Der Verein Vitalpin fordert in einem offenen Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unter anderem die innereuropäischen Reisewarnungen zu überdenken und die Quarantänerichtlinien zu harmonisieren. Außerdem müssen im Sinne aller tourismusintensiven Regionen europaweit Touristen in die Berechnung von Inzidenzwerten mitaufgenommen werden.
Die Schlüsselindustrie Tourismus muss auf Europaebene gestützt werden, um größeren Schaden, ausgelöst durch die weltweite Corona-Krise, abzuwenden. Vitalpin, die internationale Vereinigung, die die Interessen von einer Million Menschen und Betrieben in den Alpen vertritt, bedankt sich in einem Brief an die EU-Kommission einerseits für die Bemühungen, die unternommen wurden, um die Reisefreiheit wiederherzustellen. Der Verein kritisiert diese aber auch vehement und fordert zur Rettung der Wintersaison auf. Es brauche jetzt eine starke EU, die ein praxistaugliches und akkordiertes Regelwerk aufsetzt, innereuropäische Reisewarnungen überdenkt und bei der Berechnung von Inzidenzwerten Einwohnergleichwerte berücksichtigt. Zudem sollen Quarantänemaßnahmen durch kosteneffiziente Tests ersetzt werden.
Die mehrheitlich familiengeführten Tourismusbetriebe im Alpenraum wurden wie kaum eine andere Branche von der Pandemie erschüttert. Aber anstatt der Branche wieder auf die Beine zu helfen, machen die immer neuen Einschränkungen, Reisewarnungen und die Flut an Reisebestimmungen dem Tourismus ein wirtschaftliches Überleben denkbar schwer. Die Branche selbst tue alles erdenkliche, um auch in diesen Zeiten ein möglichst sicheres Reisen zu gewährleisten. "Die politischen Rahmenbedingungen sind äußerst schlecht. Schuld daran ist das unabgestimmte Vorgehen der Nationalstaaten, das sämtliche Bemühungen der Branche zunichtemacht. Die Situation bleibt unberechenbar, die so notwendige Planungssicherheit ist nicht vorhanden. Das liegt nicht nur an den Fallzahlen, sondern am uneinheitlichen politischen Umgang mit diesen", macht Geschäftsführerin Theresa Haid den Ernst der Lage deutlich.
Innereuropäische Reisewarnungen überdenken
"Weil der Tourismus von der Corona-Krise beispiellos getroffen wurde und die Existenz vieler Betriebe in den Alpen stark vom Verlauf der kommenden Wintersaison abhängt, ersuchen wir die Europäische Union dringend, die Abstimmung und Harmonisierung der Maßnahmen auf politischer Ebene weiter und vehement voranzutreiben. Innereuropäische Reisewarnungen gehören auf den Prüfstand. Zudem ist es, vor allem für dünn besiedelte Regionen, essenziell bei der Berechnung von Inzidenzwerte auch Gästezahlen miteinzubeziehen. Die Branche, aber auch der Gast braucht Planungssicherheit", erklärt Hannes Parth , Obmann von Vitalpin.
Vier konkrete Handlungsfelder
Im Brief an die EU nennt Vitalpin vier Handlungsfelder, die dazu beitragen sollen, um die Situation zu deeskalieren und Reisen auch im Winter 20/21 zu ermöglichen:
Forderung 1: Einwohnergleichwerte - Miteinrechnung von Touristen in die Bewertung von Risikofaktoren
Es ist für alle tourismusintensiven Regionen Europas essenziell, Touristen in der Berechnung bzw. Bewertung von Risikofaktoren (z. B. Inzidenzwerten) zu berücksichtigen und in sogenannte Einwohnergleichwerte umzurechnen. Alles andere entbehrt jeglicher Logik und versetzt besonders die dünn besiedelten Tourismusregionen im Alpenraum in existenzkritische Situationen.
Forderung 2: Abstimmung und Harmonisierung der Grenzwerte für Reisewarnungen und Quarantänerichtlinien auf politischer Ebene
Weil der Tourismus von der Corona-Krise beispiellos getroffen wurde und die Existenz vieler Betriebe in den Alpen stark vom Verlauf der kommenden Wintersaison abhängt, ersuchen wir Sie dringend, die Abstimmung und Harmonisierung der Maßnahmen auf politischer Ebene weiter und vehement voranzutreiben. Gerade in der internationalen Reisebranche geht es nicht, dass jeder Staat sein eigenes Stück spielt. Das Problem, mit dem wir uns als Tourismusbranche konfrontiert sehen, wird gerade durch die Kakofonie an Reisewarnungen und Quarantänerichtlinien unnötig und zusätzlich verschärft.
Forderung 3: Reisewarnungen nur nach einheitlichen, nachvollziehbaren Kriterien / Innereuropäische Reisewarnungen überdenken
Institutionen wie die EDEC und namhafte Virologen halten innereuropäische Reisewarnungen aus epidemiologischer Sicht für nicht sinnvoll und raten aufgrund der hohen wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen davon ab! Müssen dennoch Reisewarnungen eingesetzt werden, bedarf es europaweit einheitlicher und nachvollziehbarer Kriterien , wann und mit welchen Bedingungen Reisewarnungen ausgesprochen werden. Alleingänge wie z. B. bei der Ampelregelung in Österreich sind nicht sinnvoll und sollen durch europaweit koordinierte Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ersetzt werden. Wir begrüßen daher den Schritt zu einer EU-weiten Ampelregelung, sofern Einwohnergleichwerte für die Berechnung herangezogen werden (siehe Forderung 1). Was unter allen Umständen verhindert werden muss, ist, dass Reisewarnungen als politisches Druckmittel zwischen Regierungen missbraucht werden.
Wenn Reisende und Reiseanbieter sich an die Vorschriften halten und bestimmte Aktivitäten vermeiden, ist das Risiko des Reisens als gering einzustufen. Am Beispiel Tirol lässt sich ablesen, dass seit Juni von insgesamt 1.724 Corona-Infektionen nur 55 auf Touristen entfallen (3 %). Die Quelle für Ansteckungen ist derzeit vor allem auf private Feiern und Zusammentreffen zurückzuführen. Weil sie den Tourismus unnötig in Gefahr bringen und Verunsicherung schaffen, müssen innereuropäische Reisewarnungen mit einem fairen Blick auf die hohen Sicherheitsstandards im Tourismus beurteilt werden.
Forderung 4: Quarantänemaßnahmen müssen - wo immer möglich - durch einheitliche Testprotokolle abgelöst werden.
Quarantäneregelungen haben verheerende Auswirkungen auf den internationalen Reiseverkehr und sollten auf der Grundlage eines vereinbarten internationalen / EU- Prüfprotokolls durch umfassende, kosteneffiziente Tests ersetzt werden.
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