Lübeck - Ein spezieller Extrakt der in Nordamerika traditionell angewandten Heilpflanze Echinacea purpurea hat eine ausgeprägt antivirale Aktivität in vitro, wie Prof. Dr. Stephan Pleschka von der Universität Giessen bei einer internationalen Konferenz über antivirale Substanzen (ICAV-9) in Lübeck berichtete (1). Die von seiner Arbeitsgruppe erforschte virushemmende Echinacea-Aktivität, zusammen mit ebenfalls erst seit kurzem bekannten entzündungsmodulierenden sowie antibakteriellen Effekten des Pflanzenextraktes, könnten das Spektrum antiviraler Wirkstoffe auch gegen Influenza klinisch erweitern.
Studie Mit der Studie sollte sowohl die antivirale Aktivität einer standardisierten Echinacea-Zubereitung bei verschiedenen Influenzaviren geprüft werden, als auch der hierfür verantwortliche Wirkmechanismus. Als zelluläres Infektionsmodell wurden renale Epithelzellen (MDCK-Zellen) verwendet. Die geprüften Influenzastämme (einschließlich des neuen pandemischen H1N1-Stamms) sind alle klinisch relevant, teilweise hochpathogen und besitzen zum Teil Pandemiepotential (A/Thailand/KAN-1/04 (H5N1), A/FPV/Bratislava/79 (H7N7), A/Hamburg/1/09 (H1N1)). Den Zellkulturen wurde zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in variierenden Konzentrationen der untersuchte Echinacea-Extrakt zugegeben. Nach der Inokulation mit den jeweiligen Influenza A-Virusstämmen wurde das Ausmaß der Infektionshemmung geprüft.
Ergebnisse Es zeigte sich, dass alle untersuchten Virusstämme durch den Echinacea-Extrakt nahezu vollständig inaktiviert wurden. Die für die Blockade der viralen Infektiosität nötige Extrakt-Konzentration lag um Größenordnungen niedriger als die zur oralen Anwendung empfohlene Dosierung des Echinacea-Fertigpräparates. Am H5N1-Stamm konnte gezeigt werden, daß keine Resistenzen gegenüber Echinacea, auch nach mehreren Behandlungsdurchläufen auftraten. In Kontrollversuchen wurden die Viren mit dem Neuraminidasehemmer Oseltamivir behandelt. Bei diesen Viren kam es hingegen nach dem dritten Durchlauf zu einer fast 100%igen Resistenz. Doch selbst diese Oseltamivir-resistenten Viren, so betonte Pleschka, wurden durch den Echinacea-Extrakt vollständig inhibiert. Die Suche nach möglichen Wirkmechanismen zeigte, dass der Echinacea-Extrakt unspezifisch das virale Oberflächenprotein Hämagglutinin blockiert und damit die Virusadhäsion an zelluläre Rezeptoren als zentralen pathogenetischen Schritt hemmt.
Zusammenfassung Diese Einsichten in die molekularen Mechanismen der Echinacea-Wirkungen bestätigen frühe Beobachtungen über das Wirkspektrum - wie akute Infektionen, Entzündungen und infektionsgefährdete Verletzungen. Dabei scheint weniger die humorale Immunstimulation im Vordergrund zu stehen, sondern die unspezifische Infektionsblockade (sowohl viral als auch bakteriell) sowie eine beschwerdelindernde Modulation von überschießenden Entzündungsreaktionen (Zytokinsturm). Die therapeutische Relevanz spezieller Echinacea-Extrakte bei den genannten Indikationsbereichen gilt es jetzt weiter zu untersuchen.
Zusatzinformationen
Prüfsubstanz Ein standardisierter alkoholischer Extrakt aus frischem Kraut (95%) sowie Wurzeln (5%) der Heilpflanze Echinacea purpurea (L.) Moench (Echinaforce®, A. Vogel Bioforce AG, Schweiz). Bei den zulassungsrelevanten Indikationen stehen in vielen Ländern die Vorbeugung und Behandlung von grippalen Infekten im Vordergrund. Neben antiviralen Wirkungen (2) zeigt der verwendete Prüfextrakt antibakterielle und antiinflammatorische Eigenschaften (3).
Literatur
(1) International Conference on Antivirals for Neglected and Emerging Viruses (9th ICAV Symposium). Lübeck, 10.-13. Oktober 2010 (www.icanev.org).
(2) Pleschka S, Stein M, Schoop R, Hudson JB: Anti-viral properties and mode of action of standardized Echinacea purpurea extract against highly pathogenic avian influenza virus (H5N1, H7N7) and swine-origin H1N1 (S-OIV). Virol J. 2009 Nov 13;6:197.
(3) Sharma SM, Anderson M, Schoop SR, Hudson JB: Bactericidal and anti-inflammatory properties of a standardized Echinacea extract (Echinaforce): dual actions against respiratory bacteria. Phytomedicine. 2010 July; 17(8-9): 563-8.
Der Wissenschaftler Prof. Dr. Stephan Pleschka ist Virologe an der Justus Liebig-Universität in Giessen. Wichtige wissenschaftliche Aktivitäten in Virologie und Mikrobiologie umfassen:
* Identifikation, Charakterisierung und Beschreibung viraler und zellulärer Faktoren und Mechanismen, die die virale Multiplikation in infizierten Zellen regulieren und damit die virale Replikation beeinflussen.
* Die Virusausbreitung und folgende Immunreaktionen infizierter Wirte einschließlich Infektionssyndrome in unterschiedlichen Tiermodellen.
* Neben den Forschungen zur Influenza-Pathogenese und neuen therapeutischen Ansätzen betreffen weitere wichtige seiner Arbeiten die Bedeutung der Influenzavirus-Infektion für Lungenerkrankungen und die angeborene Immunität.
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