Vertragsärzte sind nach dem Sicherstellungsauftrag verpflichtet, auch Privatpatienten mit Standard- oder Basistarif zu behandeln. Die dafür geltenden Vergütungsregeln sind jetzt wieder angepasst worden – zum Nachteil der behandelnden Ärzte.
Schon vor mehr als drei Jahren wurden in § 75 SGB V Neuregelungen eingefügt, die den Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) auf die Versorgung solcher Privatpatienten ausdehnte, die im Standardtarif der privaten Krankenversicherung versichert waren. Die Neuregelungen eröffneten den KV und der KBV Möglichkeit, Vergütungsregelungen mit dem Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) zu vereinbaren. Solange eine solche Vereinbarung nicht existierte, galten die im Gesetz festgelegten Steigerungssätze.
Die gesetzlichen Neuregelungen sahen jedoch auch die Anrufung einer Schiedsstelle für den Fall vor, dass eine Seite eine hiervon abweichende Vereinbarung verlangen und diese nicht zustande kommen würde. Nachdem Verhandlungen zwischen PKV und KBV über die Steigerungssätze für den neu eingeführten Basistarif erfolglos blieben, machten die privaten Krankenversicherer Ende 2009 von dieser Möglichkeit Gebrauch und zogen vor die Schiedsstelle.
Relativ unbemerkt von der Öffentlichkeit und offenbar zur Vermeidung eines Schiedsspruchs schlossen die Beteiligten im Februar 2010 eine Vereinbarung, welche die Vergütung für die Erbringung von ärztlichen Leistungen gegenüber Privatpatienten im Basistarif deutlich absenkt. Danach müssen schon seit dem 1. April 2010 für Versicherte im Basistarif deutlich reduzierte Vergütungsmultiplikatoren angewendet werden. Für „Altversicherte“ im Standardtarif gelten die vorher geregelten Sätze weiterhin:
Von den deutlich reduzierten Steigerungssätzen betroffen ist zwar nur eine eher geringe Zahl von Versicherten. Zudem sind diese Patienten verpflichtet, den Arzt vor der Behandlung auf ihren Tarif hinzuweisen. Dennoch sollte in der ärztlichen Praxis künftig die Frage nach der Art des privaten Versicherungsschutzes zum Aufnahmestandard gehören. Denn ist ein Patient im Standard- oder Basistarif versichert, können nur die reduzierten Sätze abgerechnet werden; nur diese bekommt der Patient auch von seiner Versicherung erstattet. Andere in den Behandlungsprozess eingebundene Leistungserbringer, wie beispielsweise die Labore, sollten ebenfalls auf die Art des Versicherungsschutzes hingewiesen werden, um Rechnungskorrekturen möglichst zu vermeiden.
Von den niedrigeren Steigerungssätzen erfasst sind auch Leistungen von Belegärzten und ermächtigten Ärzten. Ob auch rein privatärztlich tätige Mediziner bei der Behandlung von im Standard- bzw. Basistarif Versicherten auf die reduzierten Steigerungssätze beschränkt sind, wird unterschiedlich beantwortet. Da die gesetzliche Regelung in § 75 SGB V strukturell und inhaltlich eine Vorschrift über die Sicherstellung der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung ist, kommt eine Anwendung auf daran nicht teilnehmende Ärzte unserer Meinung nach nicht in Betracht.
Fazit: In der ärztlichen Praxis sollte künftig die Frage nach der Art des privaten Versicherungsschutzes zum Aufnahmestandard gehören – auch um Rechnungskorrekturen zu vermeiden. Darüber hinaus besteht nach unserer Auffassung auch für Vertragsärzte die Möglichkeit, eine Honorarvereinbarung mit dem Patienten zu schließen, in welcher individuell höhere Steigerungssätze vereinbart werden können. Da zur Wirksamkeit solcher Honorarvereinbarungen mit dem Patienten jedoch eine Reihe von formellen und inhaltlichen Voraussetzungen erfüllt sein muss, empfehlen wir jedoch dringend, solche Vereinbarungen vorab von Experten prüfen zu lassen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Mediziner gegen das Sicherstellungsgebot verstoßen.