Die Leistungen sind nicht mehr frei
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Spitzenverbände der Kassen haben Änderungen des Honorarsystems beschlossen, die ab dem 1. Juli 2010 gelten. Nach den neuen Regeln werden aus der „Morbiditätsorientierten Gesamtvergütung“ (MGV) zunächst die Regelleistungsvolumina (RLV) entnommen und erst dann die „freien Leistungen“ vergütet.
Freie Leistungen wurden bisher ohne Budgetierung mit dem festen Punktwert von 3,5048 Cent vergütet und haben das MGV so unbegrenzt und vor den RLV belastet. Je mehr freie Leistungen abgerechnet wurden, desto niedriger wurde folglich das Budget für die RLV. Praxen, die viele freie Leistungen abrechneten, taten dies damit auf Kosten der Praxen, die weitgehend auf ihre RLV beschränkt waren. „Die Umkehrung dieses Systems wird aber in Zukunft zu folgendem Problem führen“, erklärt Tim Müller, Ecovis-Fachanwalt für Medizinrecht: „Die RLV werden vorab aus der MGV bezahlt und reduzieren damit das für freie Leistungen zu Verfügung stehende Budget. Gleichzeitig soll an der Vergütung der freien Leistungen mit einem festen Punktwert festgehalten werden. Da aber durch die bloße Umkehrung der Reihenfolge noch kein neues Geld in den Topf gespült wird, muss es folglich zwingend zu einer Beschränkung des Budgets für freie Leistungen kommen.“
Diese Deckelung der freien Leistungen erfolgt ab dem 1. Juli 2010 über die Einführung von qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen (QZV), die die freien Leistungen sowie, soweit ersichtlich, die Zusatzbudgets ersetzen. Daneben werden Leistungen aus den RLV ausgegliedert und den QZV zugeordnet, zum Beispiel die Bronchoskopie. Jede Facharztgruppe kann in einer 36-seitigen Anlage zu dem Beschluss definierte QZV bekommen. „So sind beispielsweise für Hausärzte bis zu 25 möglich, für Augenärzte neun, für Gynäkologen 16“, sagt Müller und ergänzt: „Die Bandbreite der QZV reicht von Akupunktur über Hypersensibilisierung bis zu unvorhergesehener Inanspruchnahme und Verordnung medizinischer Rehabilitation.“
Ein Anspruch auf die Erteilung eines QZV besteht dann, wenn ein Arzt im Vorjahresquartal die EBM-Ziffern, die einem QZV zugeordnet sind, erbracht hat. Die jeweilige Leistung muss aber auch weiter mindestens einmal im Quartal erbracht werden, um diesen Anspruch aufrecht zu erhalten. Wenn eines der zugeteilten QZV oder das RLV nicht vollständig ausgeschöpft worden sind, kann ein Arzt dieses „Guthaben“ mit Leistungen in anderen QZV verrechnen, die über dem Budget liegen.
Tim Müller, Fachanwalt für Medizinrecht