4. Oktober 2010. Anlässlich des Welternährungstages am 16. Oktober fordert Ärzte ohne Grenzen von den Top-Geberländern der internationalen Nahrungsmittelhilfe, für Kleinkinder keine minderwertige Nahrungsmittel mehr einzusetzen. Geber wir die USA, Kanada, Japan und die Europäische Union finanzieren und verteilen nach wie vor minderwertige Nahrungsmittel in ärmeren Ländern, obwohl wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass diese kindliche Mangelernährung nicht reduzieren. "Die Geberländer der Nahrungsmittelhilfe müssen den Nährstoffbedarf von Kindern in das Zentrum ihrer Politik zur Bekämpfung von frühkindlicher Mangelernährung stellen", fordert Dr. Unni Karunakara, internationaler Präsident von Ärzte ohne Grenzen.
Mangelernährung ist vermeid- und behandelbar und betrifft dennoch 195 Millionen Kinder weltweit. Sie ist die eigentliche Ursache für mindestens ein Drittel der jährlich acht Millionen Todesfälle von Kindern unter fünf Jahren. Mangelernährung ist nicht nur die Folge von zu wenig Nahrung: In den ersten beiden Lebensjahren brauchen Kinder hochwertiges Eiweiß, essentielle Fettsäuren, Kohlenhydrate, Vitamine und Mineralien, um Wachstums- und Entwicklungsstörungen zu vermeiden und das Risiko, an Krankheiten zu sterben, zu reduzieren. Die gängige Nahrungsmittelhilfe beinhaltet diese wesentlichen Bestandteile aber größtenteils nicht.
Die meisten Ernährungsprogramme für Kinder in Entwicklungsländern, die von der internationalen Nahrungsmittelhilfe unterstützt werden, setzen fast ausschließlich auf angereichertes Getreide-Mischmehl, wie Mais-Soja-Gemische. Diese entsprechen aber nicht dem internationalen Standard für den Ernährungsbedarf von Kindern unter zwei Jahren. Bereits im Oktober 2008 haben Ernährungsexperten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) anerkannt, dass Mais-Soja-Gemische zur Behandlung mangelernährter Kinder ungeeignet sind, auch weil sie die Aufnahme wichtiger Proteine und anderer Nährstoffe hemmen, die für die Genesung der Kinder wesentlich sind.
Länder wie Mexiko, Thailand, die USA und viele europäische Staaten konnten Mangelernährung bei Kindern erfolgreich durch Programme senken, die sicherstellen, dass auch Säuglinge und Kleinkinder aus ärmsten Familien mit qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln wie Milch und Eiern versorgt werden. "Trotz eines Konsens' auf internationaler Ebene, was den idealen Nährstoffgehalt von Nahrungsmitteln für mangelernährte Kinder betrifft, subventionieren die Geberländer nach wie vor ein Universalprodukt, von dem wir wissen, dass es diesen Standard nicht erreicht und das Risiko, an Mangelernährung zu sterben, nicht senkt", kritisiert Dr. Susan Shepherd, Ernährungsexpertin von Ärzte ohne Grenzen.
Ärzte ohne Grenzen hat im vergangenen Jahr in 116 Programmen in 34 Ländern 250.000 Kinder behandelt, die unter akuter Mangelernährung litten. Die Organisation hat eine internationale Kampagne zum Umdenken in der Nahrungsmittelhilfe gestartet. Mehrere zehntausend Unterstützer haben die dazugehörige Petition auf www.starvedforattention.org bereits unterzeichnet, die den Staats- und Regierungschefs vor dem G8-Gipfel 2011 in Frankreich überreicht werden soll. Zum Welternährungstag fordert Ärzte ohne Grenzen die Regierungen der größten Geberländer in offenen Briefen auf, die Nahrungsmittelhilfe zu reformieren.
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