Wie konnte es dazu kommen? Die Situation der freiberuflichen Geburtshilfe ist gekennzeichnet durch relativ niedrige Verdienstmöglichkeiten auf der einen Seite und immens steigende Prämien der Berufshaftpflichtversicherung auf der anderen. Weitere Faktoren wie die Rentenversicherungspflicht (trotz Freiberuflichkeit) kommen hinzu.
Die Verdienste der freiberuflichen Hebammen sind geregelt in den Vergütungsvereinba¬rungen mit den Krankenkassen, die 2007 ausgehandelt wurden. Davor stand die Hebammen¬arbeit zumindest nominell unter dem Schutz der Politik, d.h. das Gesundheitsministerium war an der Gestaltung der Gebührenordnung beteiligt. (Auch dann waren allerdings die Vergütungssätze innerhalb von 20 Jahren nur dreimal angehoben worden.) 2007 wurden die Hebammen in die Selbstverwaltung entlassen und handeln ihre Vergütungssätze seither allein mit den Krankenkassen aus. Gerade sind die laufenden Vergütungsverhandlungen an den Geburtspauschalen gescheitert; nun wird eine Schlichtungsstelle über deren künftige Höhe entscheiden.
Die Prämien der Haftpflichtversicherungen sind in den letzten Jahren immens angestiegen. Vor fünf Jahren betrug die Jahresprämie einer Versicherung mit Geburtshilfe in der Rahmenvereinbarung des BfHD EUR 1.276 inkl. Steuer. Während sich die Anzahl der Versicherer, die das Risiko Geburtshilfe zeichnen, mittlerweile auf eine Handvoll reduziert hat, sind die Prämien kontinuierlich angestiegen. Mittlerweile müssen Jahresprämien on mehr als 3.000 Euro gezahlt werden. Zum Vergleich: für eine Hausgeburt bekommt die Hebamme eine Bruttopauschale von EUR 537, für eine Beleggeburt EUR 238.
Grund für die Entwicklung ist nicht etwa eine Steigerung der Schadenshäufigkeit, sondern ein starker Anstieg der Schadenshöhe im Einzelfall, die u.a. verursacht wird durch bessere Möglichkeiten und höhere Kosten der modernen Medizin sowie veränderte Konditionen im Schadensrecht. Die Versicherungen werden mittlerweile auf Deckungssummen von fünf bis sechs Mill. Euro abgeschlossen.
Bei einem durchschnittlichen Jahresumsatz von ca. 23.000 EUR ist die Versicherungsprämie ein horrender Posten, der dazu führt, dass viele freiberufliche Hebammen ihre Tätigkeit in der Geburtshilfe aufgeben. Ca. ein Fünftel der Hausgeburtshebammen hat dies bereits getan (Quelle: QUAG e.V., Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe www.quag.de) und mit den neuen Prämien wird diese Entwicklung zunehmen. Bedroht ist nicht nur die außerklinische Geburtshilfe, sondern auch die individuelle Geburtshilfe in den Kliniken, denn auch die Beleghebammen, die die Frauen begleiten, sind Freiberuflerinnen.
Für schwangere Frauen und junge Familien brechen dadurch Versorgungsstrukturen weg - gerade auf dem Land, wo die nächste Klinik oft weit entfernt ist. Das alles in einer Zeit, in der das Wohl der Familien immer deutlicher in den Focus der Politik gerät. Hebammen mit ihrem fundierten Fachwissen auf dem Gebiet Schwangerschaft, Geburtshilfe und Wochenbett waren von je her die fachkundigen und kompetenten Begleiterinnen wachsender Familien und sollten es auch bleiben.
Zum 5. Mai, dem Welthebammentag, macht der Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands gemeinsam mit den anderen Hebammenberufsverbänden in Protestkundgebungen und -aktionen auf die existenzbedrohende Situation der Hebammen aufmerksam. Der BfHD initiiert eine Briefaktion an die Bundeskanzlerin und das Gesundheitsministerium. Ein Muster des Briefs, der von Hebammen aus ganz Deutschland verschickt werden wird, finden Sie anbei.
Weitere Informationen beim Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands e.V., Kasseler Strasse 1a, 60486 Frankfurt/Main, Tel. 069 - 7953 4971, geschaeftsstelle@bfhd.de, www.bfhd.de