In der aktuellen gesundheitspolitischen Diskussion wird immer wieder der Begriff der Zwei-Klassen-Medizin bemüht. Dabei wird geflissentlich übersehen, dass wir längst auf dem Weg in die Zwei-Klassen-Pflege sind: während einerseits die Pflegedienste, die Versorgungsverträge mit den Kassen haben, höchste Qualitätsansprüche erfüllen müssen und einer engmaschigen Kontrolle unterliegen, hat sich andererseits ein Markt herausgebildet, der kaum beaufsichtigt, geschweige denn geregelt wird. Gemeint sind die zahllosen, von sogenannten "Pflegeagenturen" vermittelten Pflegerinnen und Haushaltshilfen aus Osteuropa, die in deutschen Haushalten arbeiten.
Eine Mitgliederbefragung des Bundesverbandes Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen zeigt, dass viele dieser Beschäftigungsverhältnisse illegal sind. In qualitativer Hinsicht wurden katastrophale Mängel offengelegt: Druckstellen, Austrocknung, Blutergüsse und Unterernährung sind keine Seltenheit. Deutsche Hygienevorschriften, pflegerische Expertenstandards und andere Fachinformationen sind osteuropäischen Kräften weithin nicht bekannt. Die Ergebnisse sind dementsprechend - zwei Drittel der osteuropäischen Hilfskräfte, so das Ergebnis der Befragung, leisten schlechte Pflege!
Angesichts dieser Entwicklung stellt sich die Frage, wie lange die politischen Verantwortungsträger dieser Entwicklung noch tatenlos zusehen wollen. Der Verdacht liegt nahe, dass die Entwicklung durchaus gewollt ist. Wie sonst ließe sich erklären, dass selbst klare Gesetzesverstöße wie Schwarzarbeit kaum verfolgt und sanktioniert werden. Die Auswirkungen sind fatal: seriöse Anbieter müssen manchernorts bereits gut ausgebildete Pflegepersonal entlassen, fahren die Ausbildung zurück oder stellen sie gleich ganz ein. Da bereits bis zum Jahr 2020 rund 300 000 Pflegefachkräfte fehlen werden, wird so die Kluft zwischen Billigsegment und qualitativ hochwertiger Pflege vertieft und die zwei-Klassen-Pflege zementiert. Die gut qualifizierten Pflegekräfte, die heute von osteuropäischen Billiglöhnern verdrängt werden, werden uns dann jedenfalls bitter fehlen!