Die Ergebnisse stammen aus präklinischen Versuchen, die im nächsten Schritt in einer Wirksamkeitsstudie am Menschen bestätigt werden sollen. Diese wird von der Fight AIDS and Infectious Diseases Foundation (FLS) geleitet.
Bislang war nicht bekannt, welcher Bestandteil von Mundspülungen die Infektiosität von SARS-CoV-2 reduzieren kann. Der Nachweis über die antivirale Wirkung von CPC legt daher nahe, dass Mundspülungen mit dieser Komponente ein potenzielles Mittel sein können, um die Übertragung des Virus zu verhindern.
Mannheim, 23. Dezember 2020. Mundspülungen sind aufgrund ihrer antiseptischen Eigenschaft während der Coronapandemie in den Fokus der wissenschaftlichen Forschungsgemeinschaft gerückt. Sie könnten dabei helfen, die Übertragung von SARS-CoV-2 einzudämmen. Jetzt haben Forscher der PISTA-Gruppe von IrsiCaixa, einem spanischen Forschungszentrum, das gemeinsam von der Stiftung „la Caixa“ und dem katalanischen Gesundheitsministerium betrieben wird, in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern des DENTAID Research Centers in Spanien eine spannende Entdeckung gemacht: Cetylpyridiniumchlorid (CPC), das in einigen Mundspülungen enthalten ist, hat eine antivirale Wirkung. Konkret konnte es in einem Experiment an im Labor gezüchteten Zellen die Infektiosität von SARS-CoV-2 um das bis zu 1000-Fache reduzieren. Die antivirale Wirkung wurde zunächst in diesen präklinischen Studien nachgewiesen, so dass der nächste Schritt eine Wirksamkeitsstudie am Menschen sein wird, die von der Stiftung Fight AIDS and Infectious Diseases (FLS) geleitet wird. Der Nachweis der antiviralen Wirkung von CPC am Menschen wird entscheidend dazu beitragen, die Übertragung von SARS-CoV-2 in allen Regionen der Welt zu reduzieren. Denn Mundspülungen sind preiswert sowie einfach zu distribuieren und zu lagern.
„Unsere Ergebnisse sind vielversprechend. Dass eine Mundspülung mit CPC die Ansteckungsfähigkeit von SARS-CoV-2 so stark reduzieren kann, ist eine sehr gute Nachricht. Denn damit könnten wir die schnelle Übertragung des Virus zwischen Menschen eindämmen, was derzeit das größte Problem darstellt“, würdigt Bonaventura Clotet, Direktor von IrsiCaixa, die Studie.
CPC destabilisiert das Virus
Die Hülle von Viren (Membran) nimmt eine wesentliche Funktion dabei ein, Zellen zu erkennen und sie zu infizieren. In ihr befinden sich essenzielle Moleküle, im Fall von SARS-CoV-2 beispielsweise das Spikeprotein (S-Protein). In der aktuellen präklinischen Studie konnte gezeigt werden, dass die Membran bei Kontakt mit CPC destabilisiert wird. So verliert das S-Protein seine Funktion und kann die Zelle nicht mehr mit SARS-CoV-2 infizieren.
Um zu zeigen, dass das Virus unter diesen Bedingungen nicht infektiös ist, haben die Forscher Viren, die von COVID-19-Patienten isoliert wurden, zwei Minuten lang mit der CPC-haltigen Mundspülung in Kontakt gebracht. Die Beobachtung: Die Infektiosität von SARS-CoV-2 ist nach dem Kontakt mit der Mundspülung in Zellkulturen um das bis zu 1000-Fache reduziert. „Wir haben nachgewiesen, dass CPC wirklich die Komponente ist, die eine antivirale Rolle spielt. Denn wenn wir das gleiche Experiment mit einer Mundspüllösung ohne CPC durchführen, besitzt das Virus weiterhin eine hohe Kapazität, Zellen zu infizieren und zu zerstören“, bestätigt Nuria Izquierdo-Useros, die Studienkoordinatorin und Untersuchungsleiterin bei IrsiCaixa. „Wenn man bedenkt, dass wir in unserem Experiment eine größere Menge an Viren verwendet haben als die, die in der Mundhöhle infizierter Menschen gefunden wurde, und eine geringere Menge an Mundspülung als Menschen normalerweise verwenden, sind diese Ergebnisse sehr ermutigend“, so die Wissenschaftlerin.
Nützliche Maßnahme zur Verlangsamung der Übertragung
Derzeit ist das vorrangige Ziel weltweit, der COVID-19-Pandemie ein Ende zu setzen. „Die Mundhöhle spielt bei der Übertragung von SARS-CoV-2 eine entscheidende Rolle. Die Viren sind im Speichel nachweisbar, und obwohl noch ein langer Weg vor uns liegt, könnten die Mundspülungen, an denen wir arbeiten, ein potenzielles Mittel sein, um die Übertragung zu verhindern“, so Joan Gispert, Direktor für Forschung und Entwicklung bei DENTAID, Spanien.
Die Wirksamkeitsstudien, die mit Unterstützung von FLS zeitnah durchgeführt werden sollen, zielen darauf ab, die ersten Ergebnisse einer in Kolumbien durchgeführten Pilotstudie zu bestätigen. Sie konzentrieren sich darauf, die Menge an infektiösen Viren bei Personen mit COVID-19 vor und nach der Anwendung der Mundspülung zu ermitteln. „Wir wollen bestätigen, dass die antivirale Wirkung, die wir im Labor sehen, auf den Menschen übertragen werden kann und untersuchen, wie lange diese Wirkung anhält. Auch wenn die Anwendung dieser Mundspüllösung eine Infektion mit SARS-CoV-2 nicht ausschließt, könnte sie einer Verbreitung des Virus dennoch vorbeugen“, bemerkt Izquierdo-Useros. „Diese Maßnahme wäre einfach, effektiv und weltweit anwendbar“, schließt sie.