Paracetamol ist eine der am weitesten verbreiteten Substanzen in der Medizin: Das frei verkäufliche Medikament wird gegen Kopfschmerzen, Zahnschmerzen oder Fieber angewendet. Einem Unternehmen aus München ist nun die Synthese eines vielversprechenden Paracetamol-Derivates gelungen inklusive Anmeldung zum Patent - mit zahlreichen möglichen Vorteilen in der Verträglichkeit und einer programmierbaren Freisetzung im Körper. "Wir haben diesen Wirkstoff, den es seit mehr als 100 Jahren gibt, über unseren ursprünglich für Aromen entwickelten Prozess glykosyliert. Dabei wird das Wirkstoffmolekül völlig neu verpackt, es könnte vom Körper leichter aufgenommen werden und seine Wirkung zeitlich kontrollierter entfalten", sagt Heimo Adamski, Geschäftsführer von 4GENE. Die technologische Plattform kann eine Vielzahl von kleinen Molekülen unterschiedlichster Ausprägung - Aromen, Düfte und pharmzeutische Wirkstoffe - durch Glykosylierung wirksamer machen und anders freisetzen.
Einfache Verarbeitung
Die Freisetzung kann im Körper durch mikrobielle oder menschliche Glukosidasen stattfinden und könnte sowohl über den Speichel bei Einnahme der Wirkstoffe wie auch später im Darm erfolgen. "Der Wirkstoff sollte über einen Zeitraum agieren. Dieses Prinzip könnte sich positiv auf die therapeutische Breite auswirken und diese günstig beeinflussen", sagt Heimo Adamski von 4GENE. Der Wirkstoff selber kann durch die Pharmaindustrie in der neuen Form problemlos innerhalb der bestehenden Prozesse verarbeitet werden. Medikamente, die bereits lange auf dem Markt sind, erhalten so ein zweites Leben und könnten auch für den Hersteller noch einmal umsatztreibend sein. Mit vielen bekannten Wirkstoffen sei dieser Prozess durch eine Glykosylierung möglich, erklärt das Münchener Unternehmen.
Ursprung in der Aromaindustrie
Das aus der Technischen Universität München ausgegründete Unternehmen unterzog zunächst nur Duft- und Aromastoffe der Umwandlung in einen glykosylierten Grundstoff für die Kosmetik- und Parfümindustrie. Mit der Technologie kann eine Vielzahl von Aromastoffen so aufbereitet werden, dass eine molekulare Bindung und damit eine programmierte Freisetzung möglich ist. "Nachdem die Technologie entwickelt war, wurde klar, dass nicht nur das perfekte Deodorant oder ein noch am Körper frisch duftendes Wäschestück möglich sind. Auch die Pharmaindustrie und vor allem die Patienten würden von dieser Methode profitieren", so der 4GENE-Geschäftsführer. Aktuell arbeitet das Unternehmen bereits an weiteren Wirkstoffen, die in der neuen Darreichungsform einen zweiten Frühling erleben können - inklusive der Möglichkeit, frische Patente auf bekannte Wirkstoffe anmelden zu können.
4GENE bietet programmierbare Aromen und Wirkstoffe für die Kosmetik-, Lebensmittel- und Pharmaindustrie. Die Produktionsmethode bindet die Moleküle so ein, dass durch Temperatur oder Enzyme eine geplante Freisetzung über eine bestimmbare Zeitkurve erfolgt. Die Gründung erfolgte als Spin-Off der Professur Biotechnologie der Naturstoffe an der Technischen Universität München. Im Rahmen der EXIST-Förderung wurde der Proof-of-Concept erbracht, aktuell beliefert das Unternehmen bereits die Entwicklungsabteilungen führender Konzerne mit verschiedensten programmierten Aromastoffen für Anwendungen in der Kosmetik-, Lebensmittel-, Pharma- und technischen Industrie.
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