AMSTELVEEN (Niederlande) - Vorgestern fand im Gericht von Roermond die strafrechtliche Verhandlung gegen den niederländischen Psychologen Hans Krens aus Ubbergen/Molenhoek statt. Der Psychologe ist seit Anfang November in Untersuchungshaft wegen des Verdachtes auf mehrfachen sexuellen Missbrauchs von Patientinnen/Klientinnen. Als Begründer der tiefenpsychologischen Körpertherapie baute er zusammen mit seiner Ehefrau das Ausbildungsinstitut IAP (1) auf. Der von ihm mit gegründete Berufsverband, die Gesellschaft für Tiefenpsychologische Körpertherapie (GTK) (2), wurde Ende letzten Jahres aufgelöst. Der Prozess, der am 14. Februar mit einer ganztägigen ersten Sitzung begann, wird voraussichtlich in 1-3 Monaten fortgesetzt.
Ein einzigartiger Fall sexuellem Missbrauchs von Patientinnen im Rahmen einer Therapie
Obwohl wissenschafliche Untersuchungen aufzeigen dass sich ca. 10% aller Hilfeleistende schuldig macht an sexuellen Übergriffen mit Patienten/Klienten, sind seit der Einführung des § 174c StGB (3) vor 9 Jahren nur wenige Fälle sexueller Übergriffe in Behandlung und Beratung angezeigt und vor deutschen Gerichten strafrechtlich verfolgt worden. Der Fall K. jedoch ist in vieler Hinsicht aussergewöhnlich. Nicht nur die grosse Anzahl Opfer ist schockierend. Der Angeklagte verstand seine sexuellen Missbrauchshandlungen als Bestandteil seiner experimentellen Behandlung, die er im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie evaluieren ließ. In dieser Hinsicht ist dieser Fall weltweit einzigartig.
Die vier Opfer, drei ehemalige deutsche sowie eine ehemalige holländische Patientin, die bislang Anzeige erstattet haben, verlasen in der Sitzung ihre Zeugenaussagen persönlich. Die Erklärungen der Opfer ließen ein realistisches Bild in Bezug auf die schmerzhaften Verletzungen und Verluste entstehen, die sie durch den Missbrauch erlitten haben.
160 überwiegend deutsche Opfer (4)
Der Angeklagte gab öffentlich zu, die von ihm so bezeichnete "experimentelle, embryonale Hautkontaktarbeit" (EEHKA) bei rund 160, überwiegend deutschen Klientinnen, angewendet zu haben. Bei ca. 50 von ihnen soll es, wie auch bei den Opfern die Anzeige erstatteten, zu weitgehenden sexuellen Handlungen gekommen sein. So gab K. u. a. zu, Klientinnen klitoral und vaginal stimuliert zu haben und Küsse und Zungenküsse ausgetauscht zu haben. Diese (Be)Handlungen hätten laut K. der Lockerung des Kiefers, des Nackens und der allgemeinen Entspannung gedient. Die Stimulierung der Klitoris und/oder der Vagina sollten dazu führen, den Therapeuten als Gebärmutter zu erfahren und dem Klienten das Gefühl zu geben als Fötus geborgen in der Gebärmutter zu liegen.
Der Psychologe ein Täter, der Täter ein Patient
Laut einem psychologischen Gutachten soll bei dem Beschuldigten eine autistoforme Störung vorliegen. Das Gutachten wurde in der ersten Sitzung noch nicht näher erläutert. Der Anwalt des Angeklagten widersprach diesem Gutachten und beantragte eine erneute Begutachtung seines Mandaten, möglichst durch einen von Herrn K. benannten Gutachter. Mehr als die Hälfte aller sexuell übergriffigen Hilfeleistenden leidet an einer oder mehreren, u.a. sehr ernsten, psychiatrischen und/oder psychosexuellen Störung.
Psychologe zeigt kein Mitgefühl für die Opfer
In der Sitzung erklärte K. "Es tut mir leid, dass es so gelaufen ist, im besonderen was die Aktenführung betrifft", da er von seinen „experimentellen“ Behandlungen keine Aufzeichnungen machte. Dafür biete er auch seine Entschuldigung an. Zur Zeit seiner Ausbildung, vor 33 Jahren, soll es nicht gebräuchlich gewesen sein, Notizen zu machen und eine Patientenakte zu führen, so K. weiter. Für seine sexuellen Missbrauchshandlungen entschuldigte sich K. bei den Opfern nicht deutlich.
