Schlaganfälle verursachten in Deutschland zuletzt Gesamtkosten in Höhe von 17 Milliarden Euro jährlich. Das geht aus einer neuen Studie der Universität von Oxford hervor. Bis 2040 sollen die Kosten um 30 Prozent steigen. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe sieht dringenden Handlungsbedarf, warnt jedoch vor einer falschen Interpretation der Zahlen.
Die britischen Gesundheitsökonomen haben die Gesamtkosten des Schlaganfalls für das Jahr 2017 in 27 Ländern der EU sowie Island, Israel, Norwegen, Schweiz und Großbritannien berechnet. In die Auswertung eingeflossen sind dabei nicht nur die Ausgaben für die stationäre und ambulante Gesundheitsversorgung, sondern auch gesellschaftliche Kosten wie Produktivitätsverluste und die Pflege durch Angehörige. Auftraggeber der Studie "The Economic Impact of Stroke" ist die Europäische Patientenorganisation Stroke Alliance for Europe (SAFE), deren Mitglied auch die Deutsche Schlaganfall-Hilfe ist.
Deutschland liegt in der Kostentabelle europaweit an der Spitze. Neun Milliarden Euro fließen hierzulande allein in die stationäre und ambulante Versorgung von Schlaganfall-Patienten. "Das liegt auch daran, dass wir ein fast flächendeckendes Netz von Stroke Units - Schlaganfall-Stationen - haben", erläutert Dr. Michael Brinkmeier, Vorstand der Deutschen Schlaganfall-Hilfe. "So eine hochspezialisierte und personalintensive Versorgung bekommt man nicht zum Nulltarif. Wir retten dadurch heute doppelt so viele Patienten als noch vor 25 Jahren."
Akutversorgung auf einem guten Weg
Bei der Akutversorgung sieht die Schlaganfall-Hilfe Deutschland auf einem vielversprechenden Weg. "Mit der Thrombektomie, der mechanischen Entfernung eines Gerinnsels, haben wir jetzt eine Therapie-Option, die sehr gute Erfolge erzielt und immer mehr Patienten zugutekommt", so Brinkmeier. "Auch bei der Sekundärprävention, der Verhinderung eines wiederholten Schlaganfalls, haben wir große Fortschritte gemacht, insbesondere bei der Diagnose und Behandlung des häufigen Vorhofflimmerns."
Sorgen bereite dagegen die demographische Entwicklung. Alter ist der größte Risikofaktor für einen Schlaganfall. Derzeit erleiden in Deutschland rund 270.000 Menschen pro Jahr einen Schlaganfall. Die britischen Forscher haben berechnet, dass diese Zahl bis 2040 um 30 Prozent steigen wird. "Das ist beunruhigend, weil der Schlaganfall die häufigste Ursache für Behinderungen bei Erwachsenen ist", so Brinkmeier. "Wir brauchen dringend eine Antwort auf die Frage, wer sich um die immer größer werdende Zahl von Menschen kümmert, die auf Hilfe angewiesen sein wird."
Nachsorge erfordert neue Konzepte
Damit spricht der Vorstand der Schlaganfall-Hilfe nicht nur den Fachkräftemangel in Medizin, Pflege und Therapie an, sondern auch die familiäre Pflege. In Deutschland werden pro Schlaganfall-Betroffenen mit schweren Beeinträchtigungen jährlich etwa 1.000 Stunden Pflege durch Angehörige geleistet, haben die Forscher berechnet. Müssten diese Leistungen bezahlt werden, würden sie die Gesellschaft rund fünf Milliarden Euro kosten.
"Gesellschaftliche und familiäre Strukturen ändern sich und es gibt immer weniger junge Leute, deshalb werden wir das System nicht in diesem Umfang erhalten können", warnt Brinkmeier. "Insbesondere in ländlichen Regionen leben schon jetzt viele Schlaganfall-Betroffene weitgehend isoliert und abgehängt von vielen Hilfen." Deshalb brauche es jetzt vor allem neue, innovative Konzepte für die Schlaganfall-Nachsorge. "Auf Dauer werden wir die Versorgung nur durch die zusätzliche Unterstützung professioneller Kümmerer, so genannter Patientenlotsen, gewährleisten können, die Patienten eine zeitlang begleiten und alle notwendigen Hilfen koordinieren", so Brinkmeier. Die Deutsche Schlaganfall-Hilfe setzt sich für einen gesetzlichen Anspruch auf die Begleitung durch Patientenlotsen bei Schlaganfällen und anderen komplexen Problemlagen ein.
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