Die Zahl übergewichtiger und adipöser Menschen steigt weltweit und in Deutschland kontinuierlich an. Dies ist umso problematischer, als der Zusammenhang zwischen schwerem Übergewicht und dem sogenannten metabolischen Syndroms wissenschaftlich erwiesen ist. Das metabolische Syndrom bezeichnet eine Kombination verschiedener kardiovaskulärer Risikofaktoren, die gemeinsam auftreten. Dazu zählen Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Übergewicht – insbesondere im Bauchraum – und eine Blutzuckerfehlregulation. Die Folgen sind ein beschleunigter Prozess der Arteriosklerose und damit ein höheres Risiko für verschiedene Herz-Kreislauf- Erkrankungen und Diabetes mellitus Typ 2. Der Dipl.-Sportlehrer Uwe Schwan von der Rehaklinik Heidelberg Königstuhl erklärt: „Es gibt ausreichend wissenschaftliche Hinweise, dass neben einer genetischen Prädisposition, ein ungesunder Lebensstil mit einer hyperkalorischen und nicht vollwertigen Ernährung, mit überhöhtem Alkoholkonsum und Bewegungsmangel entscheidend für die Entstehung eines metabolischen Syndroms sind.“
Mit Bewegung vorbeugen
Der Sportwissenschaftler Professor Gerhard Huber vom Institut für Sport und Sportwissenschaft der Universität Heidelberg und Präsident des Deutschen Verbands für Gesundheitssport und Sporttherapie e.V. (DVGS) betont, dass körperliche Aktivität neben der Ernährungsumstellung die Hauptrolle für die Prävention des metabolischen Syndroms spielt. Uwe Schwan ergänzt: „Über das regelmäßige körperliche Training lässt sich eine Reihe von Stoffwechselprodukten aufbauen, die im Endeffekt die Gefäßinnenhaut stabilisieren, schützen und damit den Prozess der Gefäßverkalkung verlangsamen. Das wirkt sich zusätzlich positiv auf das Immunsystem und auf die Entzündungsparameter im Blut.“ Darüber hinaus senkt Bewegung den Blutdruck nachhaltig, mit bedeutenden Auswirkungen auf die Herzgesundheit. Eine Blutdrucksenkung durch Ausdauersport oder Krafttraining um 10 mmHg reduziert das Schlaganfall-Risiko um die Hälfte. Schwan empfiehlt für Bluthochdruck-Patientinnen und -patienten z.B. Power-Walking, Nordic Walking oder Joggen in der Ebene, weil bei diesen Bewegungsformen der Blutdruck am geringsten ansteigt.
„Um den meisten Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen, eignet sich regelmäßiger Ausdauersport am besten“, weiß Schwan. „Dieser muss dann möglichst 4–5-mal pro Woche jeweils 30–45 Minuten erfolgen. Bewegung alleine reicht aber nicht. Der vorbeugende Effekt tritt nur ein, wenn gleichzeitig das Ernährungsverhalten stimmt und auf das Rauchen verzichtet wird. Bei bereits bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankung kann das regelmäßige Ausdauertraining zwar den Prozess der Erkrankung verlangsamen, aber es kann ihn nicht stoppen.“
Dem Diabetes davon laufen
Bereits 1916 beschrieb der „Diabetespabst“ Elliott Proctor Joslin die segensreiche Wirkung von Sport bei Diabetes. „Seither sind Tausende von Studien erschienen, die belegen, dass man dem Diabetes tatsächlich davon laufen kann“, erläutert Professor Huber. „Jede Form der körperlichen Aktivität hat Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel. Wichtig ist, dass Menschen sich jeden zweiten Tag bewegen, je mehr Muskulatur dabei eingesetzt wird, umso besser. Und je länger sie sich bewegen, umso größer ist der Effekt. Entscheidend ist letztlich, dass sie sich bewegen, und weniger, was sie tun! Es kommt darauf an, die Energiebilanz zu verändern und dafür gibt es in unserer Gesellschaft sehr viele Möglichkeiten.“ Huber ist überzeugt, dass es wichtig ist, die Motivation der Betroffenen zu erhöhen. Es habe sich bewährt, den Betroffenen auf Augenhöhe zu begegnen und ihnen zu erklären, warum sie sich bewegen sollen und welches Ergebnis sie davon erwarten können. Außerdem brauchen sie Anleitungen, damit sie verstehen, was sie konkret tun müssen, um die gewünschten Effekte zu erreichen.
Bewegung ist eine „Polypille“, ist Professor Huber überzeugt. Sie hat vielseitige Effekte und das gilt auch beim metabolischen Syndrom.
DVGS entwickelt evidenzbasierte und qualitätsgesicherte Programme
Der DVGS e.V. konzipiert und implementiert evidenzbasiert und biopsychosozial orientierte Bewegungsinterventionen für die Prävention –auch für Menschen mit Risikofaktoren. Dazu gehören beispielsweise Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einem oder mehreren gestörten Stoffwechselparametern wie etwa erhöhten Blutfettwerten, Blutdruck oder Blutzucker. Daneben entwickelt der DVGS Bewegungsangebote für bereits erkrankte Menschen mit einer oder kombinierten Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Bluthochdruck. Diese Programme sind mit der DAK-Gesundheit erprobt worden – insbesondere für Patientinnen und Patienten, die in ein Disease-Management-Programm eingeschrieben sind. Die Erfolge für die Patienten waren sehr gut.
In Zeiten der Pandemie aktualisiert der DVGS diese Programme gerade – in digitaler Form. So finden sich auch kombinierte Angebote (Präsenzkurse mit digitalen Workshops). Dabei helfen digitale Medien, das Thema wissenschaftlich gesichert aber trotzdem kurzweilig und anschaulich zu vermitteln. Der DVGS will die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kompetent machen zum Thema „Gesundheit durch Bewegung“.