Starnberg, 16. September 2020 (ah) - Hier den Schlüssel verlegt, da den Geburtstag der Enkeltochter verschusselt und im Supermarkt die Milch an der Kasse liegen gelassen: Dass man im Alter etwas vergesslich wird, ist wohl ganz normal. Doch es gibt Formen des Vergessens, die alles andere als harmlos sind und eine anhaltende oder fortschreitende Beeinträchtigung des Gedächtnisses, des Denkens und anderer Hirnleistungen zur Folge haben. Der Begriff dafür lautet Altersdemenz und ihr Krankheitsbild ist so vielschichtig wie ihre Ursachen selbst. Neue Studien belegen nun den Zusammenhang zwischen Hörverlust und einer abnehmenden Gedächtnisleistung und unterstreichen einmal mehr, wie wichtig gutes Hören auch im Alter ist. Warum man Hörverlust frühzeitig erkennen sollte, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt und welchen Einfluss das Gehör auf die geistigen Fähigkeiten hat, dazu klären MED-EL, Branchenpionier auf dem Gebiet von Hörimplantaten, und Prof. Heidi Olze, Direktorin der Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde an der Charite Berlin, zum Welt-Alzheimertag auf.
Nach Schätzungen des Deutschen Schwerhörigenbundes leiden rund sechs Millionen Deutsche an einem mittel- bis hochgradigen Hörverlust. Die größte Gruppe von Menschen mit Hörverlust bilden die über 70-Jährigen. Hier ist mehr als jeder Zweite von einem Hörverlust oder einer Hörminderung betroffen. Zahlen, die zeigen, dass ein abnehmendes Hörvermögen zwar nicht nur, aber deutlich häufiger mit fortschreitendem Alter auftritt. Besonders fatal: Gerade Betroffene im hohen Alter, die unter einem fortschreitenden Hörverlust leiden, finden sich häufig mit ihrer Situation ab, insbesondere dann, wenn auch die konventionellen Hörhilfen keine Wirkung mehr erzielen. Denn oft herrscht die Meinung vor, dass wenn Hörgeräte nicht mehr helfen, alle Möglichkeiten ausgeschöpft seien. Dabei gibt es heutzutage mit dem sogenannten Cochlea-Implantat, kurz CI, eine medizintechnische Alternative, die hochgradigen Hörverlust erfolgreich behandelt und damit nicht nur das Gehör bis ins hohe Alter erhält, sondern auch vor einer demenziellen Entwicklung schützen bzw. die Gedächtnisleistung positiv beeinflussen können, wie Prof. Heidi Olze weiß: "Wir konnten in Studien zeigen, dass sich bereits sechs Monate nach einer Cochlea-Implantation die sozialen Interaktionen der CI-Träger verbesserten. In einer Untersuchung mit Patienten mit einem Altersschnitt von 77 Jahren beobachteten wir nach zwei Jahren sogar ein signifikant verbessertes Arbeitsgedächtnis, welches einen wichtigen Bestandteil unserer kognitiven Leistungsfähigkeit darstellt." Zudem stellt die Expertin auch positive Entwicklungen in der sozialen Dimension von CI-Trägern nach der Implantation fest, die sich auf die kognitiven Fähigkeiten der Betroffenen auswirkten: "Vor der Versorgung mit dem CI schnitten ältere Menschen bei körperlichen Aktivitäten und sozialen Interaktionen schlecht ab. Stress, Ängstlichkeit, psychische Komorbiditäten und soziale Isolation waren ihre täglichen Begleiter. Doch nach nur sechs Monaten mit einem Hörimplantat wagten sie sich wieder vermehrt ins gesellschaftliche Leben, betätigten sich körperlich, gingen einkaufen, ins Kino, ins Theater und trafen sich mit Freunden."
Zum Zusammenhang zwischen Hörverlust und Demenzerkrankungen
Ergebnisse, die Mut machen, aber gleichzeitig auch deutlich zeigen, wie wichtig eine frühzeitige Behandlung von Hörverlust ist, um Demenzerkrankungen vorzubeugen. Daher gilt, unabhängig vom eigenen Alter, bei den ersten Anzeichen den Arzt aufsuchen. Denn regelmäßige Untersuchungen des Hörvermögens sind wichtig, um eine Verschlechterung schnellstmöglich erkennen und behandeln zu können und damit möglichen Begleiterkrankungen wie Demenz entgegenzuwirken. Doch wieso wirkt sich eine Hörminderung überhaupt auf unsere Gedächtnisleistung aus? "Hörverlust beeinflusst unsere geistige Leistungsfähigkeit durch drei wesentliche Faktoren: die kognitive Belastung steigt, im Hörzentrum des Gehirns kommt es zu funktionellen und strukturellen Veränderungen und die sozialen Aktivitäten nehmen ab. Zusammen können diese Faktoren einen kognitiven Abbau bis hin zur Demenz einleiten. Denn wer schlecht hört, verbraucht für die Sprachverarbeitung einen Teil des "kognitiven Energietopfs". Diese Energie fehlt dann beispielsweise bei der Gedächtnisleistung", erklärt Prof. Heidi Olze. Vorsicht ist also besser als Nachsicht und deshalb sollte das Gehör schon frühzeitig geschützt werden, um einem Hörverlust überhaupt vorzubeugen, etwa in dem man Lärmquellen vermeidet, auf Konzerten Ohropax verwendet oder den Lautstärkeregler des Fernsehers auf ein verträgliches Maß einstellt. Wichtig zu wissen ist auch, dass gerade die als Altersschwerhörigkeit (Presbyakusis) klassifizierte Form des Hörverlustes durch verschiedene Faktoren beeinflusst wird, wie Herz-, Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen, Genussgifte (z.B. Nikotin) oder auch Medikamente. Aus diesem Grund raten Experten auch zu einer gesunden Lebensweise und viel Bewegung.
Abschließend lässt sich sagen, dass die Therapie des Hörverlusts eine vielversprechende Behandlungsmethode für die kognitive Störung bei älteren Menschen ist, deren vergleichbar geringer Aufwand im großen Gegensatz zum möglichen Zugewinn steht und die somit auf jeden Fall immer empfohlen werden sollte. So können auch ältere Menschen mit regelmäßigen Hörtests relativ "einfach" einen kleinen Beitrag für ihre zukünftige kognitive Gesundheit leisten.