Berlin/München/Hamburg (aha). Noch vor Bier ist Kaffee das beliebteste Getränk in Deutschland. Nach Angaben des Deutschen Kaffeeverbandes trinkt jeder Bundesbürger im Durchschnitt vier Tassen Kaffee am Tag. Das sind rund 160 Liter beziehungsweise 6,4 Kilogramm pro Jahr. Doch Kaffee ist nicht gleich Kaffee. Wer weiß zum Beispiel schon genau, woher sein Kaffee kommt oder welche Bohnensorte er gerade trinkt? Auf den Kaffeeverpackungen sucht man vergeblich nach detaillierten Informationen. „Mehr Transparenz wäre im Sinne der Verbraucher“, sagt Barbara Hohl, Sprecherin von „foodwatch“, einer unabhängigen Verbrauchersrechtsorganisation mit Sitz in Berlin.
Von einem unverwechselbaren und feinem Aroma ist die Rede, von erlesenem Kaffeegenuss oder unvergleichlichem Geschmack: Wenn es um detaillierte Informationen zum Inhalt geht, sind die meisten Kaffeeverpackungen keine große Hilfe. Was in die Verpackung darf und welche Angaben die Kaffeehersteller machen müssen, regeln in Deutschland die Kaffeeverordnung (Verordnung über Kaffee, Kaffee- und Zichorien-Extrakte), das Lebensmittelgesetz und die Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung (LMKV). So dürfen zum Beispiel laut LMKV nur Kaffeeverpackungen in den Verkehr gebracht werden, auf denen der Firmenname und die Anschrift des Herstellers angegeben sind. Außerdem muss auf der Verpackung unter anderem das Mindesthaltbarkeitsdatum stehen. Keine Angaben müssen die Hersteller aber zum Beispiel über das Anbaugebiet und die verwendeten Bohnensorten machen.
„Dabei achten gerade Kaffeekenner beim Kauf auf die Bohnensorte“, hat Sebastian Seiguer, Geschäftsführer der San Francisco Coffee Company (SFCC) beobachtet. Aufgrund ihres milden Geschmacks würden Kenner gewöhnlich Kaffee aus Arabica-Bohnen Kaffee aus Robusta-Bohnen vorziehen. „Robusta-Bohnen schmecken bitterer und sauerer“, erklärt der Kaffeeexperte in München. Während die Robusta ein Tieflandgewächs sei, gedeihe die empfindliche Arabica erst ab 900 Metern und erreiche ihre beste Qualität auf Vulkanhängen in Hochlagen bis 2000 Metern. Wer im Supermarkt seinen Kaffee kauft, erhält meistens eine Mischung aus Arabica- und Robusta-Bohnen.
100 Prozent Arabica-Bohnen
Die SFCC gilt in Sachen Transparenz und Kundeninformation als Vorreiter in der Kaffeebranche: „Wir haben keine Probleme damit, unsere Kunden ausführlich zu informieren, etwa über die Anbaugebiete unserer Kaffeesorten“, so Seiguer. In den insgesamt 17 Coffee-Places in München, Starnberg, Ingolstadt, Regensburg und Wertheim wird ausschließlich Kaffee aus 100 Prozent Arabica-Bohnen verkauft und das steht neben den jeweiligen Anbaugebieten auch auf den Kaffeeverpackungen des Unternehmens. So erfährt der Käufer des „India Little Flower“ zum Beispiel, dass seine Kaffeebohnen in den Hochlagen Karnatakas im Südwesten Indiens angebaut wurden.
Im Vergleich zur Arabica- seien Robustabohnen im Einkauf gewöhnlich deutlich billiger zu bekommen, erklärt Seiguer. „Die Robusta-Bohne wächst viel schneller in niedrigen Regionen und kann deshalb keinen Charakter entwickeln“, so der Kaffeeexperte. Dagegen würden die tiefen Wurzeln der Arabica mehr Nährstoffe und Mineralien aus dem Boden ziehen, was zum Charakter der Bohne beitragen. Zudem werde die Robusta-Bohne oft behandelt, um den laut Seiguer schlechten Geschmack zu reduzieren: „Es ist allgemein üblich, dass die Robusta mit Zucker gedämpft oder geröstet wird.“ Wegen ihres hohen Koffeingehalts schmecke die Robusta-Bohne deutlich bitterer als die Arbabica-Bohne. Auch Seiguer spricht sich für eine erweiterte Kennzeichnungspflicht auf Kaffeeverpackungen aus: „Beim Wein wird auf dem Etikett ja auch ganz selbstverständlich das Anbaugebiet angegeben.“
Beim Bundesverband für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BLV) stößt die Forderung des Kaffeeexperten auf Ablehnung: „ Ein Kennzeichnungsdefizit ist nicht erkennbar“, sagt BVL-Sprecher Johannes Klockenhoff. Auch Holger Preibisch, Geschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbandes in Hamburg ist der Meinung, dass die bisherigen Pflichtangaben vollkommen ausreichen: „Kaffee ist kein Gemisch, wie manches andere Lebensmittel, sondern ein Naturprodukt. In Kaffee ist nur Kaffee.“ Weitere Angaben zum Beispiel über das Anbaugebiet würden den Kunden nur irritieren, so Preibisch.
Herkunft und Zusammensetzung sind ein Betriebsgeheimnis
Der anerkannte Kaffeeexperte Dieter Rolle ist der Meinung, dass es jedem Röster oder Hersteller selbst überlassen sein sollte, welche Informationen neben den gesetzlichen Angaben über die Herkunft und Zusammensetzung der Mischung angegeben werden. Er kenne keinen Röster oder Hersteller, der seine Rezeptur völlig offen legt, so Rolle in Bremen: „Alle notwenigen Angaben für den Verbraucher sind in den unterschiedlichen Verordnungen vom Gesetzgeber geregelt und vorgeschrieben, und zwar in der Kaffeeverordnung, der Verpackungsordnung, der Lebensmittelverordnung und der Kennzeichnungsordnung.“ Bei Bedarf könne sich der Verbraucher bei den Röstern und Hersteller weiter informieren.
Mehr Information für Verbraucher
„Das Argument, dass mehr Informationen Verbraucher verwirrt, hören wir immer wieder – selbst wenn Schlachtabfälle in Dosensuppen verarbeitet wurden“, sagt Barbara Hohl von foodwatch. Der unabhängige Verein versteht sich als Verbraucherrechtsorganisation: „Der Verbraucher hat gegenwärtig deutlich weniger Rechte, als die Wirtschaft“, so die foodwatch-Pressesprecherin in Berlin. Nur wenn der Lebensmittelmarkt transparent ist, könnten Konsumenten mündig sein. Barbara Hohl fordert deshalb alle Produzenten und Röster von Kaffee auf, neben den Pflichtangaben auch die verwendeten Bohnensorten, die Herkunft des Kaffees, die Umstände unter denen die Kaffeebohnen angebaut, geerntet und verarbeitet werden, offen zu legen. „Auch der Gehalt von bei der Röstung entstehendem, krebsverdächtigen Acrylamid sollte angegeben werden. Ebenso wie die bei manchen Teefirmen längst üblichen Rückstandskontrollberichte.“
Dabei müssten nicht alle Informationen unbedingt auf der Kaffeeverpackung stehen: “Verantwortungsbewusste Kaffeehersteller und Röster können detaillierte Angaben auch auf ihrer Internetseite veröffentlichen“, empfiehlt Barbara Hohl. Es müsse sichergestellt werden, dass potentielle Käufer sich ausreichend informieren und auf Basis dieses Wissens ihre Kaufentscheidungen treffen könnten.