Suhl/Gera, 22. Juni 2010
„Den hätte sogar meine Oma reingekriegt.“ Leicht gesagt für den, der die Fußballweltmeisterschaft vom Sofa oder der Bierbank aus erlebt. Dabei würde kaum ein Deutscher überhaupt zwei Halbzeiten durchhalten. Denn nur knapp 20 Prozent treiben ausreichend Sport, um dauerhaft fit und gesund zu bleiben, sagt Oliver Kornmann. Der Sporttherapeut ist organisatorischer Leiter des Zentrums für Rehabilitation am SRH Zentralklinikum Suhl. Er plädiert für mehr Eigenverantwortung: „Es gibt zwei Dinge, die Jeder regulieren kann: Ernährung und Bewegung.“ Das Wissen darüber, was gesund macht und hält, sei heute eigentlich besser denn je. Aber an der Motivation hapere es. Kann die deutsche Nationalelf da eine Vorbildrolle einnehmen?
„Für die Kinder und Jugendlichen auf jeden Fall. Die lassen sich von der Siegermentalität und dem Teamgeist mitreißen. Für sie ist so ein Großereignis sicherlich ein Ansporn“, sagt Kornmann. Wie sportlicher Erfolg den Nachwuchs motiviert, zeige in Thüringen schließlich auch der Generationen übergreifende Erfolg im Wintersport. Bei älteren Fans helfe nur das Argument „Selbstfürsorge“. Denn wen der Profisport nicht mehr locken kann, der muss sich andere Ziele setzen. „Lebensqualität, Beweglichkeit und Selbstständigkeit bis ins hohe Alter – das sollte Umdenken einleiten“, sagt Kornmann. Es gehe nicht darum, sich zu verausgaben. Wandern, Spazierengehen oder den Weg zur Arbeit mit dem Rad bewältigen – mehr Bewegung geht eigentlich ganz einfach.
Fußball, Bier und Chips – Ein Monat Ausnahmezustand
Während die Nationalspieler streng überwacht von Trainern und Ernährungsberatern ihren Speiseplan auf die jeweiligen Belastungen abstimmen, lässt die Essensdisziplin bei den Zuschauern zu Hause eher nach. Denn Bier und Chips gehören zum Fußballgucken einfach dazu. „Dieser Kontrast zwischen der Sportlichkeit auf dem Platz und den ungesunden Snacks ist psychologisch spannend“, sagt Prof. Dr. Dr. Constance Winkelmann, die an der SRH Fachhochschule für Gesundheit Gera den Studiengang Gesundheitspsychologie leitet. Wirklich gefährlich sei es aber nicht, wenn Fußballfans sich einen Monat ungesünder ernähren als sonst. „Das Biertrinken beispielsweise wird erst gefährlich, wenn es zur Gewohnheit wird und man ohne seine drei vier Bier gar nicht mehr abschalten kann“, sagt die Gesundheitspsychologin. Das Fußballgucken hingegen hat auch positiven Einfluss auf die Gesundheit: Denn Geselligkeit, Fantänze und gemeinsames Jubeln sind definitiv gesund.