärten sie über die Möglichkeit der Gewebespende auf.
Von inzwischen 31 Standorten aus realisieren 47 Koordinator*innen die Gewebespende an über 100 Krankenhäusern deutschlandweit. Im offenen Netzwerk der DGFG kooperieren zahlreiche Universitätskliniken, kommunale und konfessionelle Krankenhäuser, aber auch große Klinikverbünde. 2019 kamen das Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, die Universitätsmedizin Göttingen, das Helios Klinikum Wuppertal und das Helios Hanseklinikum Stralsund als neue DGFG-Standorte hinzu. Seit Oktober 2019 ist die Hornhautbank des LMU-Klinikums ebenfalls Teil des DGFG-Netzwerks. 13 Gewebebanken im Netzwerk ermöglichen eine bestmögliche Versorgung von Patient*innen in ganz Deutschland.
Fast jede*r Verstorbene kann Gewebe spenden
Gewebe, die nach dem Tod gespendet werden können, sind neben Augenhornhäuten, Herzklappen und Blutgefäßen auch Knochen, Sehnen, Bänder und Haut. Aus der Lebend-Gewebespende kommt die Amnionmembran. Der Anteil an Organspender*innen, die Gewebe spenden, ist insgesamt sehr gering. Die Hirntoddiagnostik spielt bei der Gewebespende keine Rolle: 2.392 Gewebespender*innen und damit nahezu 90 Prozent sind 2019 an einem Herz-Kreislauf-Stillstand verstorben.
Die DGFG fördert seit 1997 die Gewebespende und -transplantation in Deutschland. Auf Basis des Gewebegesetzes von 2007 sind alle Tätigkeiten und Ablaufprozesse der Gewebespende gesetzlich geregelt. Für alle Gewebezubereitungen gilt das Handelsverbot. Die DGFG vermittelt ihre Transplantate über eine zentrale Vermittlungsstelle mit einer bundesweiten Warteliste. Jede medizinische Einrichtung in Deutschland kann Gewebe von der DGFG beziehen. Als unabhängige, gemeinnützige Gesellschaft wird die DGFG ausschließlich von öffentlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens getragen: Gesellschafter sind das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, das Universitätsklinikum Leipzig, die Medizinische Hochschule Hannover, die Universitätsmedizin Rostock sowie das Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum Neubrandenburg. Die DGFG ist in ihrer Aufbaustruktur, der Freiwilligkeit der Unterstützung durch die Netzwerkpartner*innen und ihrer Unabhängigkeit von privaten oder kommerziellen Interessen einzigartig in Deutschland.
Der ausführliche Jahresbericht 2019 steht hier zum Download (https://gewebenetzw erk.de/mehr-spenden-von-herzklappen-und-blutgefaessen-helfen-patientinnen) zur Verfügung.
Zahlen zur Gewebespende nach Region und Bundesland werden gerne auf Anfrage kurzfristig zur Verfügung gestellt.
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Julia-Maria Blesin
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