Gratis Behandlungsstunden mit sexuellen Missbrauchshandlungen
Der Angeklagte führte die so genannte "experimentelle, embryonale Hautkontaktarbeit" kostenlos durch. K. begründete dies damit, dass Klienten ja für die Gruppentherapie und Supervision bezahlten und viele Klienten nicht weiter zahlungskräftig waren. Er habe nicht gewollte, dass die Patientinnen ihre Therapie aufgeben, um an seiner „Hautkontaktarbeit“ teilzunehmen. Durch diese kostenlosen „Behandlungen“, die K. seit 1986 durchführte, habe er auf Einnahmen in Höhe von insgesamt ca. 900.000 Euro verzichtet. Das müsse man als eine Investition von ihm in die Frauen sehen.
Eine Entlassung aus der Untersuchungshaft, wie von dem Anwalt von K. gefordert, lehnte das Gericht ab, da die Gründe für die Inhaftierung unvermindert vorliegen. K. wurde nach der Aufzählung der verschiedenen Tatvorwürfe gegen ihn von dem Gericht darauf hingewiesen, dass im Falle des § 249.2.3 des niederländischen Strafgesetzbuches die maximale Strafe bei 6 Jahren Haft liege.
Deutsche Täter
Da K. in großem Umfang und lange Zeit in seiner Behandlungsmethode ausgebildet hat, ist zu befürchten, dass zusätzlich zu den Patientinnen von K. auch Patientinnen seiner ehemaligen Schüler im Rahmen der „Hautkontaktarbeit“ sexuell missbraucht wurden/werden. Opfer von K. und anderen tiefenpsychologischen Körpertherapeuten können sich mit Fragen gerne an uns wenden. Auf unserer Webseite finden Sie u.a. Information über die Möglichkeit Anzeige zu erstatten.
(1) IAP (Internationale Akademie für Prävention und Psychotherapie): http://prevention-psychotherapy.com/
(2) GTK: www.gtk-online.de
(3) Der Text des §174c StGB (Strafgesetzbuch): http://www.misbruikdoorhulpverleners.nl/gogduitslandjuristischeinfostrafgesetz.html
(4) Bisher wurde uns bekannt dass in den folgenden deutschen Städten und deren Umgebung Opfer entstanden sind b.z.w. dort leben: Dortmund, Berlin, Hamburg, Lübeck, Wuppertal, Frankfurt und im Süden Deutschlands.
Weitere Informationen:
Link zur deutschsprachigen Seite mit Information über den Fall K.. http://www.misbruikdoorhulpverleners.nl/gogduitslandmissbrauchtiefenpsychologischekoerpertherapie.html
Link zur deutschsprachigen Rubrik von MdH auf der sie allgemeine Informationen über das Thema 'sexuelle Übergriffe in Therapie und Behandlung' finden können: http://www.misbruikdoorhulpverleners.nl/gogduitsland.html
Link zur deutschsprachigen Broschüre von MdH die im Dezember 2006 in Verband mit dem Fall K. entstanden ist: http://www.misbruikdoorhulpverleners.nl/BrochureMdHduitseversiekolommen.html
Link zu unserer Presseerklärung und anderen, rezenten Publikationen über diesen Fall. U.a. finden Sie auf dieser Seite die Presseerklärung der niederländischen Polizei vom 3.11.2006: http://www.misbruikdoorhulpverleners.nl/gogduitslandaktuelles.html
Link zur Seite 'MdH in den Medien': http://www.misbruikdoorhulpverleners.nl/websiteinmedia.html
Ermittelnde, niederländische Instanzen:
Polizei Limburg-Noord:
http://www.politie.nl/Limburg-Noord/, Fon: 0031 – 77 – 327 17 85 (Frau Goemans) oder 0031 – 77 – 327 20 47 (Frau Vermazeren). E-mail:info@limburg-noord.politie.nl
Staatsanwaltschaft und Gericht Roermond:
Arrondissementsparket Roermond, Willem II Singel 67, 6041 HR Roermond, Niederlande. Fon: 0031 - 475 -35 22 22. Fax: 0031 - 475 - 35 24 40, E-mail: ap-rmnd@openbaarministerie.nl
http://www.rechtspraak.nl/Gerechten/Rechtbanken/Roermond/Actualiteiten/Virtuele+fotorondleiding+rechtbank+Roermond.htm
Der für diesen Fall zuständige Staatsanwalt ist Herr mr. P.A.P. van Hilten.
http://www.om.nl/parket/arrondissementsparket_roermond/
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Beilage: Foto des Rosenhofes, „De Rozenhof“, früher Sitz des Ausbildungsinstitutes IAP in Molenhoek.