im Alter auf den Magen schlägt
St. Pölten, 18. Oktober 2010 - Die beste Gesundheitsförderung und Prävention beginnt
mit Wissenschaft - das demonstrieren zwei aktuelle Studien an der Fachhochschule St.
Pölten. Im Fokus der Studien des Forschungsinstituts für Gesundheitswissenschaften
stehen dabei besonders sensible Bevölkerungsgruppen: Kinder und ältere Menschen. Für
junge SchülerInnen wird im Rahmen einer Studie erhoben, ob eine simple Korrektur ihres
Sitzverhaltens bereits gesundheitlich wirkungsvoll sein kann. Für alleinstehende Ältere wird
hingegen untersucht, ob es ratsam ist, ihren Ernährungszustand regelmäßig zu
überprüfen.
Ramponiert Stillsitzen die Wirbelsäule? Gefährdet Alleinleben die Gesundheit?
Provokante Fragen führen oft zu einfachen Antworten. Geht es um die Gesundheit, dann
stehen solche Fragen oftmals am Anfang vom Einsatz effizienter Maßnahmen zur
Gesundheitsförderung. Solche Maßnahmen aus wissenschaftlicher Perspektive zu
beurteilen ist ein Schwerpunkt des im Jänner 2010 gegründeten Forschungsinstituts für
Gesundheitswissenschaften an der Fachhochschule St. Pölten. Denn
Gesundheitsförderung und Prävention können dann im Alltag beginnen und große
Wirkung erzielen, wenn sie sich auf wissenschaftlich solide Daten stützen.
In den Bereichen Diätologie und Physiotherapie werden genau solche Daten am Institut
erhoben. Dazu die Leiterin des Instituts und Rektorin der Fachhochschule Barbara
Schmid, MSc: "Zu seiner Gesundheit muss man aktiv beitragen. Dieser Beitrag ist aber nur
dann erfolgreich, wenn man weiß, wo und wie man ihn leisten soll. Das herauszufinden ist
Teil unserer Tätigkeit am Institut. Egal ob Gesundheitsförderung, Prävention und Therapie
von Erkrankungen oder Qualitätssicherung - die Studien unseres Instituts zeigen
wissenschaftlich fundiert auf, ob, wo und wie gezielte Maßnahmen unsere Gesundheit
unterstützen können."
"GESUNDHEIT SCHADET NIEMANDEM"
Entsprechend diesem Motto konzentriert sich das Institut dabei auf verschiedene
Bevölkerungsgruppen in Österreich. So steht aktuell im Bereich Physiotherapie eine Studie
über die Wirkung von beweglichen oder stabilen Sitzunterlagen auf die Körperhaltung von
jungen SchülerInnen im Fokus. Im Bereich Diätologie wiederum betrachtet man eine ganz
andere Altersgruppe: alleinstehende - und verwitwete - ältere Menschen. Bei diesen, so
vermutet man, könnte eine gesunde und ausgewogene Ernährung unter den
altersbedingt schwierigen Lebensumständen leiden.
Zur Auswahl "ihrer" Studiengruppe, den jungen SchülerInnen, meint die
Studiengangsleiterin für Physiotherapie Mag. Astrid Figl-Hertlein: "Haltungsschwächen
stehen oftmals auf Kindesbeinen: Sie beginnen also schon in jungen Jahren. Ein kritischer
Zeitpunkt für die Entwicklung solcher Fehlhaltungen kann dabei der Eintritt der Kinder in
den Schulalltag sein. Hier werden sie entgegen ihres natürlichen Bewegungsdrangs zum
Stillsitzen aufgefordert. Und das auf standardisierten Sitzmöbeln, die den individuellen
Anforderungen rasch wachsender Körper nicht gerecht werden können."
Ein Sitzkeil oder Ballkissen als Ergänzung könnte da so manchen Muskel wieder
aktivieren, der zuvor pausieren musste, damit dieser so wieder zu einer gesünderen
Haltung beitragen kann. Das zumindest ist die Hypothese für die derzeit in zwei vierten
Klassen laufende Studie. Diese werden nun für drei Monate mit solchen Sitzunterlagen
ausgestattet. Kernpunkt der Untersuchung ist eine aufwendige digitale 3-D Analyse der
Körperhaltung aller beteiligten SchülerInnen - vor und nach der dreimonatigen Testphase.
Dazu werden die SchülerInnen an anatomischen Kennpunkten des Körpers kurzfristig mit
reflektierenden Markerpunkten versehen. Mehrere Kameras nehmen diese Markerpunkte
in Folge aus drei Perspektiven auf und berechnen die jeweiligen Positionen zueinander.
So kann ein digitales Modell der individuellen Körperhaltung erstellt und - nach drei
Monaten - verglichen werden.
GEMEINSAM SCHMECKT ES BESSER?
Dass Gesundheitsfürsorge im höheren Alter genauso wichtig ist, zeigte eine andere Studie
des Instituts, die im Rahmen einer Bachelor-Arbeit des Studiengangs Diätologie
durchgeführt wurde. Ziel dieser Studie war es, das Risiko für eine Mangelernährung bei
alleinstehenden SeniorInnen zu erheben. Tatsächlich gilt es heute als erwiesen, dass
selbst in hoch entwickelten Ländern ein erheblicher Teil der Bevölkerung an
verschiedenen Formen von Mangelernährung leidet. Besonders betroffen: ältere
Menschen. Doch viele diesbezügliche Studien konzentrierten sich bisher auf Personen in
Pflegeheimen oder Krankenhäusern. Die Studie der FH St. Pölten hingegen betrachtete
die immer größer werdende Gruppe der allein zu Hause lebenden SeniorInnen.
Konkret wurde diese Studie gemeinsam mit 25 - im Durchschnitt 80-jährigen - SeniorInnen
in der Gemeinde Pichl bei Wels durchgeführt, die alle verwitwet waren und allein lebten.
Die soeben beendete Auswertung der Studiendaten förderte überraschende Ergebnisse
zu Tage: Betrachtete man "nur" den Body-Mass-Index, so waren die SeniorInnen im Mittel
eher übergewichtig als unterernährt. Wurden diese Werte jedoch mit den Ergebnissen des
so genannten "Mini Nutritional Assessment"-Fragebogens (in Kurzversion) verglichen, so
zeigten 30 Prozent der weiblichen Senioren und 20 Prozent der männlichen ein erhöhtes
Risiko zur Entwicklung einer Mangelernährung, 5 Prozent der Seniorinnen sogar eine
manifeste Mangelernährung.
Die Studiengangsleiterin für Diätologie, Gabriele Karner, MBA, sagt zu diesen
Ergebnissen: "Obwohl die Anzahl der Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer
keine Aussage über den Ernährungszustand aller Seniorinnen und Senioren in Österreich
erlaubt, so sind die Ergebnisse ein wichtiger Hinweis. Denn die Studie zeigt, dass selbst
rüstige und mobile ältere Menschen, die eigentlich gar nicht mangelhaft ernährt wirken,
von einer Mangelernährung bedroht sein können. Die routinemäßige Kontrolle des
Ernährungszustandes dieser Personen erscheint uns daher ein einfaches, aber effizientes
Mittel der Gesundheitsförderung." Ein Mittel, das gerade vor dem Hintergrund des
zunehmenden Anteils dieser Personengruppe an der Gesamtbevölkerung an Bedeutung
gewinnen wird.
Mit beiden Studien zeigt die Fachhochschule St. Pölten, dass konkrete Maßnahmen auf
wissenschaftlich gesunden Beinen stehen müssen, um effizient sein zu können.