Das Pferd als Partner und Erziehungshelfer
Das Therapeutische Reiten verfolgt verschiedene Ziele: So sorgen beispielsweise im motorischen Bereich die rhythmischen Bewegungsabläufe des Pferdes dafür, dass Gleichgewicht und Koordinationsgefühl gefördert werden. Aber auch der emotional-geistige und soziale Bereich, bei dem die Kinder und Jugendlichen lernen Beziehungen und Vertrauen auf- und Aggressionen abzubauen: „Durch die Arbeit mit den Tieren und das Reiten, verbessern die Kinder ihre Koordinations- und Kommunikationsfähigkeit indem sie in einen Bewegungsdialog eintreten“, erklärt Hanns-Jürgen Schoch. Als Beispiel schildert der Reittherapeut den Fall eines schwer behinderten Jungen im Rollstuhl. In den ersten Stunden konnte er Kontakt mit seinem Pferd aufnehmen, dann wurde er mit seiner Zustimmung auf das Pferd gesetzt. Schon nach 100 Metern war er erschöpft. Nach zwei Jahren regelmäßiger Reittherapie ist er nun in der Lage, mit Hilfe eines Gehständers an das Pferd heranzugehen und pflegende Handbewegungen auszuführen. Er kann aufrecht auf dem Therapiepferd sitzen und ist gut koordiniert. Dabei ist er voller Stolz und Freude.
Mit großer Eigeninitiative wurden bereits eine Rollstuhlrampe und behindertengerechte WCs gebaut. Durch Arbeiten wie dem Putzen des Pferdes, zu dem die Kinder angeleitet werden, kommt es auch zu einem unmittelbaren Kontakt, der für die Entwicklung der kleinen Reiter wichtig ist. Die Kinder und Jugendlichen lernen zum Beispiel, beide Körperseiten zu entwickeln und Bewegungen strukturiert und koordiniert einzusetzen. Dies ist enorm wichtig für ein selbst bestimmtes Handeln. Auch kann der Umgang mit dem Lebewesen Pferd helfen, aggressive Verhaltensweisen abzubauen. Mit diesem therapeutischen Ansatz wird die fehlende Dialogfähigkeit, die hierbei oft den Hintergrund bildet, Stück für Stück aufgebaut. So dient das heilpädagogische Reiten als Erziehungshilfe und Psychotherapie mit dem Pferd. Und das mit erstaunlichen Erfolgen: Gerade der Partner Pferd ist für diese Arbeit sehr geeignet. Denn die gut ausgebildeten, gelassenen Tiere gehen freundlich auf jeden Menschen zu, egal ob gesund oder behindert, da gibt es keine Wertung.
Vom Streichelpony zur Reittherapie
Der Rummelsberger Diakon Schoch ist ausgebildeter Sozial-Pädagoge und Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeut. Er spricht mit angenehmer und ruhiger Stimme. Das was er erzählt, klingt bedächtig und fast schon bescheiden. Obwohl er so vielen Kindern helfen konnte. So hat der gebürtige Baden-Württhemberger während seiner beruflichen Tätigkeit den Gedanken der SOS Kinderdörfer aufgegriffen und zusammen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Kindern und Jugendlichen aus Familien, die sich nicht um ihre Kinder kümmern konnten, eine Heimat k gegeben. Hanns Jürgen Schoch kam erst spät aufs Pferd: Im Rahmen seiner Heilpädagogischen Arbeit im Martin-Luther Haus in Nürnberg gründete er einen leinen Bauernhof. Irgendwann kam ein Pony dazu: „Ich merkte schnell, dass die Kinder und Jugendlichen einen guten Bezug zu dem Tier aufbauen“, erzählt Schoch. Er merkte aber auch, dass seine Kenntnisse hier nicht ausreichten. So beschloss er kurzerhand, Reitunterricht zu nehmen und eine Ausbildung im Therapeutischen Reiten in Deutschland und der Schweiz zu machen. Mit großem Erfolg. Das Deutsche Kuratorium für therapeutisches Reiten trat an ihn heran und bat ihn als Landesbeauftragter mitzuarbeiten. Obwohl Hanns Jürgen Schoch schon 1998 aus dem aktiven Berufsleben ausschied und seitdem ehrenamtlich tätig ist, hat er dieses Amt bis heute inne. Außerdem ist er Vorstand des Vereins „St. Martin e. V., einer Einrichtung zur Förderung und Durchführung des Therapeutischen Reitens.
Nächstes Ziel: Ein Dach über dem Kopf
Bei Wind und Wetter ist Schoch auf der ehemaligen privaten OTTO-Reitanlage, um sich um Kinder und Pferde zu kümmern. Eine Rampe ist bereits gebaut um auch gehbehinderten und Rollstuhl fahrenden Reitern das aufsteigen zu erleichtern. In den nächsten Jahren, wenn Sponsoren und Spender dazukommen, soll dann eine fest aufgebaute Reithalle entstehen, falls die Baugenehmigung erteilt wird. Denn das Problem: Bislang wird therapeutisches Reiten trotz der anerkannt guten Ergebnisse kaum von der öffentlichen Hand gefördert.
Der Altdorfer Unternehmer OTTO, der Reitböden unter anderem für die Weltreiterspiele in Aachen geliefert hat, war von der Arbeit Schochs sofort begeistert. Deshalb stellt er für das Projekt seine eigene Reitanlage zur Verfügung und hat für das Therapieprojekt einen Reitboden mit dämpfenden Eigenschaften geliefert. Er baute zusammen mit dem Verein „St. Martin e. V“ eine behindertengerechte Toilette und neue Pferdeboxen.
Doch das Projekt geht über den therapeutischen Gedanken hinaus. Denn auf dem Gelände des Vereins sollen Kinder mit und ohne Behinderung zusammenkommen. Eine Hauptrolle spielen dabei natürlich die Lehrpferde. Die müssen, da sie von Natur aus Fluchttiere sind, besondere Eigenschaften haben, erklärt Schoch: „Die Pferde müssen so trainiert sein, dass sie in jeder Situation ruhig bleiben“. Und das ist wichtig, denn bei den Kindern mit unterschiedlichsten Handicaps müssen die Pferde wenn ein Rollstuhl heranfährt oder bei unkontrollierten Bewegungen der Arme und Beine, Spasmen genannt, gelassen reagieren.
Unterstützer gesucht
Das Projekt braucht noch weitere Unterstützer. Gesucht wird nach Sponsoren, die das ambitionierte therapeutische Projekt mit Geldspenden fördern möchten. Zudem werden noch weitere Therapiepferde benötigt.
Werner Otto konnte in Altdorf, seinem Wohnort, schon einige Unternehmer für die Idee begeistern. So hat das Autohaus Fleischmann einen Opel Astra-Kombi zur Verfügung gestellt. Auch die Firmen Container Hoffmann und Bechstädt leisteten bereits einen Beitrag. 6.273 Zeichen
Wenn auch Sie mit einer Spende helfen möchten:
Spendenkonto: Hypo Vereinsbank Altdorf
Kontonummer: 301 310 030
Bankleitzahl: 760 200 70
Verwendungszweck: Therapeutisches Reiten