Dass die Gene bei der Entstehung von Übergewicht eine Rolle spielen, ist seit langem bekannt. Neuere Studien aus der Genetik zeigen aber auch, dass den eigentlichen Genen oft nur eine untergeordnete Rolle zukommt. Epigenetik ist das neue Stichwort, um das sich alles dreht; die Expression der Gene in Abhängigkeit von Umwelteinflüssen. Inwiefern das auch für Übergewichts-Gene zutrifft war die Frage, der Dr. Ruth Loos und ihre Mitarbeiter vom Medical Research Council Epidemiology Unit in Cambridge in ihrer neusten Studie nachgegangen sind.
Die Autoren untersuchten in ihrer Kohorten-Studie 12 verschiedene Genvarianten, die alle dafür bekannt sind, das Risiko von Übergewicht und Adipositas zu steigern. Dafür rekrutierten sie mehr als 20"000 Einwohner von Norwich in England und testeten diese auf ihre Genvariabilität für Übergewicht und Adipositas.
Loos und Mitarbeiter fanden, dass für jede zusätzliche Genvariante eine Steigerung des Body Mass Indexes (BMI) äquivalent zu 445 Gramm Körpergewicht bei einer Person von 170 cm Grösse erwartet werden konnte. Der Effekt war umso grösser, je weniger sich die betroffene Person im Durchschnitt bewegte. So betrug die durchschnittliche Zunahme bei Personen, die ein hohes Mass an körperlicher Aktivität angaben, lediglich 379 Gramm pro Genvariante während sie bei Personen, die körperlich inaktiv waren, 592 Gramm pro Variante. Zudem zeigte es sich, dass mit jeder zusätzlichen übergewichtsbestimmenden Genvariante das Risiko übergewichtig zu werden im Gesamtkollektiv um den Faktor 1.1 anstieg. Die fitten Personen waren auch hier wiederum im Vorteil. Deren Risiko wuchs nur um den Faktor 1.095 während das Risiko bei den physisch inaktiven Personen um den Faktor 1.16 zunahm.
Diese Resultate stehen im klaren Widerspruch zu den oft deterministischen Vorstellungen bezüglich genetischer Prädisposition, wie sie häufig beim Laienpublikum angetroffen werden. Übergewicht ist also nicht einfach nur Schicksal. Gerade die Übergewichtigen profitieren offenbar überdurchschnittlich von einer Veränderung der Lebensgewohnheiten.