Voller Freude starten im Frühling viele Radler mit einem neuen Rad auf die erste Tour. Für die Feineinstellung des Rades haben sie einen "Knochen" in der Tasche und wähnen sich bestens präpariert. Doch das ist ein Trugschluss, denn moderne Fahrräder brauchen zeitgemäßes Werkzeug. Moderne Schaltungen, Bremsen, Lichtanlagen und Komponenten sind viel präziser und filigraner gefertigt als ihre Vorgänger, entsprechend verlangen sie auch feinere Werkzeuge.
[pd-f] "Der gute alte Knochen, der über Generationen jedem Neurad beilag, ist ein Relikt aus einer Zeit, als die Drei-Gang-Nabenschaltung und der Seitenläufer-Dynamo zusammen mit Glühlampe und Stahlfelge den Stand der Technik markierten", erklärt Katrin Pfeuffer vom Traditionshersteller Hercules (www.hercules-bikes.de). "Glücklicherweise sind wir heute viel weiter", freut sich Ralf Klagges von der Fahrradmanufaktur "utopia-velo" (www.utopia-velo.de), und schwärmt von seidenweich laufenden Nabendynamos, hell strahlenden LED-Leuchten und leichtlaufenden und gleichsam pannensicheren Reifen, die Kunden aus den umfassenden Optionslisten des utopia-Konfigurators auswählen können.
Bei modernen Fahrrädern werden statt großer Maul- und Hakenschlüssel Inbus- und Torx-Dreher benötigt. "Der Knochen hilft dabei wenig bis gar nicht. Er hat ausgedient, weil er einzig Ringschlüssel bietet und selten maßhaltig genug gefertigt ist", weiß Thomas Wilkens vom Velo-Werkzeug-Hersteller Parktool (www.parktool.com) und empfiehlt beim Radneukauf auch den eigenen Werkzeugbestand zu erneuern.
Multitools sind handlich und vielseitig
Der US-amerikanische Hersteller zeigt eindrucksvoll, wie das Werkzeug-Pendant zum modernen Fahrrad aussieht: Beispielsweise bietet das Multi-Tool MTB-3 (29,95 Euro) alle wichtigen Werkzeuge von Inbus- und Torx-Schlüssel, über Schraubendreher bis zum Speichennippelspanner in einem handlichen Format. Sogar Kettennieter, 8er und 10er Ringschlüssel, 15er Maulschlüssel, Reifenheber, Flaschenöffner und Messerklinge haben die Ingenieure in diesem "Schweizer Messer für Radler" untergebracht.
"Multi-Tools sind für jeden Radler das ideale Bordwerkzeug", so Andrea Nusser, Marketingleterin der Winora Group (www.winora.de), "denn sie erlauben sowohl die kleine Reparatur an Opas schwarzem Drahtesel, als auch am modernen Wettkampf-Rennrad."
Schlechtes Werkzeug schadet guten Rädern
Neben der Verwendung des richtigen Werkzeugs muss auch auf dessen Qualität geachtet werden, um Beschädigungen an Schrauben und Bauteilen zu verhindern. Gerade "billige" Werkzeuge aus dem Baumarkt sind selten ausreichend maßhaltig: Die Kraft wird dadurch auf einer geringen Kontaktfläche eingeleitet und verformt dann den Schraubenkopf. Das Ergebnis nennt der Volksmund eine "ausgenudelte Schraube".
Torx & Co.: Kleiner, leichter und stabiler
Übrigens setzen die modernen leichten (weil filigraneren) Inbus- und Torx-Schrauben genau an diesem Punkt an: Ihre Kontaktfläche zum Werkzeug ist trotz kleiner Bauform viel größer als etwa bei einer klassischen Schlitz- oder Sechskantschraube gleicher Baugröße. Das erlaubt Leichtbau ohne zusätzliche Risiken, wie das neue Schaltwerk der Highend-Mountainbikegruppe XX von Sram (www.sram.com) beweist. Dieses kommt sogar ganz ohne Inbusschrauben aus. Selbst der Schaltzug wird mit einer Torx-Schraube befestigt.
Pflicht bei Hightech und Leichtbau: Der Drehmomentschlüssel
Filigrane Bauteile verlangen auch feine Finger: "Bei falscher bzw. zu hoher Krafteinwirkung können Gewinde an modernen Leichtbau-Rahmen und -Komponenten Schaden nehmen oder gar ausreißen. Auch die Komponenten selbst können bei zu starker Klemmung Schaden nehmen, nicht nur wenn sie aus dem Werkstoff Carbon gefertigt sind", erklärt Rolf G. Häcker, Produktmanager des Komponentenherstellers Humpert (www.humpert.com) und rät "unbedingt die Verwendung von Drehmomentschlüsseln bei der Montage solcher Komponenten."
Das vorgeschriebene Drehmoment ist auf den meisten Komponenten vermerkt oder in der Bedienungsanleitung nachzulesen.
Richtig schmieren bringt Sicherheit
Damit der Drehmomentschlüssel präzise arbeiten kann, sollten alle Verbindungen gefettet werden. Das hilft die benötigten Anzugsmomente der Schrauben zur festen Klemmung der Bauteile gering zu halten und so das Material zu schonen", weiß Falk Alvarez Sanchez , dessen Vertrieb Grofa mit Finishline (www.finishlineusa.com) einen der führenden Schmierstoffhersteller der Fahrradbranche im Programm hat. "Außerdem ist dies ein wirkungsvoller Schutz vor Rost." Aber auch bei der Verwendung von Fetten spielt der Werkstoff Carbon eine gesonderte Rolle. Herkömmliche Schmierstoffe sind für diesen Werkstoff tabu, da sie die Oberfläche angreifen. Spezielle Montagepasten, wie etwa das "Karbon-Gel" aus dem Hause Finishline, sorgen hier für eine effiziente Kraftübertragung.