In einer geschlossenen Chatgruppe für Kinder und Jugendliche des Corona-Leugners Samuel Eckert wird gegen die Maskenpflicht Stimmung gemacht. Nach Recherchen des ARD-Politikmagazins "Report Mainz" werden in der Gruppe auch Verschwörungsmythen verbreitet.
Chatmitglieder verbreiten Verschwörungsmythen
"Report Mainz" liegen zahlreiche Chatverläufe aus der geschlossenen Gruppe vor. Darin bezeichnet ein User die Maskenpflicht als Körperverletzung oder "sogar Mord". Eines der Gruppenmitglieder schreibt, man müsse jetzt "Milliarden werden" und "Merkel umzingeln". Manche User fantasieren offenbar von einem Systemumsturz: "Die Zeit des Systems tickt", es heißt beispielsweise. Auch gängige Verschwörungsmythen über Corona, etwa, dass die Pandemie von Bill Gates geplant sei, werden in der Gruppe geteilt. Entsprechende Verschwörungsmythen beschränken sich nicht nur auf Corona: So schreiben mehrere Mitglieder in der Chatgruppe, der Terroranschlag in Wien sei eine Inszenierung. Die Chatgruppe mit mehr als 270 Mitgliedern richtet sich an Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 17 Jahren. Zutritt zu der Gruppe bekommt nur, wer sich gegenüber der erwachsenen Administratorin per Video und Dokumenten als Schüler*in zwischen 10 und 17 Jahren ausweisen kann. Gegründet wurde die Gruppe von dem Baden-Württemberger Internetaktivisten Samuel Eckert, der derzeit bei Demos in ganz Deutschland die Corona-Pandemie verharmlost.
Kinder und Jugendliche werden als Redner*innen für Anti-Corona-Demos rekrutiert
Es bleibt nicht nur bei Verschwörungsmythen. Nach Recherchen von "Report Mainz" ruft die erwachsene Administratorin in der Gruppe Kinder und Jugendliche dazu auf, bei Anti-Corona-Demonstrationen Reden zu halten. Wer im Namen der Chatgruppe auftritt, muss seine Reden allerdings vorab der Administratorin oder einem der Moderatoren zur Freigabe vorlegen. Auf mehreren Veranstaltungen hatten in den vergangenen Wochen Jugendliche gesprochen, die Mitglieder in der Chatgruppe sind und bei ihren Auftritten entsprechend angekündigt wurden.
Eckert streitet Instrumentalisierung ab
Konfrontiert mit den Vorwürfen, dass Kinder und Jugendliche in seiner Chatgruppe instrumentalisiert würden, äußerte Samuel Eckert im Interview mit "Report Mainz": "Bei uns werden die Leute angehalten, selber zu denken. Wir schreiben keinem vor, was er zu denken hat." Mit geteilten Verschwörungsmythen in dem Chat scheint er kein Problem zu haben: "Welches Problem haben Sie damit, dass Menschen über ein Ereignis kritisch diskutieren? Warum darf man über Nine Eleven oder über Wien oder über Paris nicht die Frage stellen, ob das ein Fake-Angriff war?" Kinder und Jugendliche hätten zudem die Möglichkeit, sich mit Gleichgesinnten über ihre Erfahrungen in der Schule auszutauschen.
Expertinnen warnen vor der Chatgruppe
Die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Beate Leinberger, Vorsitzende des Berufsverbands der Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen (BKJ), hält die Chatgruppe hingegen für bedenklich: "Das ist hochmanipulativ von diesen Moderatoren. Kinder und Jugendliche werden dazu benutzt, die eigenen Werte oder auch Verschwörungstheorien zu unterstützen. Hier greift keiner ein, es wird nicht reguliert, sondern die Kinder und Jugendlichen werden in ihren Ängsten und Unsicherheiten belassen." Die Sozialpsychologin und Expertin für Verschwörungserzählungen, Pia Lamberty, bewertet die Chats so: "Es ist keine ungefährliche Gruppe. Auch 250 Kinder, die permanent mit so verschwörungsideologischen Inhalten konfrontiert werden, sind da einer Gefahr ausgesetzt, im Sinne von, dass die sich radikalisieren können."
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